Der Studierendenrat, kurz StuRa, tagt alle zwei Wochen, um die Interessen aller Studierenden an der Uni Tübingen zu vertreten. Wie genau laufen die öffentlichen Sitzungen ab und was wird dort besprochen? Das Wichtigste aus der StuRa-Sitzung vom Montag, 02. Dezember, erfahrt ihr hier.
Ruhe und Besinnlichkeit kehrt ein in die studentischen Stuben, denn die Weihnachtszeit ist vergangenen Sonntag angebrochen: Während der erste Advent für die Kupferblau ein Anlass war einen Adventskalender zu veröffentlichen, traf sich der StuRa am Montagabend des weihnachtlichen Zaubers unbeachtet. Warum auch, wenn über wichtige Dinge beraten werden muss, wie Lastenfahrräder, Hitler-Attentäter und die Grenzen des Mandats von studentischen Vollversammlungen?
1,7 Millionen Euro und der Wein aus guten Tassen
Trotz mehrmaligem Ermahnen konnte der Geschäftsführende Ausschuss (G.A.), bestehend aus Jule und Erik von der GHG die 25 Personen nicht zum Anfang der Sitzung bewegen, sodass die Sitzung leicht verspätet erst 20.20 im Ausweichraum im Verfügungsgebäude starten konnte.
Gleich zu Beginn setzten sich die Jusos für „Fairness“ ein und baten darum die vertagten Anträge vorzuziehen, um weitere Wartezeit zu vermeiden. Schnell war ein Kompromiss mit der GHG gefunden, die die Anträge der in der Sitzung Anwesenden vorziehen wollte, aber vorschlug daraufhin vertagte Anträge zu behandeln. Schnell wurde noch ein Antrag von Seiten der FSVV zurückgezogen, da sich eine neue Situation ergeben habe, dann konnte die Tagesordnung, sowie etwas später das Protokoll der letzten ordentlichen Sitzung auch schon angenommen werden.
Weniger einfach gestaltete sich dagegen das Finden eines G.A.s für die nächste Sitzung: Da sich keines der anwesenden Mitglieder freiwillig meldete die Geschäfte des StuRas zu übernehmen und die nächste Sitzung zu moderieren, wurde ein fröhliches Buchstabenspiel veranstaltet. Der neue G.A. wurde nach alphabetischer Reihenfolge bestimmt, nachdem mehrere Listen nach Nachnamen durchforstet wurden.
Das eigentliche Tagesgeschäft der StuRa-Mitglieder begann dann mit einem kleinen Werbeblock für den AK QSM, dargeboten vom neuen Finanzreferenten Moritz. Er wolle einen „Impuls in den StuRa“ geben, sich am AK zu beteiligen, solange im Moment noch viel Arbeit zu tun ist. „Ich weiß Qualitätssicherungsmittel wirken nicht wie das attraktivste Thema, aber es geht um richtig viel Geld, mit dem wir coole studentische Projekte fördern können“, stellte er vor den Mitgliedern des Studierendenrates klar. Auch GHG-Vertreter Sebastian pflichtete dem bei: Die QS-Mittel seien „Ersatzgelder für Studiengebühren und die einzigen Mittel, auf die wir direkt Einfluss haben“. Es handle sich insgesamt „um 1,7 Millionen Euro“ und man könne „in diesem AK unglaublich viel beeinflussen“. Antonia (LHG) schlug vor eine Doodle-Abstimmung über möglich Termine in die Gruppen zu geben, während auf Seiten der FSVV Wein in den guten Tassen aus der Cafeteria ausgeschenkt wurde. Die Tassen wurden natürlich nach der Sitzung pflichtbewusst wieder zurückgegeben.
Die Anträge – Eine neue Stelle für den Hochschulsport?
Stimmungsaufheller hätte es gar nicht gebraucht, denn gut gelaunt ging es weiter mit den Anträgen, für die Gäste von der Kritischen Uni Tübingen, dem Hochschulsport und dem grandiosen Campusmagazin Kupferblau anwesend waren.
