Der Tübinger Verein „Querfeldein“ lädt immer wieder prominente Gäste nach Tübingen, um sich in entspannter Atmosphäre mit Ihnen über ihre Arbeit zu unterhalten. Auch das Publikum hat die Möglichkeit, persönlich mit den Gästen ins Gespräch zu kommen. Letzten Donnerstag konnte man im „Ribingurūmu“ in der Mühlstraße mehr über Katja Hofem erfahren.
Im Interview mit der vierundvierzigjährigen Topmanagerin spricht sie über Karrieretipps, ihre eigenen Erfahrungen, die Einführung von „Big Brother“ und die Frauenquote:
Wie kamen Sie zum Fernsehen?
Es hilft, wenn man klare Vorstellungen hat und die hatte ich immer. Sie haben sich zwar geändert, waren aber immer da. Meine erste Vorstellung war, dass ich gerne in den politischen Journalismus zum „SPIEGEL“ gehen würde. In dieser Richtung hatte ich mir dann auch meine Praktika ausgesucht und habe beispielsweise bei einer Nachrichtenagentur gearbeitet. Später, als ich dann das Fernsehen kennen gelernt habe und in einer politischen Redaktion arbeitete, stellte ich mir vor, Auslandskorrespondentin zu werden. Das passte dann auch gut zu meinem Studium in Augsburg, weil ich neben Politik- und Kommunikationswissenschaft auch Amerikanistik studiert habe. Aber Fernsehen war dann doch das Medium, das mich am meisten „gekickt“ hat. Ich konnte mich dann relativ schnell darauf fokussieren, was ich in der TV-Welt machen möchte.
War schnell klar, dass Sie in den Managementbereich wollen?
Ich habe bei RTL 2 die Unterhaltungsredaktion aufgebaut und geleitet. Das war viel Managing-Arbeit, obwohl ich das damals noch nicht so bezeichnet hab. Ich war auch erst achtundzwanzig. Es war ein „learning by doing“. Gott sei Dank hat das alles super funktioniert und geklappt. Und es war auch viel Intuition dabei. Als es ein Stück weiter ging und ich Programmleiterin wurde, war mir klar, dass mir das Produzieren und nächtelange Sitzen im Schnitt oder Ü-Wagen unheimlich Spaß macht. Trotzdem habe ich ganz bewusst für mich die Entscheidung getroffen: Ich will mir nicht mehr die Nächte mit verrückten Künstlern um die Ohren schlagen, ich möchte lieber in eine entscheidende, verantwortungsvolle und gestaltende Funktion kommen. Das war eine ganz klare Entscheidung, die ich dann auch konstant weiter verfolgt habe. Als ich dann von RTL 2 weg ging, war das für mich der nächste Schritt und ich wusste: Jetzt geht es in eine klare Managerposition rein.
Viele Studenten träumen von dem, was Sie erreicht haben. Was können Sie ihnen mit auf den Weg geben?
Was ich jetzt rückblickend natürlich sagen muss: Die Karriere, die ich gemacht habe, ist in Anführungszeichen schon eine „untypische“. Es ging zwar stets in eine Richtung, aber man muss sich heute, wenn man vor oder mitten im Studium steckt, um einiges klar werden: Will ich in den produzierenden Journalismus und dort auch bleiben? Oder möchte ich eher in den Medienmanagementbereich reingehen? Das sind schon zwei verschiedene Paar Schuhe. Ich bin jetzt im produzierenden Journalismus im Medienmanagementbereich gelandet und musste mir „on the run“ und nebenbei relativ viel an BWL und juristischen Kenntnissen aneignen. Das heißt, wenn jemand sagt: Okay, ich möchte mal Managerin in einem Medienkonzern werden oder ich möchte vielleicht einen Fernsehsender führen, hilft es durchaus, BWL und Jura wenigstens im Nebenfach zu studieren. Wenn man diese ganzen Grundlagen heute nicht hat, ist es ein bisschen schwieriger, den Sprung von „Ich mache zehn Beiträge am Tag“ zu „ Ich führe einen Radio- oder Fernsehsender“ zu machen.
Sie haben Dmax, als einen Sender für Männer und sixx, als den absoluten Frauensender geleitet. Wie lässt sich das vereinbaren?
