„Ist der Ruf erst ruiniert, altert sich’s ganz ungeniert“

Gibt es wirklich eine Schoko-Diät? Und falls ja, funktioniert die überhaupt? Mit diesen und vielen weiteren Fragen beschäftigt sich Kabarettistin Petra Afonin im Rahmen ihrer „Therapiesitzung“, die sie am Mittwoch in musikalischer Begleitung Ihrer Diätassistentin Susanne Hinkelbein abhält – und damit nicht nur weibliche Lacher erzeugt.
von Katharina Spitz

Es ist Mittwochabend. Wir befinden uns im Kinosaal des früheren Löwenkinos, wo Petra Afonin alias Cellulita für die heutige Sitzung ihr Therapiezentrum aufgeschlagen hat. Die heutigen Baustellen: figürliche Entgleisungen und andere Problemstellungen „Jenseits der Faltengrenze“. Mit den rot geschminkten Lippen und der Scherenbrille auf der Nase bedient Cellulita das klischeehafte Bild der Therapeutin. Sie weiß Bescheid über alle Begleiterscheinungen des Alters: sei es das „Gabyeske“, das Damen im besten Alter zu peinlichen Outfits und nicht ganz altersgemäßen Frisuren verführt, oder der Bedarf am „Lebensweichspüler“ Rum, der so manchen Mann wieder erträglich macht.

„Männer altern hinter Bärten“
Der dicke braune Kinovorhang und die nüchtern gehaltenen Requisiten unterstreichen den Seminarcharakter der Veranstaltung. Durchbrochen wird diese Sachlichkeit von einigen gezielt eingesetzten eigensinnigen Accessoires: knallig orangefarbene Hosenträger stehen sinnbildlich für die „modischen Verfehlungen“ des in Alter und Umfang zunehmenden Mannes. Dazu passend Cellulitas orangefarbener Mantel, der an drapierte orange-blaue Spitzenbordüren erinnert, die zu einem Kleidungsstück zusammengefügt worden sind.
„Kalorienzählen macht nicht nur krank, du siehst trotzdem aus wie’n Kleiderschrank“
Neben den verschiedenen DOs & DON’Ts aus der Diätwelt hält Cellulita auch praktische Handreichen für ihre Kursteilnehmer bereit. Eine eigens kreierte Taschenkollektion soll helfen, gekonnt von üppigen Rundungen abzulenken. Das Erfolgskonzept: die Taschen sind entweder groß genug, um die Problemzonen in voller Breite zu kaschieren. Oder der praktische Begleiter wird einfach aus Damenwäsche gefertigt und dadurch ganz automatisch zum Hingucker. Speziell für Tübingen sind die Taschen natürlich aus recycelten Dessous hergestellt und deshalb sogar im Rathaus ein Hit. Das Credo des Abends: sich nicht beirren lassen und selbst darüber entscheiden, was man aus sich macht. Denn ob man nun faltenfrei im Sarg eine „Kantate auf die Implantate“ singt oder sich doch einen „Wodka-Bauch“ leisten mag, ist schließlich jedem selbst überlassen. Ergänzend steht der aktuelle Spruch des Lebensfreudekalenders: „Eine wichtige Form der Altersvorsorge ist eine positive Einstellung gegenüber dem Alter“. Und vielleicht ist es das, was man aus der Therapiesitzung mit Petra Afonin mitnehmen kann. Denn „ist der Ruf erst ruiniert, altert sich’s ganz ungeniert“.

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