Einmal Wind und Regen, bitte!

Eine kurze Geschichte von fast allem Irischen

In Irland gibt es mehr Pubs als Einwohner, heißt es. Die irische Stadt Cork im Süden der grünen Insel, erfüllt dieses Klischee mühelos. An jeder Straße reiht sich ein Pub an den anderen. Hier verbringe ich ein Semester und entdecke Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Schnell lerne ich, dass man Beamish statt Guinness trinkt, zu Pommes Chips sagt und immer einen Schirm bei sich haben sollte.
Von Isabell Wutz

Mein erstes Erstaunen gilt den Schildern, den Plakaten und auch dem Universitätslogo. All dies und noch mehr sind auf Englisch und auch auf Irisch, also zweisprachig! Die alte Sprache ist noch sehr präsent im Alltagsleben. Doch auch wenn sie fast keiner mehr spricht, halten die Iren stolz an diesem Erbe fest. Die eigenartige Sprache ist für jeden Nicht-Iren eine wahre Herausforderung. Ich selber drücke mich vor einem Sprachkurs, doch spätestens bei einer Vorstellungsrunde komme ich ins Schwitzen. Irische Namen wie Siobhan, Aiofe, Daire oder Taigh sind für mich einzigartig unaussprechlich. Meine irischen Freunde haben jedoch ihren Spaß, wenn ich versuche, die Namen richtig zu sagen. Es ist aber immer dasselbe: Hört man irische Namen, weiß man nicht, wie man sie schreiben soll und liest man irische Namen, spricht man sie garantiert falsch aus. Oft genug bin ich mir nicht einmal sicher, ob es ein männlicher oder weiblicher Name ist.

Welcome und Fáilte

Nach längerem Aufenthalt kann ich nun sagen: Irland hat lediglich zwei Jahreszeiten, Frühling und Herbst. Schon klar, Irland ist nicht für seine sonnigen Tage bekannt — aber, dass mir nach knapp vier Wochen drei Regenschirme kaputt gingen, ist schon ein wenig ärgerlich. Irgendwann wird mir klar: Gegen Wind und Regen kommt man nicht mit einem klapprigen Regenschirm an. Jetzt mache ich es den Iren nach und stapfe selbstbewusst ohne Schirm durch das irische Wetter.

The early bird catches the worm

„Messt euch nicht mit den Iren im Trinken!”, das wird gleich zu Beginn allen internationalen Studenten ans Herz gelegt. Ob diese Behauptung stimmt, überprüfe ich in den zahlreichen Pubs und Clubs der Stadt. Mühelos werden die Iren ihrem Klischee gerecht, während ich mich noch an die üppigen Alkoholpreise gewöhne. Schnell treten die trinkfesten Iren aber in den Hintergrund, als ich erfahre, dass es nicht erlaubt ist, öffentlich Alkohol zu konsumieren. Wehleidig denke ich an schöne Zeiten im Sommer, wenn man in Tübingen auf der Wiese oder auf Kirchenstufen sitzt und ein Bier trinkt. Und als wäre das nicht genug, machen auch noch alle Nachtläden um zwei Uhr zu. Da hilft es dann auch  nichts mehr, in eine „Late Bar“ zu gehen, die bis um halb drei geöffnet hat. Während man in Deutschland öfter um vier noch die Tanzfläche rockt, liegt man in Irland um halb drei schon seelig schlummernd im Bett. Was man daraus lernt: Einfach früher mit dem Feiern anfangen.
Zwei Dinge sind für die Pubs in Irland charakteristisch — das Bier und die Musik. In Cork gilt: Hier trinkt man kein Guinness, sondern das lokal gebraute Beamish oder Murphys, wenn man dazugehören will. Respekt von den Einheimischen erlangt man aber nur, wenn man auch den Unterschied zwischen den verschiedenen Pints erkennen kann. Für mich schmecken alle Sorten zu bitter, um sie zu unterscheiden. Stattdessen trinke ich einfach einen guten irischen Whiskey. Mit dem passenden Getränk in der Hand und der unglaublich guten Live-Musik wird ein jedes Pub zum zweiten Wohnzimmer.

„Endlich mal kein Fußball”

Das denke ich mir, denn auch der Sport in Irland ist einzigartig anders. Hier spielt man lieber Gaelic Football, eine Mischung aus Fußball und Rugby, oder Hurling. Bei Hurling sagt man sogar, es sei die schnellste Sportart der Welt. Dabei wird versucht mit Schlägern einen kleinen harten Ball in das gegnerische Tor zu schießen. Auch wenn dieser Sport kaum Begeisterung außerhalb Irlands findet, in Irland selbst sind alle Generationen involviert und verfolgen gespannt jedes Spiel.
Bevor ich meinen Auslandsaufenthalt angetreten habe, dachte ich, dass sich Deutschland und Irland ähnlich sind. Man spricht zwar eine andere Sprache, aber Irland ist trotzdem ein Land in Europa — wie anders kann das schon sein? Sehr anders, lautet die Antwort. Auch wenn ein großer Kulturschock ausbleibt, die kleinen Dinge zu entdecken, ist doch immer am Schönsten.

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