Am Ende des Tages ist es ein Handwerk. Das ist genau so wie, wenn ich beispielsweise ein Maler wäre. Dann müsste ich die Blümchen an die Wand malen können. Genauso müsste ich aber auch die Raufasertapete kleben können. Es ist das „Handbuch“ des Medienfachmanns oder der Medienfachfrau, das man beherrschen muss. Plus eine ganz gute Intuition, die man einfach braucht, um sich in Zielgruppen reinversetzen zu können. Das kann ich ganz gut. Klar war sixx dann die Kür, weil das “mein Programm“ war. Da konnte ich dann endlich mal die Sendungen und Serien programmieren, die ich privat gerne angucke. DMAX hat mir aber genauso großen Spaß gemacht. Discovery, der Mutterkonzern von DMAX, ist ein amerikanischer Konzern. Sie haben eine Frau auf die Position gesetzt und sich ganz bewusst für mich entschieden, weil sie keinen klischeehaften Männersender wollten. Mein Senderkonzept war von Anfang an klar: Man kann einen Männersender ohne Fußball und ohne Erotik machen.
Mit „Big Brother“ haben Sie ein neues Fernsehformat in Deutschland etabliert, das einen riesigen Erfolg hatte. Sozusagen die Mutter aller Reality Shows. Wie haben Sie es geschafft die Sendung hierherzuholen?
Mit viel Bauchgefühl und auch Glück, an der richtigen Stelle im richtigen Moment zu sein. Bei „Big Brother“ war es wie im Bilderbuch, wie es heute wahrscheinlich nur noch selten vorkommen kann. Ich hatte einen Termin mit John de Mol in Holland, bei dem es um neue Formate ging. Da war „Big Brother“ in Holland gerade eine Woche „on Air“. Es zeichnete sich ab, dass es sich extrem erfolgreich entwickelt und dann hat er mich mitgenommen in dieses „Kamerakreuz“. Man muss sich das so vorstellen: In der Mitte ist das Haus, um das Haus herum ein Raum, in dem alle Kameras auf Schienen stehen. Wir standen in dem Raum, schauten durch verspiegelte Scheiben auf das Haus und in diesem Moment dachte ich: Hier passiert gerade etwas ganz Großes. Etwas Neues in der TV-Welt. Zurück in München habe ich den damaligen Geschäftsführer von RTL 2 überzeugt: Wir müssen das machen, das ist ganz groß. Und dann haben wir es durchgezogen, gegen alle Widerstände. Das hat das Fernsehen verändert, es war ein sehr harter Kampf. Angefangen damit, dass ich die erste Woche kaum geschlafen habe und wir bis zum Sendestart nicht wussten, ob wir überhaupt senden durften. Das war schon ein Aufschrei in der gesamten Medienbranche.
Sind Sie in ihrer Position auch mal auf Widerstand gestoßen?
Ja, das passiert. Weil ich sehr jung war, kam das vor allem in den Anfängen vor. Mit 28 Jahren war ich die jüngste Unterhaltungschefin im deutschen Fernsehen. Das war damals wirklich sehr jung . Es kam auch vor, dass ich in ein Meeting kam und ein männlicher Kollege fragte mich: „Wann kommt denn Frau Hofem und können Sie mal einen Kaffee machen?“ Viele dachten, ich sei die Sekretärin. Als sie jedoch gesehen haben, dass ich nicht in die Position gekommen bin, weil ich blond und eine Frau bin, sondern weil ich wirklich etwas geleistet habe und vielleicht mehr kann, als andere, habe ich mir einen Namen und Respekt erarbeitet. So etwas gibt es heute teilweise auch noch, vor allem in großen Konzernen, in denen oft männliche Strukturen vorherrschen.
Sie setzten sich auch aktiv für die Frauenquote ein?
Ja! Es ist ein komplexeres Thema. Es wäre schön, wenn die Frauenquote nicht nötig wäre. Die gesellschaftlichen Bedingungen sollten so gestaltet werden, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht mehr ein „Harakiri-Akt“ ist oder einer, der dich in den Burn-Out treibt, sondern selbstverständlich wäre. Das wäre schon mal ein großer Schritt. Dann braucht man auch keine Frauenquote mehr.
Ist es denn sinnvoll überhaupt unbezahlte Praktika zu machen?
Ja, das würde ich empfehlen, vor allem, wenn es zur Berufs-Vorstellung passt. Das ist zwar manchmal hart, aber ich habe es auch gemacht. Die Bezahlung ist die Erfahrung, die man macht. Da investiert man gut in die spätere Arbeit rein. Aber man sollte, wenn man Praktika macht, darauf achten, dass man nicht nur Kaffee kocht und kopiert, sondern dass man auch etwas lernt. Wichtig bei jedem Studium: Möglichst nah an der Praxis sein und viele Praktika machen. Aber ich glaube, wenn man authentisch ist, bei sich selbst bleibt und seinem Stil treu bleibt, dann macht man seinen Weg. Dabei darf man sich durchaus auch einmal wehren.