Vier Tage voller Film, Interviews und launischer Regisseure. Zwei Studentinnen der Universität Tübingen fuhren anlässlich der französischen Filmtage nach Paris, um dort für festival TV zu arbeiteten.
von Marina Schulz
Barbara Kiolbassa und Anna Wieland hatten einen vollen Terminkalender. In den vier Tagen, die sie in Paris verbrachten, machten sie zahlreiche Interviews, trafen berühmte Regisseure, Drehbuchautoren und Musiker. Die beiden Medienwissenschaftsstudentinnen im Master durften im Rahmen der französischen Filmtage in die französische Hauptstadt reisen, um dort für festival TV zu arbeiten. Die Aufgabe, die die beiden im Gepäck hatten, versprach spannende aber auch stressige Tage. Jede von ihnen sollte am Ende der Reise Material für zwei Filmportraits über verschiedene Persönlichkeiten und zwei Magazinbeiträge mit nach Hause bringen. Die beiden waren jedoch nicht auf sich allein gestellt. Begleitet wurden sie von Auszubildenden des SWRs, die sich um Kamera, Ton und Technik kümmerten. Barbara und Anna konnten sich also völlig auf den redaktionellen Teil der Produktion konzentrieren. Diese Verantwortung war für beide schon Herausforderung genug, denn keine von ihnen hatte viel Vorerfahrung im Fernsehjournalismus.
Darin spiegelt sich die Grundidee von festival TV wider. Es handelt sich um ein Ausbildungsprojekt, das jungen Leuten die Chance gibt praktische Erfahrung zu sammeln. Studierende der Uni und Auszubildende des SWRs machen gemeinsam Fernsehen, können unter realen Bedingungen den Entstehungsprozess einer Produktion mitgestalten und sich ausprobieren. Angeleitet werden sie dabei von erfahrenen Medienprofis und dem Zentrum für Medientechnik.
Auch Barbara und Anna standen mit Julika Herzog und Till Becker zwei Profis zur Seite, die ihnen helfend unter die Arme griffen. Dafür waren beide besonders dankbar. „Ohne Julika und Till wären unsere Beiträge niemals so gut geworden, wie sie jetzt sind. Es war eine riesen Erleichterung die beiden dabei zu haben“, erzählt Barbara.
Reiseplanung und launische Regisseure
Schon vor der eigentlichen Reise hatten Barbara und Anna viel zu tun, denn auch die Planung des Trips und die Organisation der Interviewtermine gehörten zu ihren Aufgaben. Lediglich eine Woche Zeit hatten sie, um Interviewpartner ausfindig zu machen, Termine anzufragen, zu recherchieren und einen Zeitplan aufzustellen. Viele Fragen mussten geklärt werden: Wo wird gedreht? Dürfen wir den Regisseur zuhause besuchen? Welche Fragen dürfen gestellt werden, worüber darf nicht geredet werden? Barbara hatte besonders Pech mit ihren Interviewpartnern. Vier Tage vor der Abfahrt wurden alle Termine abgesagt. Also ging die Recherche von vorne los.
In einem eintägigen Workshop vor der Abreise wurden ihnen noch schnell die Grundlagen des Portraits und der richtige Umgang mit Interviewpartnern erklärt. Vor Ort stellten sie jedoch sehr bald fest, dass Theorie und Praxis zwei völlig unterschiedliche Dinge sind. Manche Regisseure machten es den Neulingen nicht gerade leicht. Einer der Interviewpartner kam eine Stunde zu spät, war schlecht gelaunt und hatte keine Lust, die Fragen der Studentinnen zu beantworten. Nach eineinhalb Stunden brach er das Interview ab und setzte das Team vor die Tür. „Wir waren alle wie vor den Kopf gestoßen. Das war ein richtiger Tiefschlag gleich am ersten Tag“, erzählt Barbara. Aber das sei nur eine negative Erfahrung zwischen unzähligen tollen Momenten gewesen, ergänzt sie.
“Es war unglaublich meinen Beitrag auf der großen Kinoleinwand zu sehen“
Gelernt haben die beiden jede Menge in den vier Tagen, learning by doing sozusagen. Barbara fiel das nicht immer leicht: „Man muss einen Menschen innerhalb von drei Stunden aufbrechen, das fiel mir besonders schwer. Man hat nur wenig Zeit, also muss man versuchen in wenigen Momenten einer Person möglichst nahe zu kommen. Man muss eine Balance zwischen Menschlichkeit und journalistischer Beharrlichkeit finden“.
Zurück in Tübingen ging es sofort weiter – die Beiträge mussten geschnitten werden. Gemeinsam mit den Mediengestaltern des SWRs verbrachten Barbara und Anna eine Woche lang jeden Tag im AVID-Pool um die Beiträge zu bearbeiten. Festival TV gab ihnen die Möglichkeit in alle Bereiche des Fernsehjournalismus zu schnuppern. So bekam Barbara die Chance einen ihrer Beiträge selbst einzusprechen. Ein Job den normalerweise Leute mit professioneller Sprecherausbildung übernehmen. Anna konnte während der Festivaltage sogar ihr Moderationstalent testen. In einer der Studiosendungen begrüßte sie live die französischen Gäste und befragte sie zu ihren Filmen, während Barbara sich als Saalreporterin ausprobierte.
„Diese drei Wochen waren unglaublich anstrengend, aber das hat sich gelohnt. Es war unglaublich meinen Beitrag auf der großen Kinoleinwand zu sehen“, schwärmt Barbara. „Festival TV ist ein super Projekt. Ich hätte sonst niemals die Chance gehabt so viel auszuprobieren, nächstes Jahr will ich auf jeden Fall wieder mitmachen“.