Der Film „Global Player – Wo wir sind isch vorne“ erzählt die Geschichte der fiktiven Firma „Bogenschütz und Söhne“, die seit Generationen im schwäbischen Hechingen (25km südlich von Tübingen) Textilmaschinen herstellt.Doch der Firma geht es schlecht: Aufträge bleiben aus – die Konkurrenz in Asien ist einfach billiger. Kredite werden auch schon lange nicht mehr bewilligt. Und zu allem Überfluss sträubt sich der 90 Jahre alte Seniorchef des Familienbetriebs gegen die vielleicht letzte Lösung: eine Kooperation mit chinesischen Investoren. Doch bevor alles zu spät ist, reist der Juniorchef und Sohn des Patriarchen doch noch vom Ländle nach Shanghai, um mit dem “Chines” zu verhandeln… Der Drehbuchautor Hannes Stöhr im exklusiven Interview
Ihre bekanntesten Filme (z.B. “Berlin is in Germany”und „Berlin Calling“) spielen in Deutschlands größter Stadt: Berlin. Wie kommt man dann darauf, einen Film im beschaulichen Hechingen spielen zu lassen?
Stöhr: Ich komme aus Hechingen, bin dort aufgewachsen, bin dort zur Schule gegangen und habe dort meinen Zivildienst gemacht. Meine Zivildienstzeit war dann auch übrigens meine große „Tübinger Zeit“: Blauer Salon, Sudhaus, Haaggasse… (lacht)
Seit 20 Jahren wohne ich in Berlin. Ich bin jedoch oft noch in Hechingen, Tübingen und Umgebung – Freunde und Familie wohnen hier.
Aber vielleicht muss man erst einmal in die Ferne gehen, um mit neuen Augen zu betrachten, was hier eigentlich wirklich vor sich geht.
Berlin ist – wenn wir von Globalisierung sprechen – vielleicht in vielen Dingen fortschrittlich. Der wirtschaftliche Kampf der Globalisierung wird jedoch gerade auch in der Provinz gekämpft. Das betrifft ganz klar auch mittelständische Betrieben in Tübingen, Hechingen oder ganz Baden-Württemberg. In Berlin wird ja oft nur verwaltet, nicht “gekämpft”.Diese Themen haben mich sehr interessiert. Und dann habe ich dazu mal recherchiert.
Liegt Ihnen Hechingen oder Schwaben als Heimat immer noch sehr am Herzen?
Stöhr: Natürlich ist der Film auch ein bisschen eine Liebeserklärung an meine Heimatstadt und die Menschen, die hier leben. Und an den schwäbischen Dialekt! Aber ich denke, es ist ein Film, der weit über Hechingen und Tübingen hinaus geht. Denn das Thema ist eigentlich mindestens von deutschlandweiter Bedeutung.
„Global Player“ ist ja ein sozial- und generationenkritischer Film: Belegschaft und Besitzerfamilie sind abhängig vom alten Mittelstandsbetrieb, der von ausländischen „Multis“ bedroht wird. Haben Sie wirklich solche Angst um die kleinen „Bogeschützens & Söhne“, die Baden-Württemberg so erfolgreich gemacht haben?
Stöhr: Naja, Ihre Frage ist ideologisch – ich sehe das nicht so, wie Sie fragen. Vor vielleicht 15 Jahren habe ich noch so gedacht.
Ich sehe keine „bösen Multis“. Die Sache ist viel, viel komplizierter und das erzählt der Film.
Mittelstandsfirmen stehen für die Ethik der Verantwortung, also dass Unternehmer auch für ihr Handeln haften. Das Lied vom „bösen Kapitalisten“ funktioniert in den meisten schwäbischen Mittelstandsbetrieben nicht. Das mag vielleicht in vereinzelten Betrieben mal zutreffen, verallgemeinern kann man das aber nicht.
Natürlich muss man Angst haben um diese Betriebe, aber ich bin guter Hoffnung, dass diese Firmen und ihre Unternehmenskultur Zukunft haben. Sollte dies jedoch keine Zukunft haben, dann wird es schwierig…
Aber was der Film auch aussagt: Chinesische Investitionen sind nicht per se schlecht. Der Film sagt nicht „böses, böses China“. Ich würde sagen, ob solche Investitionen gut oder schlecht sind, ist eine Einzelfallentscheidung.
Wenn Sie schon die Qualitäten des schwäbischen Unternehmers analysiert haben, mal grob gefragt: Was kann „de Schwob“, was der „Chines“ nicht kann?
Stöhr: Naja, ich glaube der Schwabe ist wirklich ein Erfinder. Das Wort „schaffen“ heißt anderswo „malochen, arbeiten oder buckeln“. Der Schwabe sagt jedoch „schaffen“, das ist etwas ganz anderes! In diesem Sinne heißt es eben nicht nur „arbeiten“, sondern auch etwas zu erfinden. Das ist zunächst mal eine echte Tugend. Und ich glaube, das ist beim Schwaben das Entscheidende.
Essen Sie lieber Spätzle oder gebratene Nudeln?
Stöhr: Spätzle! Definitiv!
Die Produktion wurde u.a. durch die Filmförderung Baden-Württemberg und die Deutsche Filmförderung unterstützt: Wie schwer ist es heute, einen humorvollen und hochwertigen Film wie „Global Player“ für die Kinos zu machen? Ist „der Amerikaner“ vielleicht auch ein Problem?
Stöhr: Naja, also Filmförderung ist zunächst ein rückzahlbares Darlehen. Das ist kein Geschenk! Wenn man weiter Filme machen will, muss man diese Darlehen zurückzahlen.
Und klar, unser Film konkurriert mit Filmen der Amerikaner oder der ganzen Welt. Und das ist auch gut so in einer „pluralen Gesellschaft“: Es muss verschiedene Meinungen und verschiedene „Welten“ geben.
Bisher schlägt der Film sich aber ganz gut! In der Region Neckar-Alb sind die Zuschauerzahlen unglaublich und auch immer mehr Kinos außerhalb von Baden-Württemberg buchen den Film. Aber es ist auch völlig logisch, dass ein Film, der in Baden-Württemberg spielt, nicht in den ersten drei Wochen in Hamburg ein Renner wird.
Mit Christoph Bach, Walter Schultheiß und Inka Friedrich haben Sie eine sehr prominente aber auch sehr baden-württembergische Besetzung für die Hauptrollen finden können. Wie sehr war es auch für diese drei eine „Herzenssache“ mitzumachen?
Stöhr: Es war für sie alle selbstverständlich! Aber es sind noch mehr: Der „Bankchef“, Hans Jochen Wagner, kommt aus Gönningen, Stefan Hallmayer, der „verlorene Sohne“, kommt aus Hechingen und dann noch Berthold Biesinger und Uwe Zellmer vom Theater Lindenhof.
Für viele war es wohl Anreiz, das Schwäbische nicht als Karikatur zu spielen, sondern authentisch – wie es wirklich ist. Also auch zu sprechen, wie man hier wirklich spricht. Dass der Facharbeiter anders redet als der Geschäftsführer ist ja selbstverständlich…
Warum sollte der Tübinger Student sich „Global Player“ im Kino angucken? Oder wie der Schwabe sagen würde: Warum ist es ein „muscht-have“?
Stöhr: Er wird irgendwann wissen wollen, wo er wohnt und wer die Menschen sind, die um ihn herum wohnen. Es ist ein Film aus der Region, der aber auch den angesprochenen wirtschaftlichen Zusammenhang und die Generationenfrage aufgreift. Das ist sicherlich etwas, was auf viele Gegenden in Deutschland übertragbar ist und Viele selbst kennen.