Im Interview mit Kupferblau erzählt Pierre M. Krause, warum man auch ohne Studium Erfolg haben kann, was das Internet für das lineare Fernsehen bedeutet und warum es immer Menschen geben wird, die zu faul sind, ihr eigenes Programm zusammenzustellen.
Das Interview führten Thomas Lotter und Lukas Weyell.
Noch bevor das eigentliche Interview beginnt, spielt Krause mit seinem Schlüsselbund vor dem Aufnahmegerät herum und macht laute Geräusche. Es entspinnt sich ein witziger Smalltalk, aus dem wir mit einiger Mühe schließlich ins eigentliche Interview finden.
K B: Du hast dich statt Studium für den praktischen Weg beim SWR entschieden. Hast du es jemals bereut, nicht fertig studiert zu haben?
P M K: Puh die Frage habe ich mir noch nie gestellt. Tatsächlich ist mein Leben noch steigerbar und es wäre in Interviews sicher gut, ich könnte sagen, ich hätte eine Doktorarbeit über Nietzsche geschrieben. Ich würde es nie empfehlen, das Studium abzubrechen, aber ich bereue es nicht wirklich.
K B: Mal frech gefragt: Stört es dich, dass alte Weggefährten wie Jan Böhmermann, Klaas Heufer-Umlauf und Katrin Bauerfeind gerade so durch die Decke gehen und du beim SWR bleibst?
P M K: Das klingt so als wäre der SWR was Schlechtes. Ich bin da sehr, sehr gerne und ich genieße es tatsächlich auch, immer noch an Orte gehen zu können und unerkannt zu bleiben. Ich kenne nun auch andere, wie Klaas Heufer-Umlauf, die eben überall erkannt werden und da ich Misanthrop bin, ist es mir so lieber. Vielleicht bin ich deshalb nicht erfolgreich, weil ich Misanthrop bin…
„Der Senderchef weiß doch gar nicht, dass es mich gibt.“
K B: Wie gehst du mit Kritik um? Wer darf dich kritisieren? Der Senderchef?
P M K: Nee, der weiß ja gar nicht, dass es mich gibt. Also so generell darf mich jeder kritisieren, aber ich les zum Beispiel keine YouTube-Kommentare mehr, weil das einfach unqualifiziert ist und man da im Schutz der Anonymität alles schreiben kann. Ansonsten dürfen mich Menschen die in meinem persönlichen nahen Umfeld stehen jeder Zeit kritisieren, alle anderen sind mir tatsächlich ziemlich egal.
K B: Jetzt bist du ja schon auch langsam in dem Alter, in dem die Haare lichter werden und einen eher die seriösen Formate anfragen. Kannst du dir auch vorstellen, noch mal etwas anderes zu machen? Vielleicht wieder Filme produzieren?
P M K: Doch sehr. Ich bin jetzt eigentlich an dem Punkt, an dem ich viel lieber im Hintergrund arbeiten würde. Aber es ist einfach so wahnsinnig leicht verdientes Geld im Vordergrund zu arbeiten und da melke ich jetzt die Kuh, so lange sie noch Milch gibt. Danach werd ich mich zurückziehen und vielleicht Nachwuchs fördern oder Ähnliches machen.
K B: Gibt es auch Formate, in denen man dich nicht sieht, obwohl du ebenfalls mitgearbeitet hast?
P M K: Ich arbeite an allen Formaten, in denen man mich sieht auch im Hintergrund mit. Für andere Sendungen bleibt mir leider nicht die Zeit.
„Es wird immer Markus Lanz geben. Auch in 60 Jahren noch.“
K B: Zum Thema Fernsehen. Siehst du als Insider einen neuen Format-Trend am Fernsehhimmel aufziehen? Welches Genre wird in den nächsten 5 Jahren richtig durch die Quoten-Decke gehen?
P M K: Ich glaube, dass solche Formate wie die von Joko&Klaas und auch Stefan Raab längerfristig die großen Samstag Abend-Shows ablösen werden. Es ist zwar voyeuristisch, und auch fies, meistens tut sich jemand weh. Aber alle moralischen Aspekte mal vorneweg gelassen, ist es auch ziemlich unterhaltsam. Außerdem denk ich, dass man weiter aus Amerika kopieren wird, mal gut und mal eher schlecht und es wird immer Markus Lanz geben. Auch in 60 Jahren noch.
