Drei Professoren, drei Studierende, ein kontroverses Thema und ein Rednerpult: mehr braucht es nicht, um einem gut gefüllten Vorlesungssaal für eine Stunde hochklassige rhetorische Unterhaltung zu bieten. Bei dem Debattierduell zwischen Professoren und Studierenden, das jedes Semester von der ,,Streitkultur e.V.‘‘ ausgerichtet wird, ging es in dieser Runde um das für und wider der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens.
Für Jan, Sabine und Janek wird der Traum vieler ihrer Mitstudierenden wahr: Sie dürfen dem Prof einmal so richtig gepflegt ihre Meinung geigen. Die drei sind Mitglieder im Tübinger Debattierclub ,,Streitkultur e.V.“ und haben viel Erfahrung darin, sich mit anderen Rednern rhetorische Wettstreits zu liefern. Ihre Gegner beim Wortgefecht sind die drei Professoren Georg Schild (Geschichte), Michael Butter (Amerikanistik) und Bernd Heinrich (Jura).
Natürlich geht es bei der Veranstaltung nicht wirklich nur darum, sich gegenseitig nach Lust und Laune Sätze an den Kopf zu werfen, wie Moderator Marius vor Beginn der Debatte mit der Vorstellung der Regeln klärt. Das abendliche Duell im Kupferbau wird dieses Mal nach dem Format der ,,offenen Parlamentarischen Debatte“ ausgetragen. Genauere Details wie Wettkampfdebatten ablaufen, sind hier nachzulesen.
,,Wir verwalten uns zu Tode!“
Schon im Vorfeld haben die Professoren, die traditionell das Entscheidungsrecht besitzen, beschlossen, am Abend die ,,Regierung“ zu vertreten. Sie argumentieren für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Die drei Studierenden als ,,Opposition“ geben Kontra. Den ersten Redebeitrag der Professoren liefert Georg Schild, sein Argument: ,,In dem Maße, in dem Computer und Roboter Produktivität übernehmen, wird dem Menschen Arbeit abgenommen.“
Sein Teampartner Michael Butter setzt den Schwerpunkt eher auf Bürokratieabbau. Ein bedingungsloses Grundeinkommen könne seiner Meinung nach das Sozialhilfesystem verschlanken. Auch Bernd Heinrich weiß es, sich rhetorisch gewandt für das Grundeinkommen einzusetzen. Sein Paradebeispiel dafür, warum so etwas gut funktionieren kann, ist sein eigener Berufsschlag. ,,Wenn sie als deutscher Professor zur Vorlesung kommen, niemanden schlagen und keine rechte Propaganda verbreiten, haben sie bis zum Ende ihres Lebens ein gutes Gehalt.“, witzelt er.
,,Die Arbeitsbereitschaft sinkt, wenn Leute sowieso was bekommen.“
Aber auch die dazwischen immer wieder dagegenhaltende Delegation der Streitkultur e.V. präsentiert ihre Argumente mit rednerischer Finesse. Jan beginnt für das Trio und gibt sich von Anfang an sehr angriffslustig. Er erläutert dem Publikum ,,das Problem mit der utopischen Regierung“ und ist vor allem der Meinung, dass ,,die Arbeitsbereitschaft sinkt, wenn Leute sowieso was bekommen.“
Seine Teamkollegin Sabine befürchtet dazu Steuerflucht beispielsweise nach Frankreich, falls Spitzensteuersätze zum Zweck der Finanzierung des bedingungslosen Grundeinkommens erhöht würden. Der oppositionelle Janek liefert schließlich den letzten Redebeitrag des Abends und schließt die Debatte mit der Aussage: ,,Die Regierung will das Land wo Milch und Honig fließt, ich befürchte, dass bald gar nichts mehr fließt!“
Rhetorisch hochklassig, inhaltlich ausbaufähig
Leider lässt das Duell über weite Strecken harte Fakten und überzeugende Sachargumente vermissen, vor allem die Seite der Studierenden beschränkt sich größtenteils auf gefühlte Wahrheiten und wiederholt sich oft. Versteht man ein Debattierduell allerdings nicht primär als eine Diskussion über Sachfragen, sondern vielmehr als die Zurschaustellung der rhetorischen Fähigkeiten der Teilnehmer, so ist der Abend ein voller Erfolg, denn rednerisch hochklassig sind sowohl die drei Studierenden als auch die Professoren.
Per Applaus darf das Publikum schließlich entscheiden, wer an diesem Abend als Sieger vom Rednerpult geht. Die Stimmung ist eindeutig: die drei Professoren konnten mit ihren Argumenten überzeugen. Sogleich dürfen die drei Gewinner die Siegertorte entgegennehmen, welche beim anschließenden Sektempfang vor dem Kupferbau mit der Opposition und dem Publikum geteilt wird. Bedingungslos versteht sich.
Fotos: Jan Schmanns
Solltet ihr Lust haben euch im Debattieren auszuprobieren, kommt doch einfach mal um 20 Uhr dienstags in die Neue Aula, HS04! Vielen Dank für den Artikel, liebe kupferblau 🙂
Solltet ihr Lust haben euch im Debattieren auszuprobieren, kommt doch einfach mal um 20 Uhr dienstags in die Neue Aula, HS04! Vielen Dank für den Artikel, liebe kupferblau 🙂