Spätestens seit der Verlegung des Tübinger Poetry Slams ins LTT ist offensichtlich, dass die Tübinger Slamszene über sich hinauswächst. Denn Poetry Slam in Tübingen – das hat schon was. Der Student Richard König, der seit einem halben Jahr unter anderem in Tübingen auftritt, berichtet im Interview vom Leben als ‚Slam Poet‘.
Richard König studiert seit dem Wintersemester 2015 Allgemeine Rhetorik und Soziologie in Tübingen und widmet sich seit etwa einem Jahr dem Schreiben von (lyrischen) Texten. Der 23-Jährige kann mit fast 30 Slam-Auftritten stolz auf sechs erfolgreiche und ereignisreiche Monate zurückblicken – denn sein erster Auftritt liegt nicht länger als ein halbes Jahr zurück.
Wie kam es dazu, dass du mit Poetry Slam angefangen hast?
Ich habe vor einem Jahr angefangen, Prosatexte zu schreiben und dabei sehr schnell gemerkt, dass meine eigentliche Vorliebe den Reimen gilt. Dann habe ich viele verschiedene Stilmittel und Metren ausprobiert und bin bei Lyrik-Texten geblieben. Bei meinem ersten Auftritt wollte ich eigentlich nur mal ausprobieren, wie es ist, einen von meinen Texten auf der Bühne vorzutragen. Dabei habe ich schnell Gefallen am Vortragen vor Publikum gefunden. Beim Poetry Slam ist die Reaktion des Publikums einfach so direkt und man hat das Gefühl, dass man direkt mit dem Publikum interagiert.
Wie entsteht so ein Text, und wie findet man die Themen zu den Texten?
Das ist eine gute Frage! Meistens sind es einfach Fragen, die ich mir persönlich stelle, sowas wie: „Was halte ich von dem Thema ‚Erwartungshaltung‘?“ Es kommt vor, dass ich mich auf humoristische Art und Weise über bestimmte Dinge lustig mache (lacht). Und manchmal sitze ich einfach zuhause, mir gehen tausend Gedanken durch den Kopf und bevor ich überhaupt nachdenken kann, habe ich schon einen Stift in der Hand und schreibe irgendetwas dazu auf – woraus dann manchmal Slam-Texte entstehen. Ich habe bis jetzt etwa so zehn bis zwölf Texte, die ich, je nachdem wie ich mich fühle, auf unterschiedlichen Bühnen vortrage.
Das heißt, oft kommt die Inspiration einfach von selbst? Da werden manche Studierende, die gerade an ihren Hausarbeiten sitzen, ganz schön neidisch sein.
Ja, aber wenn man sich einfach so mit einem leeren Papier hinsetzt, dann passiert meistens auch nichts. Wenn ich irgendwo bin, wo ich eigentlich gar nicht damit rechne – dann kommen auf einmal tausend Gedanken. Deswegen habe ich eigentlich immer ein Tagebuch dabei.
In Tübingen kennt man dich ja schon ganz gut, aber in welchen Städten hattest du sonst schon Auftritte?
In Tübingen selbst war ich schon vier Mal im Schlachthaus auf der Bühne, aber angefangen hat alles im letzten Oktober in Reutlingen. Sonst war ich auch schon in Karlsruhe, in Leonberg und in Ulm. In Ulm hatte ich meinen größten Auftritt vor 650 Leuten, da war ich total aufgeregt (lacht). Der Auftritt wurde später auf YouTube hochgeladen, was mich natürlich sehr gefreut hat.
Wie bereitet man sich denn vor, wenn man auf die Bühne muss und vor all diesen Menschen einen Text vortragen soll?
Das ist jedes Mal unterschiedlich. Manchmal bin ich vorher total entspannt, manchmal total aufgeregt. Ich gehe meinen Text meistens im Kopf nochmal durch und stecke mir den Zettel für den Notfall in die Tasche. Das Schöne ist: Man ist gar nicht so aufgeregt, weil man nicht auf sich allein gestellt ist. Denn es gibt ja noch andere Poeten, die bei den Veranstaltungen backstage sind und mit denen man sich unterhalten kann.
Hast du irgendwelche Vorbilder?
Ich habe schon recht früh angefangen, mir Poetry Slam Auftritte anzuschauen. Da gibt es auch einige Namen, die man nennen könnte, die nicht nur den Kennern ein Begriff sind, so wie Julian Heun oder Sebastian 23.
Gibt es noch irgendetwas, was du angehenden Tübinger Slam Poeten mitgeben willst?
Jedem, der auch nur ein bisschen Faszination für Sprache hat und gerne schreibt, dem kann ich empfehlen, es auch mal auszuprobieren. Die Szene ist sehr offen für Neueinsteiger. Es macht super viel Spaß und man lernt interessante Menschen kennen. Ich habe durch Poetry Slam in sehr kurzer Zeit unfassbar viel gehört und erlebt. Für mich persönlich ist auch in Zukunft noch so einiges geplant. Ich habe einige Termine in Bayern und Frankfurt, und außerdem plane ich eine kleine Tour, bei der ich an vier Poetry Slams am Stück teilnehme.
Nächste geplante Termine in der Nähe:
Foto: Katharina Lang