Jane Goodall, weltbekannte Affenforscherin und UNO-Friedensbotschafterin, stattete dem kleinen, unscheinbaren Tübingen am 7.12. einen Besuch ab. Eher unrühmlicher Grund hierfür: Die Tierversuche an der Universität und dem Max-Planck-Institut.
Eine untypische Mittwochabend-Szenerie im Hörsaal N6 auf der Morgenstelle: Bis zum letzten Platz besetzt, lauschen Menschen verschiedenster Altersgruppen aufmerksam der Rednerin. Keine Blicke auf Handys oder Kritzeleien auf dem Tisch. Die gesamte Aufmerksamkeit ist auf die kleine, alte Frau gerichtet, die ohne PowerPoint oder sonstige Hifsmittel einfach von ihrem Leben erzählt. Als sie fertig ist gibt es, wie schon bei ihrem Einzug, tosenden Applaus und minutenlange Standing Ovations.
Es handelt sich nämlich nicht um eine alltägliche Vorlesung, sondern um einen Vortrag von Jane Goodall, der weltbekannten Verhaltensforscherin und UNO-Friedensbotschafterin. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Verein Ärzte gegen Tierversuche e.V. in Kooperation mit Cruelty Free International, One Voice und dem Jane Goodall Institut Deutschland. Der Erlös der Tickets, die für 25 oder auch 50 Euro zugegebenermaßen nicht gerade studenten-freundlich waren, geht komplett an die letztgenannte Organisation.
Wie die restlichen Vereine schon vermuten lassen, ist das Hauptthema der Veranstaltung, wieder einmal, die Tierversuche in Tübingen. Zur Einführung sprechen zunächst mehrere Offizielle der verschiedenen Vereine, es wird ein etwas kitschiges Musikvideo gezeigt, in dem Bilder der gequälten Affen zu sehen sind.
Wie „little Jane“ zur Tierforscherin wurde
Dann beginnt Goodall zu erzählen. Nicht über Affen, sondern über ihre Kindheit: Wie sie im Alter von viereinhalb Jahren wissen wollte, wie Hühner Eier legen, da sie kein Loch sah dass groß genug für ein Ei war. Wie sie stundenlang im Hühnerstall darauf wartete, während ihre Eltern irgendwann besorgt die Polizei riefen. Wie ihre Mutter nie sauer auf ihre Neugier war, sondern sie förderte und ihr beibrachte, an ihre Träume zu glauben. Und schließlich, wie sie sich für die Affenforschung entschied:
„When I was 10 years old I found a little book in one of these 2nd Hand Bookshops and it was called Tarzan of the apes. […] I fell passionately in love with this glorious lord oft the jungle. And what did Tarzan do? He married the wrong Jane! […] That was when my dream began.“
Wie die Tierforscherin zur Aktivistin wurde
So zeichnet sie ihren Lebensweg mit kleinen Anekdoten, um schließlich bei einer Konferenz anzukommen, bei der die sinkenden Zahlen der Schimpansen, die Jagd auf diese Tiere, die Zerstörung ihres Lebensraums und schließlich den Tierversuchen.
„I went to that conference planning to continue my wonderful life in the field. I left as an activist.“
Nun behandelt die Forscherin das eigentliche Thema des Abends: Die Affenforschung. Sie erzählt von einem der Versuchstiere in einem Labor und in welch grausamen Zustand es war. Pendelnd von einer Seite zur anderen im Käfig, „the eyes were dead. […] I was in shock!“
Die Neurologen konnten ihre Probleme mit den Versuchen nicht verstehen. Auch nicht warum es zynisch war, mit den Affen zu reden und ihr anzubieten einen zu füttern. Doch, sagt sie auch:
„Maybe they behave the way they behave, because they haven’t understood.“
Sie schließt ihren Vortrag schließlich mit einem Aufruf zum Handeln, Organisationen zu unterstützen, wie ihr Jugendprogramm Roots and Shoots.
„We can get people behind us caring about climate change. We can get people who will stand up in such numbers that Donald Trump has to change his mind.“
Von der Kunst überzeugte Menschen zu überzeugen
Es ist schwierig dem Charme von Goodall zu widerstehen, ihrer faszinierenden Lebensgeschichte nicht zu verfallen. Wenn man den Abend allerdings reflektiert, fällt doch auf, dass er keine großen neuen Erkenntnisse gebracht hat und vieles immer noch schwarz und weiß ist.
Man ist gut, wenn man die Organisationen unterstützt und schlecht, wenn man es nicht tut. Die Affenforschung hatte noch nie positive Ergebnisse und muss sofort mit neuen Methoden ersetzt werden. Das Publikum im Raum stimmt dem natürlich größtenteils zu, da die meisten sowieso eher auf der Seite von Goodall befinden – schließlich haben sie auch bis zu 50 Euro für den Eintritt gezahlt. Es drängt sich die Frage auf, wie sinnvoll ein solcher Vortrag überhaupt vor bereits überzeugten Menschen ist, vor allem als bei der anschließenden Fragerunde, auch keiner kritische Positionen bezieht.
Dass das Max-Planck-Institut ständig wiederholt, dass die von ihnen durchgeführten Versuche zum Jahresende eingestellt werden, wird hingegen nicht erwähnt. Die Diskussion, ob Affenversuche für die Forschung wichtig sind, wird nur mit einem Nein abgetan, wobei die Frage offen bleibt, wieso das Max-Planck-Institut dann einfach das Gegenteil behauptet. Freilich liegt es nicht nur an Goodall, sondern auch an den Vereinen, dass vieles eher einseitig betrachtet wird. Dennoch ist klar, dass sich etwas an der Art und Weise der Versuche ändern muss.
Abschließend lässt sich festhalten, dass vielleicht nicht die Debatte zur Affenforschung der Mehrwert der Veranstaltung war. Viel mehr war es die faszinierende Persönlichkeit Jane Goodalls selbst und ihre inspirierende Lebensgeschichte, von der sich selbst Befürworter der Affenversuche wohl irgendwie verzaubern lassen würden.
Titelbild: CampusTV Tübingen.