Wer der Spur der Mode folgt…

Woher kommt meine Kleidung? Was passiert mit meiner Kleidung, wenn ich sie nicht mehr brauche? Solche und ähnliche Fragen stellen sich immer mehr Menschen. Antworten und Denkanstöße liefert der neue Actionbound „Der Mode auf der Spur“. Kupferblau hat das Spiel für euch ausprobiert.

Meine innere Studenten-Uhr steht auf „definitiv viel zu früh“, als wir uns am Freitagmorgen um 8.30 an der Stadtbibliothek treffen. Hier wollen wir an einer digitalen Schnitzeljagd, einem so genannten Actionbound, zum Thema Faire Mode in Tübingen im Rahmen der FAIRstrickt-Aktionswoche teilnehmen. Gemeinsam mit einer 7. Klasse der Französischen Schule machen wir uns zunächst daran, die zehn umsatzstärksten Unternehmen der Modebranche in die richtige Reihenfolge zu bringen. Auf den ersten Plätzen, wenig überraschend, Nike, die Inditex-Gruppe, zu der unter anderem Zara gehört und H&M.

Eine kurze Einführung gab es in der Stadtbibliothek mit Infos zu bekannten Modemarken wie Adidas und Nike.

Und dann geht es los: Nachdem wir uns die Actionbound-App heruntergeladen haben, ist Team Kupferblau startbereit. Die erste Aufgabe gibt es direkt vor der Stadtbibliothek (wir bekommen fünf Punkte, weil wir den Ort gefunden haben): Macht ein Gruppenfoto, auf dem ihr eure Lieblingskleidungsstücke hervorhebt. Das Selfie, das im Ergebnis entsteht, enthalten wir euch aus ästhetischen Gründen besser vor…

Tonnenweise Altkleider

Weiter zur nächsten Station, ein Altkleidercontainer. Die Stationen müssen nicht in der vorgegebenen Reihe gespielt werden, so kommen sich die Gruppen nicht ins Gehege. An dieser Station fragt uns die App, wie viele Tonnen Kleidung jedes Jahr in Deutschland in Altkleidercontainern landen. Unsere Vermutung, 60.000t, kommt der Realität nicht mal nahe. Tatsächlich würde die in Deutschland jedes Jahr entsorgte Menge an Altkleidung, gemessen in LKW-Ladungen, ausreichen, um eine LKW-Schlange von Flensburg bis Innsbruck zu bilden – Luftlinie rund 850km. Aus Mangel an Passanten, die wir für die nächste Aufgabe, eine Umfrage, befragen könnten (ich wiederhole mich: Es ist eindeutig noch zu früh und es nieselt auch noch!), gehen wir direkt zur nächsten Station.

Die führt uns in den Contigo-Fairtrade-Shop. Wie der Name schon sagt, gibt es hier Waren aus fairem Handel und zu jedem Produkt gibt es Herstellerinformationen. Auch über zusätzliche Pluspunkte der Hersteller, wie z.B. die Förderung Alleinerziehender oder Behinderter, informiert Contigo. Darum fällt es uns auch schwer, die Aufgabe zu lösen: Was gefällt euch am besten an den vorgestellten Produzenten? Wir finden: Alles tolle Initiativen! Anschließend müssen wir noch die zehn Prinzipien des fairen Handels sortieren, bevor wir wieder in das kalte Nieselwetter treten. Nächste Station: Holzmarkt.

Die Kampagne #WhoMadeMyClothes soll die Hersteller auffordern, ihre Lieferanten zu veröffentlichen, um damit bessere Arbeitsbedingungen in der Lieferkette zu erreichen.

Mit Blick auf die Filialen von H&M und New Yorker geht es an dieser Station um die Arbeitsbedingungen in den produzierenden Ländern. Ein kurzer Film informiert über die Katastrophe des Rana Plaza, bei der 2013 über tausend Menschen starben, hauptsächlich Textilarbeiter*innen. In der Folge formierte sich globaler Protest gegen die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie, zahlreiche Kampagnen wurden ins Leben gerufen, so z.B . fashionrevolution und #whomademyclothes. Unsere Aufgabe hier: Ein Foto zu letzterem Hashtag zu machen. Die Kleidungsstücke werden umgedreht, sodass das Label zu sehen ist. So sollen die Modemarken direkt angesprochen werden. Da allerdings keiner von uns Lust auf einen Striptease auf dem Holzmarkt hat, beschränken wir uns bei dem Foto heute auf unsere Jacken.

