Das Wort, das nicht genannt werden darf: Hoch-schul-po-li-tik. Na, schon eingeschlafen? Selbst politisch interessierte Studierende kümmert es häufig herzlich wenig, was vor der eigenen Nase so beschlossen und verordnet wird. Komplizierte Gremienstrukturen, eine kaum vorhandene Öffentlichkeitsarbeit und bürokratische Prozesse machen (nicht nur) den Studierendenrat an der Uni zu einer großen „Black Box“ für Studierende. Dabei kann ein Studierendenrat, andernorts auch AStA, große Steine ins Rollen bringen. Wie? Das zeigen folgende Beispiele.
Notlagenstipendium – von Studis für Studis
Was macht ein Student, wenn der eigene Vater sich weigert, einen finanziell im Studium zu unterstützen, aber dann auch nicht die Formulare ausfüllt, mit denen er Bafög beantragen könnte? Für Fälle, wie den des Florian W., welcher im Studium mit 120 Euro monatlich auskommen musste, war das Notlagenstipendium des Heidelberger StuRas eine enorme Unterstützung. Auch in Freiburg gibt es bereits ein Notlagenstipendium. Drei Monate lang kann Studierenden, die in eine finanzielle Notlage geraten sind, bis zu 650 Euro ausgezahlt werden. Die gute Nachricht: Dank dem Engagement der Juso HSG wird es das Notlagenstipendium voraussichtlich auch ab nächstem Semester in Tübingen geben.
Mit dem ICE zur Uni
Das Verhandlungstalent des Marburger AStAs wird seit langem schon außerhalb der hessischen Landesgrenzen bewundert und neidvoll beäugt. Dem AStA Referat Verkehr gelang es, ein Semesterticket auszuhandeln, welches nicht nur Regionalverkehr, sondern auch IC/ECs und sogar ICEs beinhaltet – und das im gesamten Bundesland! Stolze 194,33 Euro des Semesterbeitrags zahlen Studierende an der Universität jedes Semester, um das Angebote in drei Verkehrsbünden, des DB Fernverkehrs und ein Fahrradverleihsystem nutzen zu können. Für diesen Preis hat sich eine Tübinger Studentin jedoch noch nicht mal ein VVS-Anschlussticket nach Stuttgart gekauft (299 Euro). Und sogar dorthin würde man mit einem Marburger Ticket wahrscheinlich ähnlich schnell und günstig kommen: Bis Heidelberg darf man nämlich noch kostenlos ICE fahren.
Psychosoziale Beratung für Studis
Das Bewusstsein für „mental health“-Probleme wie zum Beispiel Depressionen oder Essstörungen wächst besonders unter jungen Leuten – parallel zu der steigenden Anzahl an Betroffenen. Doch Therapien sind oft stigmatisiert, die innerlichen Hürden für eine Anmeldung hoch und die Wartezeiten lang. Deswegen bietet die Uni Bonn zweimal wöchentlich eine Erst- und Zweitberatung für Menschen mit psychosozialen Problemen jeglicher Art an. Von diesem niederschwelligen Angebot aus können Studierende dann weitervermittelt werden, wenn sie langfristig Hilfe in Anspruch nehmen möchten.
StuPa, StuRa, AStA – also was denn jetzt?
Die Organe der verfassten Studierendenschaft heißen an jeder Universität anders. Alle haben jedoch die Aufgabe, die Interessen der Studierenden innerhalb und außerhalb der Universität zu vertreten. Während in Tübingen und Freiburg ein StuRa, ein Studierendenrat gewählt wird, gibt es zum Beispiel in Mannheim oder Frankfurt ein StuPa, ein Studierendenparlament, aus dem eine Koalition heraus dann den AStA (Allgemeine Studierendenausschuss) bildet. In Mannheim oder Frankfurt ist das StuPa somit die Legislative und der AStA die Exekutive. In Tübingen dagegen besteht die Exekutive aus drei Mitgliedern des Studierendenrats: Zwei gemeinsame, gleichgestellte Vorsitzende und ein*e Finanzreferent*in.
Sommerfestivals für jeden und jede
In Paderborn veranstaltet der AStA jährlich ein Sommerfestival mit Headlinern wie Rin, Von wegen Lisbeth oder Nura von SXTN. Bis zu 14.000 Besucher*innen kamen diesen Juni in den Genuss des eintägigen Festivals. Auch beim Tübinger Ract! Festival waren dieses Jahr um die 14.000 Besucher da und es ist völlig kostenlos. Ohne die finanzielle Unterstützung des StuRa und des AK Ract! wäre das beliebte Festival im Anlagenpark nicht Realität geworden.
Fahrradreparaturwerkstätten auf dem Campus
Erst diesen Juni eröffnete die AStA-Fahrradwerkstatt auf dem Campus der Frankfurter Goethe-Universität. Hier können Studierende ihre Fahrräder kostenlos reparieren lassen. Der Verein „Gemeinnützige AStA-Fahrradwerkstatt e.V.“ finanziert sich jeweils zum Teil aus AStA-Fördermitteln, aus dem Verkauf von Ersatzteilen und aus Spenden. Auch in Mannheim gibt es eine Fahrradwerkstatt.
Klage gegen Anwesenheitspflicht
Als der Mannheimer Student und AStA-Referent Stephan Fuhrmann 2017 gegen die 100-prozentige Anwesenheitspflicht im B.A. Politikwissenschaft klagte, unterstützte der Mannheimer AStA die Klage finanziell und argumentativ. Die Anwesenheitspflicht verstoße gegen das Grundrecht der Berufs- und Wissenschaftsfreiheit, urteilte auch das Verwaltungsgericht Mannheim. Unklar ist momentan, wie eine mögliche, von der Uni geplante, Mitarbeitspflicht das Urteil umgehen könnte.
Bettenbörsen für den Semesterstart
Wohnungsnot ist ein Problem in vielen Uni-Städten. In Tübingen sowie andernorts gibt es deswegen das Angebot einer Bettenbörse für Erstis und höhere Semester. Dies ist zwar nur Symptombekämpfung, kann für die einzelne Person jedoch entscheidend sein. Denn wer möchte schon gerne die ersten Tage im Semester in der Jugendherberge oder im Zelt übernachten? Wenn du einen Schlafplatz anbieten kannst, oder einen suchst, kannst du dich hier eintragen.
Ein Hinweis noch: Die meisten hier aufgezählten Projekte und Aktionen lassen sich nicht nur an den genannten Unis wiederfinden, sondern oft noch an vielen anderen, die der Einfachheit halber nicht alle aufgezählt wurden.
Am 02. und 03. Juli finden die diesjährigen Uni-Wahlen statt. Auch die Vertreter*innen für den StuRa werden gewählt. Informationen zum Ort der Wahllokale, Kadidat*innen und zum Ablauf der Wahl gibt es hier.
Wer noch nicht weiß, wen er wählen soll: Hier haben wir die Wahlwerbespots der Listen in einem Beitrag zusammengestellt. Außerdem findet ihr hier den Link zum Livestream der Elefantenrunde, wo wir die Vertreter der Listen mit Fragen gelöchert haben.
Bilder: Pixabay
StuRa-Foto: Marko Knab