Für den ersten Antrag des Tages haben wir in eigener Sache die StuRa-Sitzung besucht: Wie in jedem Semester hat das Campusmagazin Kupferblau die Förderung durch Qualitätssicherungsmittel beantragt. Die Fördersumme wurde auf 2.500 Euro pro Semester erhöht, um Mehrkosten beim Druck auszugleichen. Die 42. Ausgabe der Kupferblau wird auf Recycling-Papier und mit umweltfreundlicher Farbe erscheinen. Außerdem haben sich die Marketingkosten erhöht. Der Antrag wurde vertagt.
Mehr Diskussionspotential gab es beim „Antrag auf Förderung einer Koordinierungsstelle für bewegungsfördernde Angebote für Studierende“. Eine Vertreter*in des Hochschulsports erklärte, dass verschiedene Projekte am Campus „im Sommer in die zweite Phase gegangen“ seien. Beispielsweise sei ein Lastenfahrrad bestellt worden, dass allerdings aufgrund von angestiegener Nachfrage beim Produzenten und Problemen bei der Überweisung zwölf Wochen Lieferzeit benötige, bald könne es aber in den Betrieb überführt werden. Neben verschiedenen Angeboten des Hochschulsports sollen auch Studierende Zugriff auf das Rad erhalten. Zur Koordinierung des Ausleihsystems, der „Bewegungssnack-Angebote“ und des Sport-Projekts „BeTaBalance 2.0“ soll „über die verfasste Studierendenschaft eine Stelle geschaffen“ werden. Im Antrag wurden Maximalkosten von 19.151€ pro Jahr für die Stelle angegeben, man rechne aber eher mit einem Budget von 14.000 -16.000€. Die Förderung soll erst einmal für ein Jahr laufen, „um danach zu schauen, wie es angenommen wird“.
Auf die Rückfrage der GHG-Vertreterin Sascia, die sich erkundigte, ob die Projekte nicht aus Mitteln der Universität getragen werden können, entgegnete die Antragstellende, es gebe „im Moment keine anderen Töpfe“, eine Drittmittelfinanzierung durch die Techniker Krankenkasse existiere bereits und die Uni habe sich für eine weitere Förderung verschlossen und auf den StuRa verwiesen.
Sebastian (GHG) stellte klar, dass der Kanzler fast immer an den StuRa überweise: „Ich glaube die richtige Antwort an die Universität wäre, wenn wir gemeinsam sagen: Das ist Aufgabe der Universität!“ Laura betonte die Jusos würden das Projekt unterstützen: „Wir sind uns glaube ich einig, dass langfristiges Ziel sein sollte, den Hochschulsport gratis für Studierende zu gestalten“, fraglich sei aber ob der StuRa oder die Uni die Kosten übernehmen sollte.
Während Sascia (GHG) bezweifelte, dass „Studierende direkt davon profitieren“, kam von der LHG ein anderes Argument gegen die Annahme des Antrags. Antonia stellte die Kosten-Nutzen-Rechnung besagter Angebote in Frage: „Gibt es Zahlen dazu? Ich habe gehört, dass es nicht sehr angenommen wird von den Studierenden“. Die Vertreterin des Hochschulsport berichtete, die Teilnehmerzahlen schwankten bei den „Bewegungssnack“-Angeboten zwischen 6-8 Personen, dabei sei die gemeinsame Teilnahme von Mitarbeiter*innen und Studierenden nicht optimal. Das Projekt „Lastenfahrrad“ sei Ergebnis einer großen Bedarfsanalyse im Sommersemester 2018. „Da kam raus, dass vor allem fahrradbezogene Aktionen für Studierende interessant sind“, darüber hinaus zeigten die Erfahrungen von anderen Unis, dass ein solches Projekt gut funktionieren kann. Die LHG riet dazu, eher kleiner anzufangen, vielleicht vorerst eine HiWi-Stelle für die Koordination einzuplanen.
Dennoch blieb der Grundtenor im StuRa: Die Projekte des Hochschulsports werden unterstützt, die Finanzierung soll aber nicht die verfasste Studierendenschaft (VS) allein tragen. Der Antrag wurde schlussendlich mit drei Enthaltungen abgelehnt, aber ausdrücklich „nicht, weil man das Konzept blöd findet“ (FSVV). Man will das Thema auf dem nächsten Jour Fixe ansprechen, einem „runden Tisch“ der wichtigsten universitären Gremien.
