Ein Shampoo zum Trinken und Druckabfall als Dünger? Die Regionalgruppe „Cradle to Cradle“ setzt sich für eine grünere Umwelt und die kreative Wiederverwertung Müll ein. Philipp Hertling , Gründer der Cradle to Cradle e.V. Regionalgruppe Tübingen erzählt von seiner Initiative.
Was genau heißt „Cradle to Cradle“ und worum geht es dabei?
`Cradle to Cradle ` ist Englisch und bedeutet wörtlich übersetzt „von der Wiege zur Wiege“. `Cradle to Cradle` ist ein Kreislaufwirtschaftskonzept, bei dem alle zum Einsatz kommenden Materialien als Nährstoff gedacht und positiv definiert werden, sodass die daraus entstehenden Produkte für Mensch und Natur gleichermaßen unschädlich sind. Kern des Konzepts sind drei Grundprinzipien: 1. Abfall ist Nahrung 2. Nutzung erneuerbarer Energie und 3. Aktive Unterstützung von Vielfalt.
Es geht nicht mehr nur darum, die schädlichen Auswirkungen unserer Handlungen zu minimieren, sondern darüber hinaus auch darum, einen „positiven Fußabdruck“ zu hinterlassen.
Was bedeute ein „positiver Fußabdruck“?
Traditionell bedeutet Umweltschutz, dass ich weniger zerstöre, weniger verbrauche, weniger klimaschädliche Emissionen habe. Darauf zu achten reicht heute aber nicht mehr aus. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir nützlich für uns und unsere Umgebung werden können. Anstatt die menschliche Existenz auf dem Planeten in Frage zu stellen, sollten wir uns über den Sinn und das Wirken menschlichen Lebens Gedanken machen. Es geht um Kreativität, um schöpferisches Gestalten im Einklang mit der Natur.
Wie realistisch ist dieses Konzept?
Es gibt schon T-Shirts, die speziell für Hautkontakt gemacht wurden, kompostierbar und ohne giftige Schadstoffe. Oder ein Shampoo, das man rein theoretisch auch trinken könnte, weil alle Inhaltsstoffe unschädlich sind. Teppichboden, der die Raumluft reinigt und an den Hersteller zurückgegeben werden kann, kompostierbare Schuhe und einen Fernseher, der speziell für Innenräume produziert wurde. Aber auch Druckprodukte, bei denen Farben, Papier, Füllstoffe und Zusatzmittel so optimiert wurden, dass man die Asche nun bedenkenlos als Dünger in den Gemüsegarten streuen könnte. Ein anderes Beispiel ist ein Bürostuhl, der sich innerhalb einer Minute in all seine sortenreinen Einzelteile zerlegen lässt.
Die Liste kann noch viel weiter fortgeführt werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich für jeden Bereich Lösungen finden lassen, wenn wir zusammenarbeiten und unser Wissen austauschen. Inzwischen wurden ganze Häuser gebaut die Lebensraum spenden und Bäume gepflanzt die das Stadtklima verbessern indem sie die Luft und das Wasser reinigen.
Was hat dich bewegt, die Cradle to Cradle Regionalgruppe in Tübingen zu gründen?
Ich bin seit einem Seminar im Juli 2013 Mitglied des Vereins. Meine Motivation, mich für den Verein und das Cradle to Cradle Konzept zu engagieren, hängt maßgeblich von der positiven Botschaft ab, die damit einhergeht: Wenn wir von der Natur lernen und unsere Stoffströme intelligent managen, dann würde die Erde genug Platz für alle Menschen und noch mehr bieten.
Es ist ein tolles Gefühl Teil einer Gemeinschaft zu sein, die sich an den unterschiedlichsten Orten und auf die unterschiedlichste Weise für das Gleiche einsetzt, und ich mache das momentan zusammen mit sieben Anderen in Tübingen.
Was möchte der Cradle to Cradel Verein hier in Tübingen erreichen?
Der Cradle to Cradle e.V. hat sich 2012 gegründet. Jeder soll verstehen, um was es uns geht: Die enormen Herausforderungen von heute und morgen können nur mit einem kulturellen und gesellschaftlichen Wandel gelöst werden! Indem der Mensch sich als Nützling auf der Erde begreift und nicht als Schädling. Dieser Wandel soll Spaß machen, es soll eine Einladung an alle sein mitzumachen. Wir verstehen uns als Gemeinschaft, die Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft miteinander ins Gespräch bringt, um Lösungen zu formulieren und eine Koalition des Wandels zu kreieren.
Es wäre schön, wenn Cradle to Cradle auch in Tübingen selbstverständlich wird. Wir sind Anlaufstelle für alle Interessierten und Engagierten in der Region. In Kontakt mit der Umweltkoordinatorin der Universität Tübingen und anderen Gruppen wie zum Beispiel „Greening the University e.V.“ überlegen wir, welche Chancen und Möglichkeiten eine praktische Umsetzung von Cradle to Cradle an der Uni hat.
Ein paar Worte zum Abschluss?
Albert Einstein hat einmal gesagt: „Die großen Probleme dieser Welt können nicht mit derselben Denkweise gelöst werden, mit welcher wir sie verursacht haben.“ Diesen Satz gilt es zu beherzigen, wir sollten umdenken und unsere Rolle auf der Welt neu definieren.
Falls jemand Lust bekommen ht bei uns mitzumachen, einfach ansprechen, anmailen oder vorbeikommen, wir treffen uns regelmäßig im Weltethos-Institut in der Hinteren Grabenstraße in Tübingen. Wir freuen uns über Jeden der mitmachen will.
Was ist Cradle to Cradle? Kurz zusammengefasst: Das Video der Regionalgruppe Freiberg erklärt’s: http://www.youtube.com/watch?v=g1tIGLy3PHw (Stand: 21.11.2014)
Kommendes Event: C2C-Film- und Diskussionsabend im Weltethos-Institut, Hintere Grabenstraße 26 am 20. Januar 2015 um 20:30 Uhr.
Kontakt: tuebingen@c2c-ev.de