Clara Zetkin: Frauenwahlrechte sind mehr als nur soziales Recht

Am vergangenen Montagabend um 19 Uhr wurde im Ratssaal des Rathauses ein weiteres Mal das Jubiläum des Frauenwahlrecht gewürdigt. Das 100-jährige Bestehen wurde dort von der Rosa Luxemburg-Stiftung Baden-Würtemberg sowie den Linken mit einem historischen Vortrag über Clara Zetkin geehrt. Die Historikerinnen Nicola Hille und Anna Held kommen aus Stuttgart und sind dort Gleichstellungsbeauftragte an der Universität.

Begrüßung im Ratssaal durch Gerlinde Strasdeit von den LINKEN.

Wahlrecht ist soziales Recht

Der Fokus des gut besuchten Vortrags lag hauptsächlich auf Clara Zetkin und ihrer Person, da die Frauenrechtlerin im Kreis Stuttgart bemerkenswert aktiv war, was das Frauen(-wahl)recht angeht. Mit ihrer Politik leistete sie auch den ein oder anderen Beitrag zur endgültigen Durchsetzung des Frauenwahlrechts am 13. November 1918. Sie war eine Vorkämpferin und Repräsentantin der proletarischen Frauenbewegung, die sie zu Beginn als Teil der allgemeinen sozialen Emanzipation und des sozialen Rechts verstand. Später erkannte sie, dass zur Durchsetzung die Autonomie der Frauenbewegung notwendig war, um zum Ziel zu gelangen.

Fotographie von Clara Zetkin

Frauenrechte sind mehr

Im Zuge des internationalen Sozialisten-Kongress in Stuttgart 1907 stellte die Frauenrechtlerin klar, dass alle Länder verpflichtet seien, energisch für das Frauenwahlrecht zu kämpfen. Die sozialdemokratische Redaktionsleiterin der ‚Gleichheit‘, einer Zeitung, die in Stuttgart vom Diez Verlag heraus gegeben wurde, machte durch die populäre Zeitschrift viele Leser auf den Frauenkongress aufmerksam. Die Zeitschrift war, bevor Zetkin abgelöst wurde, eine der führenden Zeitschriften der Sozialbewegung, stellte gegenwärtige Positionen dar und forderte Änderungen. Clara Zetkin stellt auf dem populären Kongress die Zustände der damaligen Frauenrechte dar. Ausgeschlossen vom politischen Wahlrecht durch den Staat und von ihren Ehemännern eingegrenzt in ihren Möglichkeiten Berufe auszuüben, gab es für Frauen so einiges, was es zu ändern galt. Das erkennt Zetkin auch, als ein männliches Mitglied ihrer Partei meint:

„Seid ihr so weit, dass ihr eine Frau für diese Arbeit nehmen müsst? Hattet ihr keinen Mann um den Posten zu besetzen?“

An diesem Punkt erkennt die Frauenrechtlerin, dass es Zeit ist, den Geschlechterunterschied mehr zu betonen und den Fokus vom sozialen Aspekt der Emanzipation ein wenig umzuwandeln. Bei dem nächsten Kongress in Kopenhagen war Clara Zetkin nicht unbeteiligt daran, dass es einen ‚Internationalen Frauentag‘ geben sollte. Dieser wurde später auf der 8. März gelegt, in Erinnerung an die Februarrevolution in Russland.

Nicola Hille

Nicht nur Frauenrechtlerin

Ihr weiteres politisches Engagement zeigt sich in der Anti-Kriegspropaganda, die sie ohne Unterstützung durch ihre Partei durchführt. Im Endeffekt ist dies der Grund für die Abgrenzung bzw. den Ausschluss aus der Partei der Frauenrechtlerin und einiger anderer Mitglieder. Die Zeit der weiterhin politisch aktiven Frau in Stuttgart ging 1920 zu Ende, ihr letzter öffentlicher Auftritt war 1932 bei der Reichstageröffnung.

Anna Held

Was noch kam und ob noch etwas kommt?

Nicola Hille und Anna Held führen nach ihrem Vortrag über Clara Zetkin weiter aus, inwiefern die Einführung des Frauenwahlrechts nur die erste Phase von dreien der Emanzipation war. Sie legten weitere fest, eine Phase der 1960er Jahre, die sich mit der Diskriminierung der Frauen auseinander setzte und eine Phase in den 1990ern, als es um die endgültige Gleichstellung der Frau ging. Am Ende stellten sie die Frage: Haben wir alles erreicht was wirklich notwendig ist? Die Forderungen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts gestellt wurden, sind sie nun endlich erfüllt? Haben wir volle Gleichberichtigung? Sind Frauen und Männer sich gleich, was Bildungschancen, Berufschancen und Lohngleichheit betrifft? Diese Frage wurde mit Schmunzeln beantwortet. Es bleibt wohl auch heute noch einiges zu tun.

Fotos: Marko Knab

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