Donald Trump stellt Zeitungen und Fernsehsender in den Vereinigten Staaten vor ein Dilemma. Wie geht man mit dem Narzissten im Weißen Haus um, den Kritik nur zu bestärken scheint? Über diese und andere Herausforderungen für die US-amerikanische Medienlandschaft sprach Damian Radcliffe am Mittwochabend im Deutsch-Amerikanischen Institut.
Weit über die Grenzen der USA hinaus dominiert Donald Trump regelmäßig die Schlagzeilen. Oftmals ist Politik dabei zweitrangig: Skandale rund um seine Person sind zur Normalität geworden. Die frauenverachtende Aussage „Grab them by the pussy“ ist ein Beispiel, das den meisten im Gedächtnis geblieben ist. Von den etablierten Medien wird er für seine Ausfälle regelmäßig scharf kritisiert. Im Gegenzug nennt er Medienhäuser wie CNN „Fake News“, zu politischen Themen äußert er sich sowieso am liebsten auf Twitter. Trotzdem räumten Zeitungen und Fernsehsender Trump während seiner Kampagne mehr öffentliche Aufmerksamkeit ein als jemals einem Präsidentschaftskandidaten zuvor. Ohne diese kostenlose Werbung im Milliardenwert wäre er nicht amerikanischer Präsident geworden. Auch die Medien profitieren: Trump bringt hohe Quoten und Auflagen.
Kein Vertrauen von den Bürgern
Diese ungewöhnliche Symbiose beobachtet Damian Radcliffe kritisch. Das Fernsehen und andere Medien sollten sich fragen, ob sie während des Wahlkampfes richtig gehandelt haben, meint der Journalistik-Professor von der University of Oregon. Er hat acht Jahre lang für den Radiosender BBC gearbeitet und kennt sich gut mit der amerikanischen Medienlandschaft aus. Von den Herausforderungen, mit denen die sich derzeit konfrontiert sieht, erzählt er dem gespannten Publikum selbstbewusst und rhetorisch gewandt. So erklärt er den Einfluss von „Fake News“ auf die amerikanische Öffentlichkeit. Hundertausende Internetnutzer lasen während des Wahlkampfes 2016 im Internet Nachrichtenmeldungen wie diese: „Pope Francis Shocks World, Endorses Donald Trump for President, Releases Statement.“ Fake News sind schlicht falsch, lassen sich aber oft kaum von echten Nachrichten unterscheiden. „Auffällig ist es, wie einfach man heutzutage Fake News produzieren und verbreiten kann“, meint Radcliffe. Auch problematisch sieht er das Phänomen der sogenannten „Filter Bubbles“. Durch diesen Begriff wird bezeichnet, dass in den Newsfeeds der Nutzer von Internetriesen wie Google und Facebook immer mehr personalisierte Inhalte auftauchen. So bleiben Netzkonsumenten in ihrer eigenen kleinen „Blase“ und werden selten mit gegensätzlichen Meinungen und Perspektiven konfrontiert.
Das Vertrauen der Bürger in die Medien sinke dramatisch, meint Radcliffe. Die Zahlen sprechen dafür: 48% der Wahlberechtigten US-Amerikaner vertrauen den etablierten Medien nicht. Unter Wählern der Republikanern liegt die Zahl sogar bei 69%.
Lokaljournalisten an vorderster Front
Der gebürtige Brite bezeichnet sich selbst als Optimist, und hat deshalb auch einige Vorschläge für den Umgang mit der Krise dabei. Lokaljournalisten seien an der vordersten Front wenn es darum gehe, das Vertrauen zurück zu gewinnen. In Gesprächen mit Bürgern können sie „Vertreter der gesamten Branche sein“, so Radcliffe. Mit Seiten wie Allsides könne man außerdem „Filter Bubbles“ entgegen wirken. Auf Allsides werden verschiedene politische Ausrichtung nebeneinander gestellt. Zu wichtigen Nachrichten kann der Leser zwischen drei Artikeln auswählen, unterteilt werden diese in „left“, „right“ und „center“. So soll aufgezeigt werden, wie unterschiedlich Ereignisse wahrgenommen werden, je nach dem, aus welcher Perspektive man sie betrachtet. Auch in sogenanntem „Solutions Journalism“ sieht er eine Chance. Das ist Journalismus, der sich nicht auf Probleme an sich, sondern vor allem auf die Lösung von Problemen konzentriert.
Trotz allem Optimismus haben die amerikanischen Medien für Radcliffe noch einen steinigen Weg vor sich: „Es wird nicht einfach. Wir werden hart arbeiten müssen, um das Vertrauen zurück zu gewinnen.“ Auf die Frage, ob er Donald Trump Chancen einräumt, 2020 wiedergewählt zu werden, antwortet er nur mit einem trockenen „Ja.“
Fotos: Marko Knab