Der Meister aller Klassen

Der Verein Querfeldein feierte am Donnerstagabend mit seiner 20. Veranstaltung im Ribingurumu das zweijährige Bestehen. Der Jubiläumsgast sollte ein ganz besonderer sein und war bis auf die letzte Minute vor der Veranstaltung noch unbekannt. Auf dem grünen Sofa nahm schließlich Platz: Micky Beisenherz, Moderator und Texter hinter vielen Formaten.

In Facebook und an der Uni wurde viel über die Jubiläumsveranstaltung von Querfeldein diskutiert. Grimme-Preisträger, Moderator, Autor und Meister aller Klassen waren die Hinweise, die das Team über den geheimen Mister X veröffentlicht hatte. Die Tipps schränkten die möglichen Gäste ein und schnell begann das Wunschdenken: Jan Böhmermann, der gerade wohl bekannteste Stern am studentischen Medienhimmel – könnte er es sein?

Querfeldein hatte den Überraschungsgast bis zur letzten Sekunde geheim halten können. Noch im ausverkauften Ribi wird vor der Veranstaltung gerätselt und vermutet. Fünf Minuten vor Beginn nennt ein Zuschauer dann einen goldrichtigen Namen: Michael „Micky“ Beisenherz.

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Das ist also Mr. X. Moderator Jan Horst legt vor, Beisenherz vollendet. Das war die Devise des Abends.

Uni wegen hübscher Nachbarin

Moderator Jan Horst geleitet einen Hipster mit Mütze und Vollbart zur Couch. Beisenherz ist nicht allen im Publikum bekannt, denn der 38-Jährige arbeitet vor allem im Hintergrund des Medien-Dschungels. Die Zuschauer warten erst einmal ab, was sie mit diesem „Micky“ anfangen sollen.

Das Zögern legt sich, während mehr und mehr über Beisenherz bekannt wird. Kurz umrissen: Seine Karriere begann bei einem Lokalradio, nachdem er sein sozialwissenschaftliches Studium nach nur einem halben Semester abgebrochen hatte. Nach eigener Aussage wollte er eigentlich nur jeden Tag mit seiner hübschen Nachbarin zur Uni fahren. Beisenherz dazu: „Mit den Worten meines Freundes Atze Schröder: Warum soll ich hinter einem Bus her rennen, wenn ich schon drin sitze?!“

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Das Ribingurumu war bis zum Bersten gefüllt. Die Karten waren innerhalb weniger Minuten restlos verteilt worden.

Engagement, Zufall, Glück

Dass Beisenherz der geborene Gag-Schreiber ist, zeigt sich schnell. Als Co-Moderator Max Scherer ein Bild an die Wand projiziert, das den jungen Beisenherz bei seiner alten Radiostation zeigt, sagt er nur: „Ich bin wie Benjamin Button – nur umgekehrt.“

Sein Talent und seine Spontaneität brachten ihn vom Praktikum beim Lokalradio zu Radio NRW. Seit seiner Praktikumsbewerbung habe er nie wieder eine schreiben müssen, immer sei man mit Jobs auf ihn zugekommen. „Eine Mischung aus Engagement, Zufall und Glück“, nennt Beisenherz das.

„Würde ich heute nicht mehr machen“

Und diese Mischung trieb seine Karriere stetig voran. Mit – vorsichtig formuliert – teilweise schwankendem Niveau. Er schrieb für Atze Schröder, den er bei Radio-NRW kennenlernte, Mario Barth, den er im Ribi ständig nachäfft, Neo Paradise, das RTL-Dschungelcamp und die heute-show – um nur einige Stationen seiner bisherigen Karriere zu nennen. Bei seinen meisten Etappenpunkten arbeitet er als Autor im Hintergrund. Mittlerweile hat er allerdings auch eine Serie mit Oliver Polak beim WDR.

Dazu kommt auch das Buch „Bedienungsanleitung Mann – so macht Frau ihn funktionstüchtig“, das er heute so nicht mehr schreiben würde. Doch damals habe es sich gelohnt: „Das war eine Auftragsarbeit. Im Endeffekt ist das ein Brot-und-Butter-Job.“

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Mit dem Post „Charlie Sheen hasst Pariser noch mehr als der IS.“ wandelt Micky Beisenherz für viele an der Grenze des Humors.

Sprüche-Klopf-Maschine

Beisenherz redet schnell und ziemlich viel. Dabei hört man mal Atze Schröder, mal Dieter Nuhr, für den er auch gearbeitet hat, oder die heute-show, heraus. Er ist eine Sprüche-Klopf-Maschine: Moderator Jan muss ihm nur ein Stichwort geben und Beisenherz haut einen Spruch nach dem anderen raus.

Noch eine Kostprobe: „Wenn ich meinem Jack-Russel-Terrier einen Anzug anziehen würde, wäre er intelligenter als Thomas de Maizière.“ Über den ProSieben-Moderator verkündet er: „Mit Daniel Aminati war es auch eine Art Zivildienst.“ Beisenherz nennt die Dinge gnadenlos beim Namen, immer mit einer guten Prise Humor.

Lanz verhaute die Pointen

Dem Publikum gewährt er ehrliche Einblicke hinter die Fassade von TV-Produktionen. Zum Beispiel gebe es da diese Kratzbaumpromis, die nur eingeladen werden, damit sich Zuschauer über sie aufregten – auch so funktioniert Fernsehen.

Er erzählt auch, wie Markus Lanz Beisenherz‘ Witze bei „Wetten, dass…?“ versaut habe. Und wie die BILD am nächsten Tag titelte: „Wer schreibt ihre Witze, Herr Lanz?“ Weiter bezeichnet er Michael Wendler als „sagenhaft dumm“. Zumindest habe er sich im Dschungelcamp so verhalten.

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Auf dem Bild ist Beisenherz zusammen mit seinem verstorbenen Freund Sebastian Radke zu sehen. Höhepunkt des nachdenklichen Teils des Abends.

Das Tragische und Komische

Beisenherz teilt aus, dauerhaft. Aber im zweiten Veranstaltungsteil spricht Moderator Horst auch ernstere Themen an: Wo sind die Grenzen von Humor? Das zeigt eine andere Facette des Komikers: die des nachdenklichen Gesellschaftskritikers. Er sei sich der Verantwortung bewusst, die ein Format wie die heute-show habe. „Die Leute suchen bei solchen Serien Orientierung.“ Vor allem in der Woche nach den Anschlägen von Paris sei es nicht einfach gewesen, die richtigen Worte zu finden.

Neben der Hintergrundarbeit als Autor schreibt Beisenherz auch eine Kolumne beim Stern. Nachdem sein Freund und Kollege Sebastian Radke mit 40 Jahren während einer Radio-Show einen Herzanfall bekommen hatte und starb, widmete Beisenherz ihm in seiner Kolumne einen sehr ehrlichen Nachruf. Der Text ist wirklich lesenswert.

Das Fazit des Abends: Beisenherz‘ Lob auf das Tragisch-Komische. Oder in seinen Worten: „In solchen Zeiten ist ein Lachen befreiend.“

Micky Beisenherz‘ Nachruf auf Sebastian Radke:

http://www.stern.de/kultur/micky-beisenherz/micky-beisenherz–ein-persoenlicher-nachruf-auf-radiomoderator-basty-radke–6550932.html

Hier die Veranstaltung zum Nachschauen: 

https://www.periscope.tv/w/1ZkJzwOaLMqxv

Fotos: Paul Mehnert

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