Anlässlich des hundertjährigen Jubiläums des Frauenwahlrechts referierte die Amerikanistin Stefanie Schäfer vergangenen Mittwoch im Deutsch-Amerikanischen Institut über die Schnittstellen von „Mode, Feminismus und First Ladies in den USA“. Wie die First Ladies Frauenbilder und Politisches über Mode verhandeln, zeigte Schäfer eindrücklich an den zeitgenössischen Figuren Melania Trumps und Michelle Obamas. Ein kleiner Exkurs in die Kulturwissenschaft, dem eine eifrige Schlussdiskussion folgte.
„Die First Lady funktioniert ähnlich wie ein Modetrend: sie ist immer neu, nicht bei allen populär und hat tatsächlich das Potenzial, stilbildend zu funktionieren“, beginnt die Professorin aus Erlangen ihren Vortrag. Denn bei geschickter Inszenierung und Initiative hat eine First Lady durchaus „Influencer-Potenzial“. Dies zeigt auch ein Blick auf die First-Ladies-History: Nicht nur Jacky Kennedys Ausstrahlung machte das Amt über die Landesgrenzen hinweg bekannt, auch Hillary Clinton war in den 90er Jahren sehr populär. Dass sie sich in politischen Diskurs einbrachte scheiterte allerdings, denn „die First Lady darf nicht die Erlaubnis haben, Policy zu schreiben“. Das Amt der First Lady ist eben eher repräsentativ.
Durch Mode Sprechen: Eine kleine Kulturtheorie
Die Rolle der First Lady beschreibt Schäfer als Schnittstelle zwischen nationalen und kulturellen Mythen. Der First Lady fehlt zwar die politische Entscheidungsmacht, sie kann sich laut Schäfer jedoch durch die Mode, beziehungsweise durch ihren „modisch sprechenden Körper“ positionieren und inszenieren. Mode und Kleidung bilden also ein eigenes Zeichensystem und dienen heute in erster Linie der individuellen Selbstinszenierung, die dadurch eine Sprachmacht entfalten könne.
Die Sprachmacht zweier Portraits
Diese Sprachmacht zeigt Schäfer anschließend am Beispiel der beiden offiziellen First-Lady Fotoportraits: Michelle Obama steht im ärmellosen Kleid auf der Regierungsebene des Weißen Hauses, die amtierende First Lady lässt sich hingegen auf der Familienetage fotografieren, mit verschränkten Armen und hochgeschlossener Bluse. Michelle Obama gilt laut vielen Kommentatoren als unabhängige „self-made woman“, die ihrem Mann partnerschaftlich zur Seite steht, einen erkennbar weiblichen Modestil entwickelt und damit auch ein Zeichen gegen schwarze Stereotype gesetzt habe, so Schäfer. Melania Trump hingegen erfülle ihre Rolle eher dem patriarchalischen Prinzip getreu – in ihrer bisherigen Amtszeit habe es weit weniger „public appearance“ gegeben, dafür aber den ein oder anderen modischen Skandalon.
„I really don’t care, do U ?“
Eine Jacke mit provokanter Aufschrift auf Reise als „social activist“ zur mexikanischen Grenze, ein Kolonial-Hut auf Afrikareise und „Sturm-Stilettos“ im Hurrikan-Gebiet: ob Melania anhand ihrer modischen Inszenierung als „captive princess“ oder heimliche Rebellin des Weißen Hauses gedeutet werden mag – über das eigene Selbstverständnis ihrer Rolle erfahren wir nichts, solange sie sich nicht äußert. „Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Inszenierung eine eigene Sprache spricht, die Mode also an sich spricht“, denn auch wenn die First Lady nicht spricht, wird der Blick auf ihre First-Ladyschaft eben fiktional inszeniert, rezitiert Stefanie Schäfer die nigerianische Schriftstellerin Adichie, deren „Mikronovell“ über die fiktionale Melania sie soeben vorgestellt hat. Stephanie Schäfer schließt mit den Worten, dass First Ladys die Präsidentschaft ihres Mannes nicht nur als schmückendes Beiwerk, als „ornamental part“ ausgestalten, sondern vielmehr das Fundament der Präsidentschaft bilden und diese erst durch ihre Anwesenheit vollständig legitimiert ist.
Warum niemand über Deutschlands First Lady bzw. den Kanzlergatten spricht und ob sich die Rolle der First Lady in popkulturellen Medien, z.B. in House of cards, reflektiert, waren nur einige der Fragen, die im Anschluss des Vortrags rege diskutiert wurden. Eine Frage blieb jedoch unbeantwortet: wann wird die First Lady durch eine Präsidentin ersetzt?
Fotos: Christine Scharf