Second Hand kaufen statt neue Kleider in den Umlauf zu bringen

Wenige Schritte weiter erwartet uns die nächste Station, der Second-Hand-Laden Unikat. Hier setzen wir uns mit allgemeinen Aspekten von Second-Hand-Läden auseinander und überlegen, wodurch unsere Outfits eigentlich beeinflusst werden. Zum Schluss haben wir noch sehr viel Spaß dabei, ein echtes Vintage-Outfit zu kreieren. Dann eilen wir weiter zur nächsten Station, ebenfalls ein Bekleidungsgeschäft: Style afFAIRe.

Baumwolle ist ein beliebter Rohstoff für Kleidung – aber Hanf zum Beispiel ist umweltfreundlicher und zieht so langsam nach.

Neben jeder Menge Kleidung aus fairem Handel, Bio-Baumwolle und/oder recycelten Materialien erwartet uns hier eine Aufgabe: Wir müssen Fasern aus Baumwolle, Hanf, Viskose und recyceltem Polyester den daraus hergestellten Stoffen zuordnen. Gar nicht so einfach! Danach spielen wir noch ein Quiz und staunen über einige der Fakten: So produziert die Herstellung von recyceltem Polyester zum Beispiel 37% weniger CO2 als die Herstellung von Polyester aus Erdöl.

Bei der letzten Station, der Handweberei, erwarten uns Beate Lorenz-Wiese und ihr Team. In dem kleinen Inklusionsbetrieb arbeiten die Mitarbeiterinnen noch mit den traditionellen Handwerksmethoden. Beate Lorenz-Wiese zeigt uns, wie Wolle mit dem Spinnrad gesponnen wird, sie braucht ca. eine Stunde für 100g Wolle. Die gesponnene Wolle wird entweder verkauft oder an den Webstühlen zu Stoffen weiterverarbeitet. Der Zeitaufwand für handgewebte Stoffe ist enorm und wir bekommen ein ganz anderes Verständnis dafür, wie viel Arbeit trotz vieler automatisierter Schritte immer noch in einem Kleidungsstück steckt.

Action für alle Interessierten

Zurück an der Stadtbibliothek werden wir von Marieke Kodweiß vom EPiZ und ihrem Team in Empfang genommen. Nach und nach trudeln auch die Schüler*innen und die Betreuer*innen der einzelnen Stationen ein. Währenddessen erklärt uns Kodweiß, dass der Actionbound auch nach der Aktionswoche noch spielbar sein wird. „Im Prinzip kann jeder den Actionbound einfach für sich spielen. Auf Anfrage können wir aber auch Referent*innen für die einzelnen Stationen zur Verfügung stellen, zum Beispiel für Schulklassen.“ Das Ziel des Actionbound sei es gewesen, dass sich Schüler*innen, aber auch andere Interessierte mit der Thematik der fairen Mode auseinandersetzen und Denkanstöße bekommen, welche Alternativen es gibt und wo man diese in Tübingen finden kann.

Das Team Kupferblau hat den Actionbound auf jeden Fall erfolgreich beendet: 75 von 85 möglichen Punkten (wir haben vergessen, ein Audio aufzunehmen… ). Spaß hat uns die Stadtrallye trotz der frühen Morgenstunde (die inzwischen eher zur Mittagsstunde geworden ist) und des Nieselwetters gemacht. Sie hat uns zum Denken angeregt und obwohl wir alle schon Vorkenntnisse über die Thematik hatten, konnten wir noch einige neue Dinge lernen und neue Orte entdecken. Wer sich also für faire Mode im Allgemeinen und Optionen in Tübingen im Besonderen interessiert, dem sei der Actionbound „Der Mode auf der Spur“ sehr empfohlen!

Fotos: Lisamarie Haas

 

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