Ebenso umstritten war der „Antrag auf Erstattung von Honorar- und Fahrtkosten für einen Vortrag mit Metheus Hagedorny (17.01.2020, 19 Uhr)“. Auch hier waren die antragstellende Kritische Uni Tübingen (KUT) mit einem Vertreter anwesend. Im Januar hat diese einen Vortrag im Kupferbau geplant. Thema ist der Widerstandkämpfer Georg Elser, der ein Bombenattentat auf Hitler ausführte. Die KUT beantragte 400 Euro Honorar und 24 Euro Fahrtkosten (Würzburg – Tübingen) für den Buchautoren Hagedorny.
Nachdem die LHG die Höhe des Honorars und Buchvorstellung an sich als eine Art Werbung für das Buch kritisierte, entbrannte eine Debatte über „Gewinnmaximierung“ von Referent*innen bei Vorträgen. „Er bringt jetzt keinen Container mit Büchern mit“, um diese zu verkaufen und „Dozierende werben auch für ihre Bücher“ entgegnete der Antragsteller, worauf der Jonathan (ULF) einwarf, „in Zeiten der ständigen Verfügbarkeit“ müsse man keinen „Container voll Bücher dabeihaben“, um eine Gewinnabsicht aufzuweisen. Dem pflichtete der RCDS bei, der auch eine klare „Gewinnerzielungsabsicht“ sieht, da die Buchvorstellung kurz nach Erscheinen des Buches veranstaltet wird. Bastian (Jusos) unterstrich den „historischen Mehrwert des Vortrags“ für die Studierenden und riet das Gegenargument „Gewinnmaximierung“ hintenanzustellen. Der Antrag wurde vertagt.
Befristete Verträge und „rabiate“ Verstöße
Dagegen wurde der vertagte Antrag „Studentischer Flohmarkt im Clubhaus“ einstimmig angenommen. Die Antragstellenden benötigten nur einen Raum für den geplanten Flohmarkt am 14.01.2020. Ebenso wurden die Sitzungstermine des StuRas für dieses Semester (es bleibt bei den zweiwöchigen Treffen der Mitglieder) und die Förderung einer Filmvorführung der Veganen Hochschulgruppe einstim angenommen.
Gegen die Stimmen von ULF, RCDS und LHG wurde beschlossen, dass die Studierendenschaft Kanzler Rothfuß auffordert die Bayreuther Erklärung zu kritisieren. Bei der Übereinkunft von Uni-Kanzler*innen aus ganz Deutschland geht es um die Legitimierung von befristeten Anstellungsverhältnissen an Universitäten. Es sei im Interesse der Studierenden, dass Vertragsverhältnisse an der Universität unbefristet seien, hieß es von Seiten der GHG. Nicolas (LHG) dagegen kritisierte, er könne aus dem Antrag „herauslesen, dass Kanzler und Kanzlerinnen aus Bosheit Personal befristen“. Befristete Verträge hätte in vielen Fällen aber ihre Berechtigung, zum Beispiel wenn Arbeitgeber*innen nicht wüssten, ob sich akademische Mitarbeiter*innen am Anfang ihrer Laufbahn „auf dem Gebiet behaupten“ könnten. Zusätzlich sei unklar, wie viel ein derartiger Antrag bewirken könne. Bastian (Jusos) appellierte dagegen, „man könnte einfach mehr dafür tun, dass es unbefristete Verhältnisse gibt“. Den Kanzler*innen attestierte er, sie hätten sich „auf die faule Haut gelegt“ und mit dem Wettbewerb argumentiert.
Weitere Anträge hatten die Veröffentlichung von verschiedenen Dokumenten (Jahresberichte, Leitfäden und Protokolle) aus universitären Gremien zum Ziel. Über alle Anträge wurde gesammelt abgestimmt und diese, nach dem Streichen eines Klarnamens aus dem Text, einstimmig angenommen.
