Nach einem enttäuschenden Saisonbeginn, waren die Tigers Tübingen am Freitagabend in der heimischen Paul-Horn-Arena gefordert gegen Phönix Hagen eine Reaktion zu zeigen. In einer ansehnlichen und mitreißenden Partie mussten die Fans dabei einiges Auf und Ab über sich ergehen lassen.
Niederlagen hinterlassen gerne einmal Spuren. Die Spuren eines Abstieges sind, wie im Falle der Tigers zu beobachten ist, jedoch um einiges tiefer. Während der Schmerz des Abstiegs sicher noch tief in den Knochen saß, wurde bereits deutlich, dass ein großer Teil des Kaders nicht den Weg mit in die zweite Liga gehen würde. Spätestens als der Hauptsponsor der Tigers ankündigte den Umfang seiner Unterstützung zu verringern – und so auch der Vereinsname gekürzt werden musste – wurde deutlich, dass in der zweiten Liga ein Neuanfang nötig sein würde. Mit einer ganzen Reihe an neuen Spielern ging es also in die neue Saison. Darunter eine Mischung verschiedenster Spieler wie dem US-Amerikaner Elijah Allen oder dem erst 18-jährigen Nemanja Nadjfeji, der aus der eigenen Jugend in den Profibereich vorstieß.
Optimismus und Aufbruchstimmung wichen zu Saisonbeginn allmählich wieder den ersten Spuren der Verbitterung, die das Tübinger Publikum aus der Vorsaison gewöhnt war. Anstatt eines Angriffs auf den sofortigen Wideraufstieg standen nach sieben Spieltagen magere zwei Siege und fünf Niederlagen zu Buche. Im Heimspiel gegen Tabellennachbarn Phönix Hagen drohte bei einer Niederlage sogar das Abrutschen auf einen Abstiegsrang. Einige Dinge machten für das Spiel gegen den langjährigen Bundesligakontrahenten zumindest Mut. So hatte man in der heimischen Paul-Horn-Arena bisher zwei der drei absolvierten Spiele gewinnen können und überzeugte mit einer der besten Offensiven der Liga. Die große Schwachstelle war die Defensivarbeit der Tigers, die bisher mehr Punkte gegen sich zuließen als jeder andere Konkurrent und auch im Spiel gegen Phönix Hagen wieder Schwächen offenbaren sollten.
Spielbericht – das erste Viertel
Schon vor Beginn der Partie war die Unterstützung für den potenziellen Befreiungsschlag groß. An Zuschauern mangelte es in der Halle trotz Liga Zwei nicht und auch Center Robert Nortmann, auf den die Tigers weiterhin aus Verletzungsgründen verzichten müssen, feuerte die Mannschaft von der Bank aus an. Ein Schild auf der Tribüne wies die Tübinger zudem auf das hin, was heute nur allzu nötig war: „Spielt mit Herz“. Etwas viel Pathos, sicher, aber die Forderung sollte Wirkung zeigen. Wobei die ersten Minuten böses erahnen ließen. Zwar zeigte sich Tübingen in der Offensive wieder einmal zielstrebig und durchsetzungsstark, ließ aber genau diese Eigenschaften in der Defensive vermissen und profitierte höchstens von einigen Fehlern im Hagener Offensivspiel. Vor allem im Eins-gegen-Eins schienen die Tübinger immer wieder vor unlösbare Aufgaben gestellt und hielten zusätzlich viel zu viel Abstand zu ihren Gegenspielern. Zumindest bei freien Bällen war der der Biss der Tigers zu erkennen und dank des guten Zusammenspiels ging es mit einer 27:20-Führung in die erste Pause.
Knappe Führung
Im zweiten Viertel sollte diese schnell schwinden. Zwar bekam die Tübinger Defensive das Blockspiel der Phönixe nun endlich in den Griff und behauptete sich auch zunehmend im Eins-gegen-Eins, allerdings wurden die Gäste auf den Außenpositionen teils sträflich alleine gelassen. Das nutzten diese für eine Reihe von Dreiern und gingen so Mitte des zweiten Viertels zum ersten Mal in Führung. Das heraufbeschworene Tigerherz schien daraufhin erst einmal in die Hose gerutscht zu sein und die Fans sahen mit an wie Hagen zu enteilen drohte. Dank drei verwandelter Dreier von Wolf und Timmer (22 Punkte am Abend) sowie einem Hagener Ballverlust mit darauffolgendem unsportlichem Foul, herrschte zur Halbzeit dann aber doch wieder Aufregung auf Parkett und Tribüne bei einer knappen 1-Punkte-Führung für Tübingen.
Es läuft wieder
Zu Beginn des dritten Viertelsbrach Hagen plötzlich ein und die Tigers starteten mit einem 7:0-Lauf. Zu dieser Zeit trat auch Youngster Nemanja Nadjfeji zum ersten Mal in Erscheinung als er einen starken Offensivrebound sicherte und wenige Sekunden später einen Wurf für drei Punkte im Korb unterbrachte. Dieser Schwung und die Begeisterung der Halle wurden von der Mannschaft daraufhin mitgenommen und auf einmal gelang es auch vor dem eigenen Korb näher am Gegenspieler zu bleiben und die Hagener reihenweise zu schwierigen Würfen zu zwingen. Der Vorsprung wuchs dabei stetig an und nach einem ansatzlosen Dreier von Tyler Laser (mit 29 Punkten bester Werfer des Abends) ging es unter lautem Jubel mit einer 81:63-Führung in den letzten Abschnitt.
Die Zufriedenheit der Zuschauer war unüberhörbar und sicherlich auch ein Ergebnis dessen, dass die Tübinger nun wirklich das von ihnen verlangte Herz zeigten. Allerdings trug auch Hagen zur nun sehr hohen Intensität der Partie bei, die von vielen harten Duellen geprägt war. Ein richtiges Mittel fanden die Gäste aber nicht mehr während die Tübinger sich wieder auf ihre Offensive verlassen konnten und durch hohe Geschwindigkeit und ein hervorragendes Passspiel den Abstand hielten. Zum Ende spielte man sich geradezu in einem Rausch und so konnten die Fans in den letzten Minuten einige schöne Offensivaktionen der nun völlig losgelöst aufspielenden Tigers genießen. Am Ende standen ein klarer 113:87-Erfolg, eine aufgebesserte Bilanz von 3:5 Siegen und ein begeistertes Publikum. Der Optimismus war wieder da, das Herz sowieso…
Fotos: Thomas Dinges