Am Ende des Pride Months Juni (ein Monat, der sich dem Feiern der LGBTQ-Kultur widmet), hat der Bundestag die Ehe für alle beschlossen. Doch bedeutet die Einführung der Ehe für alle auch Akzeptanz für alle? Die Hoffnung und die ersten Schritte sind zumindest da. Wir haben uns mit der jung und queer Community in Tübingen getroffen, um mehr über ihre Pläne, Probleme und Aktivitäten zu erfahren.
Was soll das heißen, queer zu sein? Wer im Englischwörterbuch nach einer Übersetzung sucht, findet als Ergebnis: queer = komisch, seltsam, anders. Queer steht für alles, was mit sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität zu tun hat. „Queer“ kämpft gegen einschränkende Geschlechterrollen und gegen die konsequente Einordnung in Mann oder Frau. Es feiert die einfache Vielfalt. Es ist nicht wichtig queer zu definieren, da das Konzept, dass hinter queer steckt, im Grunde nicht definiert werden möchte.
Queer zu sein ist in Tübingen eine akzeptierte Lebensweise und ist nur bedingt mit Problemen verbunden. Tübingen bietet viel Freiheit und damit auch Akzeptanz. Eine Anlaufstelle für junge Queers aus Tübingen und Umgebung nennt sich Tübian. Die Atmosphäre bei den wöchentlichen Treffen ist entspannt, ausgelassen und freundlich.
Kennenlernen leicht gemacht
Die Jugendgruppe existiert schon seit zehn Jahren. Richtete sie sich am Anfang nur ausschließlich an Homosexuelle, sind bei Tübian heute auch spontane Besucher willkommen. Man trifft sich einmal in der Woche, zum Quatschen und Austauschen. Oft werden auch Ausflüge oder Filmabende organisiert. „Heutzutage hat man eigentlich nur Online die Möglichkeit andere Queers kennen zu lernen“, sagt Yannick, einer der drei Leiter.
Und das sei nicht immer angenehm. Meistens seien die Nutzer der Plattformen viel älter, oder bloß auf der Suche nach Spaß, so wie bei jedem anderen Dating-Portal. Auch sei es schwierig, ein gemeinsames Gesprächsthema zwischen einem 16-Jährigen und einem 40-Jährigen zu finden. Deswegen hat die Gruppe die Altersangabe von 16 bis 28 Jahren festgesetzt. „Wir wollen in erster Linie kein Dating-Meeting sein, sondern ein Ort, wo jeder kommen kann und sich mit den anderen über Probleme oder Erfahrungen austauschen und mit einem Lächeln wieder gehen kann“, erklärt Yannick. „Klar sind auch manche Beziehungen aus den Treffen entstanden, aber meistens geht es um die Freundschaft und die gemeinsamen Unternehmungen, egal ob Kino, Grillen, Ausflüge oder Karaoke.“
Über Partys und Coming-Out
Ausgelassen redet die Runde über die nächste Party. Wer fährt hin, wer kommt mit? – das Übliche. Manchmal wird in Tübingen im Blauen Turm gefeiert oder im Sudhaus. Manchmal geht es nach Stuttgart. In verschiedenen Locations finden die berühmten Toxic, LuSchT, und Fame Partys statt. In Tübingen wird aber genauso viel angeboten wie in der Landeshauptstadt.
„Wenn wir darüber reden, wer welche schlechten und guten Erfahrungen gesammelt hat, erinnert sich jeder, wie er Hand in Hand zum ersten Mal mit dem Partner durch die Stadt gelaufen ist”, sagt Yannick. Das Coming-Out im Dorf kann schwierig sein. Baden- Württemberg sei sehr traditionell geprägt. Auf dem Land werde man anders behandelt. „Hier haben wir den Vorteil, dass Tübingen eine Studentenstadt ist. Die Leute sind sehr offen und tolerant.”
Queer zu sein im Kontext der Uni? Kein Problem.
Man werde selten mit irgendwelchen Problemen konfrontiert. Von Kommilitonen werde man so akzeptiert, wie man ist. Denn letztendlich geht es darum, was für ein Mensch man ist und nicht darum, welche sexuelle Vorlieben man hat.
Message nach außen
Für die Zukunft hat das Tübian-Team viele Ideen. Zum Beispiel wünschen sie sich mehrere Kooperationen mit Schulen, vor allem in Hinblick auf den neuen Bildungsplan. Um zu zeigen, dass es Vielfalt gibt und dass es nicht nur okay ist anders zu sein, sondern, dass es normal ist. Dass es viele nette Menschen gibt, die die Welt etwas bunter sehen. Die Gruppe überlegt oft, wie man das nach außen tragen kann und fragte sich beim letzten Treffen, warum es in Tübingen eigentlich noch kein queeres Filmfestival gibt?
Tübian trifft sich jeden Donnerstag um19:15 Uhr in den Räumlichkeiten der AIDS Hilfe Tübingen-Reutlingen eV, Herrenbergerstr. 9. Wilkommen zu einem Kaffee und einem netten Gespräch ist jeder zwischen 16 und 28 Jahren.
Titelbild: pixabay gtjoflot
Foto: Tübian