Unter dem Titel „SHOT – Survivors of Gun Violence“  ist im Deutsch-Amerikanischen Institut Tübingen noch bis zum 27.07. eine Ausstellung zum Thema Schusswaffengewalt in den USA zu sehen. Am Donnerstagabend eröffnete die Fotografin der Bilderserie, die New Yorkerin Kathy Shorr, die Ausstellung mit einem einführenden Vortrag zum Thema.

Waffen und die Gesellschaft: ein kompliziertes Verhältnis

Wer sich in den vergangenen Wochen und Monaten nicht komplett den Nachrichten und sozialen Medien entzogen hat, wurde eigentlich zwangsläufig mit der aktuellen Schusswaffenkrise in den USA konfrontiert. Die Brisanz des Themas verdeutlicht die Gastrednerin Esther Earbin mit einem schockierenden Fakt: In den vergangenen 72 Stunden fanden in den USA 296 Schusswaffen involvierende Vorfälle statt, die mindestens einen Tod zur Folge hatten. Die aus den USA stammende und nun in Freiburg lebende und lehrende Anwältin eröffnete die Veranstaltung mit einem kurzen Input zum Thema. Trotz eindrücklicher Erzählungen über die Rolle von Waffen in den USA und den eigenen leidvollen Erfahrungen, die sie bereits damit machen musste, schafft sie es, die Stimmung mit einer angemessenen Menge an Humor aufzulockern. Sie betonte, wie allgegenwärtig das Thema Schusswaffen in der heutigen Popkultur ist und wie komplex diese Begebenheit deren Präsenz in der Gesellschaft macht: „If this was a Facebook post it would say ‚it’s complicated‘“.

Fast alle Überlebende wurden am Ort des Geschehens fotografiert, in diesem Fall der Times Square in New York City.

Eine etwas andere Herangehensweise

Das Publikum bestand aus einer multikulturellen Gruppe: jung und alt, schwarz und weiß, weiblich und männlich, deutsch und amerikanisch. Dies ergänzte die Fotografien, die rundherum an den Wänden hingen, auf eine sehr schöne Weise, denn schnell war ersichtlich, dass auch die von Kathy Shorr porträtierten Opfer von Waffengewalt allen erdenklichen sozio-ökonomischen und –kulturellen Hintergründen angehören. Und genau das, sagte die Fotografin, war auch das Ziel ihres Projektes: zu zeigen, dass jeder von Waffengewalt betroffen sein kann. Shorr erklärte, dass fast alle abgebildeten Personen an der Stelle fotografiert wurden, an der die Schüsse gefallen seien.

Die Idee hinter der Ausstellung ist sehr einleuchtend, denn Shorr fiel auf, dass nach Schießereien die Überlebenden sehr schnell mit einem „Glück gehabt“ abgestempelt und vergessen werden. Sie wollte diejenige sein, die solche Menschen in die bestehende Debatte inkludiert und sie als Überlebende darstellt, nicht als Opfer.  Dabei geht die Fotografin anders vor als viele andere, sich in der Schusswaffenkrise zu Wort meldende Persönlichkeiten: Sie positioniert sich im Dialog politisch nicht eindeutig und kann sich auf diese Weise sogar bei den extremsten Waffennarren Gehör verschaffen. Trotz dessen, dass Kathy Shorr die bestehende Problematik sehr offen thematisiert, zeigt sie sich optimistisch: „Obwohl dieses Thema deprimierend ist, ist es das Projekt nicht – denn die Leute sind es nicht.“


Für Interessierte ist die Ausstellung noch bis zum 27.07.2018 im d.ai. offen. Zu sehen ist sie dienstags bis freitags von 9 bis 18 Uhr und samstags von 11-14 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Fotos: Desiree Wegenast

Empfohlene Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert