Am nächsten Montag, den 10.12., debattiert die Fachschaftenvollversammlung (FSVV) und anschließend der Studierendenrat (StuRa) über einen möglichen Beitritt des Tübinger StuRa in den „freien zusammenschluss von student*innenschaften“ (fzs). Vier Studierende hatten den Antrag gestellt, weil der Dachverband ein „wertvolles Instrument“ sei, um „gemeinsame Positionen der Studierendenschaften“ auf Bundesebene zu schaffen. Diese Vernetzung sei notwendig, um ganz konkret negativen Entwicklungen an einzelnen Hochschulen entgegenzuwirken und studentisches Engagement zu unterstützen. Ein Kommentar.
Dieser Vorschlag würde aber im Haushaltsplan, so er denn angenommen werden würde, ordentlich zu Buche schlagen: Im ersten Jahr würde sich der Mitgliedsbeitrag auf ca. 11.000€ belaufen, wobei dem Antrag nach sogar 12.000€ pro Jahr für diesen Haushaltsposten veranschlagt werden sollen. Dies wäre allerdings nur der um 50% ermäßigte Rabatt für das erste Jahr! Tatsächlich würden sich die realen Kosten ab dem zweiten Jahr auf bis zu 0,80€ pro Person belaufen, das heißt in etwa 22.000 Euro – beziehungsweise, sollte der Haushaltsposten ebenfalls verdoppelt werden, sogar satte 24.000 Euro. Dies entspräche ca. 11-12% der Gesamteinnahmen des StuRa in einem Jahr. Aus Beiträgen, die Studierende entrichten müssen.
Der fzs besteht derzeit aus 76 Studierendenschaften und nimmt für sich in Anspruch, Studierende auf Bundesebene zu vertreten. Allerdings war die Arbeit des fzs nicht immer frei von Kontroversen. So berichtete der SPIEGEL unlängst über den Rücktritt der Frauenbeauftragten des fzs, Franziska H., die in ihrem Rücktrittsschreiben 2014 kritisierte, dass der Verband hinter einer „glitzernden Rauschgoldverpackung angeblicher Antidiskriminierungsarbeit“ nur „seine Verachtung, seine Intrigen, seine Respektlosigkeit und seine rastlosen Bemühungen, Kapazitäten der Studierendenvertretungen zu verschwenden zu verbergen“ versuche. Im Verband herrsche ein System dessen Arbeit geprägt sei von „Egotrips“.
Die Studierendenvertretung der Uni Köln berichtete, so der SPIEGEL, weiterhin von „langen, ergebnislosen Diskussionen“. „Stundenlang“ sei bei manchen Sitzungen gestritten worden. Dies sei eher die Norm als die Ausnahme gewesen. Die Uni Köln ist mittlerweile aus dem Verband ausgetreten, wie auch die Uni Bremen. Ebenso wie die Uni Kaiserslautern, die Uni Braunschweig, die TU München, die Uni Bielefeld und 2015 die Uni Göttingen.
Mit 24.000€ im Jahr könnte der StuRa so einiges unternehmen, was der allgemeinen Studierendenschaft zu Gute kommen und auch viel Gutes in der Stadt bewirken könnte. Beispielsweise könnte man im Winter für beheizte Unterkünfte für Obdachlose sorgen oder die Tübinger Tafel unterstützen. Alternativ könnte man das Geld auch investieren, um Studis dafür zu bezahlen, Geflüchteten Deutsch beizubringen. Auch wäre von dem Geld noch mehr als ein ganzes Ract! Festival drin (das Budget des AK Ract belief sich 2018 auf 15.000€). Es gäbe auf jeden Fall sehr viele Investitionsmöglichkeiten, in die der StuRa dieses Geld zum Wohle aller Studierenden stecken könnte. Denn so positiv wie die Idee eines Bundeszusammenschlusses auch sein mag, so ist es fraglich, ob man diesem wirklich 11-12% seiner laufenden Einnahmen geben möchte.
Zwar hat der StuRa noch hohe Rücklagen, allerdings sollte sich jedes StuRa-Mitglied bewusst sein, dass es sich dabei um Gelder aus den Taschen der Studierenden handelt. Der Anspruch sollte hierbei niemals sein, dass man Geld ausgibt „weil man es ja gerade hat“. Wie gesagt könnten damit auch viele andere nützlichere und sozialere Dinge finanziert werden. Beispielsweise plant man ohnehin schon, sich eventuell am Wohnungsbau in Tübingen zu beteiligen (StuRa Inside vom 26.11). Das könnte allerdings noch hohe Kosten mit sich bringen, aber auch viel Positives bewirken. Jedenfalls mehr als die Mitgliedschaft in einem mehr als fragwürdigen Dachverband.
Der StuRa tagt am Montag den 10.12. um 20ct. Die Sitzung findet im Clubhaus hinter dem linken Eingang, die linke Treppe hoch, statt. Fachschaften, studentische Gruppen und auch Individuen können ohne Weiteres an der FSVV Sitzung um 18 Uhr c.t. im gleichen Raum teilnehmen, um über diesen und andere Anträge zu diskutieren. Jeder und jede ist herzlich dazu eingeladen, daran teilzunehmen.
Beitragsbild: StuRa
Bild im Text: Spiegel Online