Erst Schlürfen, dann Lachen

Japanische Nudelsuppe und Theatersport: Mit dieser ungewöhnlichen Kombination lockt die Impro-Truppe des Harlekin Theaters derzeit Interessierte zu ebenso ungewöhnlichen Zeiten ins Café Haag. Wer mittags um 12 oder 13 Uhr Zeit hat, kann sich noch bis zum 11. Dezember, immer dienstags bis freitags, dem doppelten Vergnügen von Kultur und Kulinarik hingeben.

Zwar gebe es in Schweden bereits Theater, in denen gegessen wird – in Verbindung mit Nudelsuppe handle es sich aber um eine „echte Weltpremiere“, berichtet der Tübinger Improtheater-Guru Volker Quandt stolz. Auf die Idee sei er gemeinsam mit seiner Frau gekommen – Shoko Quandt-Kadoya ist gebürtige Japanerin und leidenschaftliche Köchin. Und so ist bei der aktuellen Veranstaltungsreihe von Quandts professionellen Theatersportlern die echte, japanische Nudelsuppe schon im Preis inbegriffen.

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Ein japanisches Süppchen schlürfen und danach Theater und Musik genießen: Beim Suppentheater ist das möglich.

Hohe Kunst des Schlürfens

Während der Vorstellung selbst wird nicht gegessen. Der Zuschauer hat davor eine halbe Stunde Zeit, um die Delikatesse mit Stäbchen oder Löffel genüsslich zu schlürfen. Beim gemeinsamen Suppen-Genuss laufen Tutorials, wie man das am besten macht. Genau das sei auch das Geheimnis der vollen Geschmacksentfaltung, so Quandt.

Als er schließlich das Mikrofon zur Hand nimmt und damit zum zweiten Teil des Mittags überleitet, ist der kulinarische Teil beendet. Quandt begrüßt die Gäste und bittet die Profis Jakob Nacken und Bernd Kohlhepp auf die Bühne. Wie beim Improtheater üblich, wird in den folgenden zwanzig Minuten alles live auf der Bühne erschaffen. Der Zuschauer erlebt also auch hier jedes Mal eine Premiere. Die beiden Schauspieler lassen sich Stichwörter geben und verknüpfen diese zu Geschichten und Liedern.

Story aufs Stichwort

Bei einem der Suppentheater entsteht dabei die gesanglich gefühlvolle, inhaltlich aber abstrus-komische Ballade über einen Mann, der sich in eine Frau namens „Renate“ (erstes Stichwort) verliebt, und sich nichts sehnlicher wünscht, als mit dieser zu stricken (zweites Stichwort). Damit sind natürlich gewisse Anspielungen vorprogrammiert: „Tu ich dich erblicken, denk ich sofort ans… stricken!“. Die vergibt man den Schauspielern aber gern, denn ihre Gesänge klingen geradezu virtuos. Bei Kohlhepps Tonlagen erinnern sie technisch oft an Grönemeyer.

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Multitalent Bernd Kohlhepp beim Intonieren seiner Ballade.

Das Zauberbuch

Leider reicht die knapp bemessene Zeit nur für drei Sketche. Highlight ist die „Abc-Szene“, in der die beiden eine durch Pantomime unterstützte Geschichte über den Fund eines Zauberbuches in der Bibliothek erzählen. Der Clou dabei ist, dass die Schauspieler ihre Sätze immer mit dem darauffolgenden Buchstaben des Alphabets beginnen müssen. Bis auf kurzes Zögern bei C, wie: „chronisch vergessliche Menschen wie ich vergessen immer ihren Büchereiausweis“ und Q: „quakendes Federvieh“, nach der Verwandlung des Bibliothekars in ein eben solches, machen Nacken und Kohlhepp ihre Sache souverän.

Auch wenn die Geschichte mit der Verwandlung des Bibliothekars in eine Tunte endet und damit ein relativ abgedroschenes Bild erzeugt wird, freut man sich über das gelungene Kunststück. Mit dem letzten Lied, einem Ständchen an eine der Besucherinnen aus Sicht ihres Lebensgefährten, stellen die zwei Künstler zum Abschluss abermals ihr musikalisches Talent unter Beweis.

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Jakob Nacken entnimmt das Zauberbuch aus dem Regal.

Noch nicht der letzte Akt

Das Suppentheater läuft noch bis zum 11. Dezember und kostet neun Euro inklusive wohlschmeckender Suppe. Wer bis dahin keine Zeit findet, dem bietet sich im Februar erneut die Möglichkeit, beim Mittagstheatersport eine ähnliche Veranstaltung zu besuchen. Diese läuft dann unter dem Motto „Deutschland gegen Brasilien“, wozu dann folgerichtig brasilianisches Essen serviert wird. Bleibt nur zu hoffen, dass diese Begegnung nicht alle im Stile des Weltmeisterschafts-Halbfinales ausfallen.

Weitere Informationen:

http://www.harlekintheater.de/

Fotos: Harlekintheater Tübingen/Volker Quandt

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