K B: Für viele junge Menschen stellt Youtube ja auch immer mehr eine Fernseh-Alternative dar…
P M K: (tut verdutzt): Was ist denn das jetzt?
K B: Das ist so ein junges Brückenmedium. Zum Beispiel Christian Ulmen produziert einige Serien exklusiv für das Internet. Wäre das für dich auch eine Möglichkeit, oder denkst du, dass es sich finanziell nicht rentiert? Wäre es eine Idee für SWR3-Latenight exklusiven Internet-Content anzubieten?
P M K: Für Extras ist meine Redaktion leider zu klein und wir haben nicht die Mittel, um da noch was zu produzieren. Insofern stellt sich die Frage nicht. Abgesehen davon denke ich, dass es schwierig wird, reines Fernsehen im Internet zu übertragen, das sieht man gerade zum Beispiel am kommenden Jugendkanal. Die beiden Medien werden denke ich noch eine Weile nebenher laufen, bis es da mal eine wirkliche Lösung gibt.
K B: Apropos Jugendkanal: Wird der in Baden-Baden als Chance gesehen, oder ist da eher Chaos angesagt?
P M K: Um mal ne kurze Antwort zu geben, da ist Chaos angesagt. Die Kollegen begreifen das schon als Chance, aber aktuell ist da Chaos und keiner weiß, was er machen soll.
„Brennt für eure Sache, habt Leidenschaft, seid authentisch!“
K B: Würdest du jungen Leuten raten, etwas im Medienbereich zu studieren, oder lieber eine Ausbildung zu machen, um schnell in den Beruf rein zu kommen?
P M K: Ich habe da leider gar keine Ahnung und kann nur von mir selber ausgehen. Wenn man für etwas brennt und das gerne macht, dann sollte man das machen. Dann sollte man an seinem Können feilen und sein Ding durchziehen. Wie das dann am Ende aussieht, ob man Praktika macht oder was studiert, oder seinen eigenen Film finanziert, oder gar einen Verein wie Querfeldein gründet, der Prominente nach Tübingen holt, das ist völlig egal. Ein Rezept gibt es nicht. Sicher ergibt es Sinn, Praktika zu machen. Was der Königsweg ist, weiß ich tatsächlich nicht, aber brennt für eure Sache, habt Leidenschaft, seid authentisch.
K B: Ist das Fernsehen überhaupt noch der richtige Ansprechpartner für junge Medienmacher oder sollten die sich lieber gleich am Internet orientieren?
P M K: Wo ist denn dieses Internet, wo hat denn YouTube seinen Sitz? Muss man da nach Berlin? Ich glaub man sollte Katzenbabys mitnehmen, die Propeller-hüte aufhaben (lacht). Nein, ich glaube Fernsehen wird es immer geben. Allein schon weil die Masse der Menschen zu dumm und zu faul ist, sich ein Programm immer selbst zusammenzustellen. Ich denke es wird immer eine Masse Menschen geben, die froh sind, wenn sie ein Angebot bekommen, das sie völlig kritiklos und passiv konsumieren können, und das kann nur Fernsehen. Ich glaube Fernsehen ist nicht tot, es wird sich nur verändern. Selbst wenn du eine Kochshow von Johann Lafer bei iTunes anschaust, ist es immer noch Fernsehen, egal wo du es anschaust.
„Latenight wird wiederkommen“
K B: Noch eine Frage zu deinem Format, Latenight. Meinst du, dass diese wegsterben wird? Harald Schmidt hat dieses Jahr aufgehört.
P M K: Ich glaube tatsächlich, dass Latenight wieder kommen wird. Ich kenne niemanden der nicht täglich drei Links aus der Tonight-Show, das ist die älteste Latenight-show der USA, weiterschickt und sagt, schau mal wie cool, was die da gemacht haben. Ich denke inzwischen kennt jeder das Format, und kann einschätzen was es ist. Es ist ein kluges Format, das vieles verbindet, zu klug um einfach nur albern zu sein, aber zu albern um intellektuell zu sein. Ich glaube, es braucht nur seine Zeit und wird in einer anderen Form in Deutschland wieder kommen.
K B: Vielen Dank für das Gespräch.