Die letzte längere Debatte des Abends gab es bei den „Forderungen zur Klimakrise“ die während der Streikwoche von Fridays for Future ausgearbeitet und auf der studentischen Vollversammlung in der letzten Woche abgestimmt wurden. Doch die Inhalte erregten weniger die Gemüter, als vielmehr die Weise, wie sie an die Universitätsleitung weitergegeben wurden: Laut des studentischen Senators Norman (FSVV) hätte der Antrag vor Ort nicht abgestimmt werden dürfen, da Anträge eine gewisse Zeit vor der Vollversammlung vorliegen müssen. Dies traf auf einen Änderungsantrag nicht zu, daher gebe es „keinerlei Notwendigkeit sich damit zu beschäftigen“. Sebastian (GHG) bezweifelte, dass die Satzung eine Vorlaufszeit für Änderungsanträge ausdrücklich vorschreibt. Die darauffolgende Suche in der Satzung der VS ergab keine eindeutige Auslegung.
Darüber hinaus merkte Norman an, dass die Vollversammlung keine Beschlüsse im Namen der Studierendenschaft formulieren könne, sondern nur Empfehlungen an den StuRa ausspräche. Der StuRa solle sich „damit beschäftigen, wie wir damit umgehen, wenn so rabiat gegen unsere Satzung verstoßen wird“. Auch das Verhalten des StuRa-Vorsitzenden sei „rügenswert“, da dieser bei der Vollversammlung auch anwesend war. Letztendlich wurde die Angelegenheit vertagt, damit „alle mal die Satzung durchlesen und dann können wir eine informierte Debatte hier führen“, wie es Normann ausdrückte.
Gegen Ende der Sitzung wurden die Forderungen von Fridays for Future an die Universität noch einmal aufgegriffen, als Antonia (LHG) forderte, man solle sich davon „distanzieren“, da es sich hier um eine Abstimmung in der Vollversammlung handelte und diese nicht die Meinung der Studierendenschaft widerspiegele. Dem pflichtete Norman bei und ergänzte, man solle „beteiligte Organisationen und Personen dazu zwingen das zu widerrufen, auch auf ihren Social Media Kanälen“. Die GHG erkundigte sich, ob „eine Beschlussempfehlung von Studierenden auf der VV keine Meinung der Studierenden“ sei, worauf Norman erwiderte, ein Beschluss sei „solange nicht die Meinung der Studierenden bis wir hier darüber abgestimmt haben“. Eine Vertreterin der FSVV bezeichnete als absurd, „dass wir 20 Personen hier die Meinung der Studierendenschaft sein sollen, eine VV auf die alle Studierenden gehen können aber nicht“. Inhalte der Forderungen wurden nicht besprochen. Diese Debatte wird die Mitglieder des StuRas noch nächste Sitzung beschäftigen.
Der StuRa ist jetzt bei Insta
- Der Bericht des Exekutivorgans musste ausfallen, da keine Person aus der Exekutive anwesend war
- Seit Neustem gibt es ein feministisches Café in den Räumlichkeiten der Fachschaft Politik, dienstags von 14-16 Uhr
- Der StuRa hat mittlerweile einen Account bei Instagram und postet fleißig. Follow-Empfehlung!
- Der AK Rätebaubrigade berichtet, dass der Umbau im Clubhaus schleppend vorangeht. Wann der neue Sitzungssaal fertiggestellt wird? „Es kann sein, in den nächsten zwei Monaten, es kann sein erst in 10 Jahren“ erklärte dazu ein GHG-Vertreter zynisch.
Die hitzigen Debatten, die bei mal mehr, mal weniger relevanten Thematiken geführt wurden, wirkten sich auch in der Länge der Sitzung aus: Erst um 22.33 wurden die Mitglieder des StuRas in den Feierabend entlassen.
Die nächste StuRa-Sitzung findet am 16. Dezember um 20:15 Uhr im Verfügungsgebäude statt und ist wie immer öffentlich. Die Arbeitskreise freuen sich über Mitarbeit. Mehr Informationen zum StuRa und den AKs findet ihr auf dessen Website oder per Email an ga@stura-tuebingen.de.