Ärzten der Uniklinik Tübingen ist es im Herbst 2016 das erste Mal in Deutschland gelungen eine Gebärmuttertransplantation erfolgreich durchzuführen. Jetzt wurden die ersten beiden Babys geboren. Am Donnerstag präsentierten die Ärzte ihre Erkenntnisse bei einer Pressekonferenz.
Nur an Unikliniken gibt es die nötigen Voraussetzungen für die Forschung an seltenen und komplexen Erkrankungen. In der Frauenklinik in Tübingen wird zum Beispiel seit vielen Jahren an Fehlbildungen der weiblichen Geschlechtsorgane geforscht. Im März und im Mai wurden nun die ersten Kinder nach einer Gebärmuttertransplantation per Kaiserschnitt geboren. Beide sind gesund, wie auch ihre Mütter. „Ich freue mich, dass sich die Frauen nun nicht nur als Frau, sondern auch als Mutter fühlen können“, so die Professorin Dr. Sara Brucker. Das Tübinger Ärzteteam arbeitet mit Experten aus Schweden zusammen, die schon neun erfolgreiche Geburten nach Gebärmuttertransplantationen vermelden konnten. Außerdem gibt es eine Kooperation mit dem Zentrum für Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen der Uniklinik Heidelberg.
In Deutschland werden jedes Jahr 60 bis 80 Mädchen ohne Scheide und ohne Gebärmutter geboren. Weltweit sind es sogar 4500 Mädchen. Die Transplantation ist für sie die einzige Möglichkeit, ein normales uneingeschränktes Sexualleben zu haben und ein eigenes Kind zu bekommen. In den meisten Fällen wird die Fehlbildung erst im Jugendalter erkannt. „Die Mädchen befinden sich mitten in der Pubertät und machen schon eine schwierige Phase durch. Dann kommen sie zu uns und wir müssen ihnen sagen, dass sie nie normalen Geschlechtsverkehr haben oder Kinder bekommen werden“, so Sara Brucker.
„Ein erstaunliches Organ“
In Tübingen wurde bisher bei 560 jungen Frauen eine sogenannte Neovagina angelegt. Die erste Gebärmuttertransplantation gelang dann im Herbst 2016. Insgesamt konnten drei Transplantationen erfolgreich durchgeführt werden. Die Spenderinnen sind in der Regel nahe Verwandte, bei den drei Transplantationen in Tübingen waren es die Mütter. „Die Gebärmutter ist ein erstaunliches Organ“, erklärte Sara Brucker. „Auch wenn die Spenderinnen seit zwei oder drei Jahren keine Menstruation mehr hatten, kann ihre Gebärmutter wieder funktionstüchtig werden.“ Da in Deutschland die Eizellenspende aber verboten ist, müssen die Frauen selbst funktionierende Eierstöcke haben. Eine mit dem Sperma des Mannes befruchtete Eizelle wird dann in den Uterus eingesetzt.
Auf ethische Bedenken erklärte Professor Dr. Urban Wiesing, Direktor des Tübinger Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin, die Transplantation sei für die Frauen das Ende einer langen Leidensgeschichte und bleibe im Rahmen des Transplantationsgesetzes. Trotzdem gibt es auch einige kritische Stimmen aus der Medizin, die das Verfahren für ethisch bedenklich halten. Da die Frauen keine lebensbedrohliche Erkrankung hätten, sei der große Eingriff ein zu hohes Risiko, nur um einen Kinderwunsch zu erfüllen.
Zweite Schwangerschaft möglich
Um das Risiko bei dem Eingriff so niedrig wie möglich zu halten, würden die Spenderin und die Empfängerin wie bei jeder Transplantation akribisch untersucht, erklärte Professor Dr. Alfred Königsrainer, Direktor der Uniklinik für Transplantationschirurgie. Die Schwangerschaft wird intensiv betreut, alle zwei Wochen werde ein Ultraschall gemacht und die Wirkung der Immunsuppressiva überprüft. Damit die eingenähte Gebärmutter bei der Geburt nicht verletzt wird, werden die Kinder per Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Wenn in der Schwangerschaft keine Komplikationen auftreten, ist auch eine zweite Schwangerschaft möglich.
Die Kosten liegen ungefähr auf Höhe einer Nierentransplantation. Weltweit wurden bisher etwa 60 Gebärmuttertransplantationen durchgeführt, 17 Kinder wurden bereits geboren. Die Uniklinik möchte mit den positiven Ergebnissen den Menschen Mut machen, die auf einer Transplantationsliste stehen, bekräftigte Prof. Königsrainer. Sara Brucker kündigte für dieses Jahr noch weitere geplante Operationen an: „Wir hoffen noch viele Gebärmuttertransplantationen durchführen zu können.“
Fotos: Lisamarie Haas