Über 1000 Studenten mehr als im Vorjahr
Die Straßen sind überfüllt, in den Hörsälen gibt es oft nur Stehplätze und zur Mittagszeit bilden sich in der Mensa endlose Schlangen. Dieses Bild bietet sich Tübinger Studierenden seit Semesterbeginn sehr häufig.
von Stephanie Rumesz
Durch den doppelten Abiturjahrgang und die Aussetzung der Wehrpflicht sind dieses Semester mehr als 27 000 Studierende in Tübingen immatrikuliert. Damit sind es knapp 1300 mehr als im Jahr zuvor. Der enorme Zuwachs an Studierenden fiel zwar geringer aus als gedacht, aber die hohe Studentenanzahl bringt eine große Schwierigkeit mit sich: einen hoffnungslos überlasteten Wohnungsmarkt.
Tübingens Stadtverwaltung versuchte dem entgegenzuwirken. „In den Jahren 2009 bis 2011 wurden mehr als 1.100 Baugenehmigungen erteilt. Neu entstanden ist beispielsweise das Mühlenviertel und in der Weststadt stehen die Wohngebäude kurz vor der Vollendung, um nur einige zu nennen“, so Sabine Schmincke, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Trotz dieser Bemühungen gibt es einen großen Mangel an Wohnraum für die Studierenden.
„Ich habe circa 100 Personen mit Wohnungsanzeigen angeschrieben, aber nur knapp 20 haben mir geantwortet. Meine Ansprüche sind mit der Zeit gesunken“, sagt Sarah Müller, Studentin der Erziehungswissenschaft im 1. Semester.
Auch das Studentenwerk Tübingen-Hohenheim rechnete mit einem Anstieg der Studierenden und traf Vorkehrungen. „Das Studentenwerk bietet in Tübingen derzeit 3.670 Wohnheimplätze an. Um möglichst vielen Studierenden einen Platz anbieten zu können, wurden die Mietverlängerungen, die über die reguläre Mietzeit hinaus gehen, nur noch in Härtefällen genehmigt“, so Alexandra Vogel, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. „Zudem hat das Studentenwerk es geschafft, alle Sanierungen pünktlich fertigzustellen. Die Situation konnte gut bewältigt werden.“
Obwohl viele Wohnheimplätze geschaffen wurden, waren die Zimmer rasend schnell belegt und einige blieben ohne Schlafplatz zurück. Daher stellte das Studentenwerk Tübingen-Hohenheim ab dem 1. Oktober 2012 Notunterkünfte bereit. Studierende ,die sich für ein Zimmer beworben hatten, jedoch leer ausgingen, finden hier eine Übernachtungsmöglichkeit. „Jedem soll der Studienbeginn so ermöglicht werden und die Wohnungssuchenden konnten vor Ort auf die Suche gehen“, sagt Frau Vogel.
Die beiden Bettenlager befinden sich im Studentendorf Waldhäuser- Ost, in den Häusern Nummer 3 sowie 1/1, in den Erdgeschossen. Es gibt getrennte Räume für Frauen und Männer. Da diese Unterkunft keine Dusche oder Toilette beinhaltet, können die Studierenden die Duschen oder WCs der Wohnheimbewohner mit benutzen. Auch stellt ihnen das naheliegende Hallenbad und das Sportinstitut eine Dusche zur Verfügung. Das Studentenwerk berechnet pro Nacht fünf Euro für die von den Hausmeistern errichteten Lagern.
Die meisten Studierenden, die dieses Angebot nutzten, blieben nur wenige Tage. Es gibt jedoch auch Ausnahmen: „Es gab einen Studenten, der sogar bis Mitte November in der Unterkunft blieb“, so Paul Csecselics, Mitglied des Dorfrates im WHO. Der Dorfrat ist eine Gruppe Studierender, die sich organisatorisch für das Wohnheim engagieren. Für die Organisation der Unterkünfte sind zwei Mitglieder des Rates zuständig.
Seit Semesterbeginn sind viele Wochen vergangen und viele der Tübinger Studenten haben ein Zimmer in einer WG oder im Wohnheim finden können. Es wird allerdings vermutet, dass die Anzahl der Studienanfänger auch in den nächsten Jahren erhöht bleibt. Viele der diesjährigen Abiturienten haben sich vorerst für ein Praktikum oder ein freiwilliges soziales Jahr entschieden. Auch sie werden sich in den nächsten Semestern an den Hochschulen bewerben und auf eine Zulassung hoffen – genauso wie auf ein Zimmer.
Unabhängig davon, wie viele Studenten in den nächsten Jahren ein Studium in Tübingen beginnen werden, ist eines nicht zu vermeiden: Der Wohnraum in Tübingen wird noch begrenzter und das Schaffen von neuer Wohnfläche somit immer wichtiger.