Am 03.06. war die Reporter-Legende Georg Stefan Troller zu Gast im Brechtbau der Universität Tübingen. Nach einigen technischen Schwierigkeiten und einer kurzen Einleitung beginnt er ,mit unverwechselbarer Stimme, eine Lesung aus dem eigenen Buch: „Wir sind alle Menschenfresser – Georg Stefan Troller und die Liebe zum Dokumentarischen“.
Er ist dafür bekannt, auch einmal unangenehme und überraschende Fragen zu stellen. Troller riskiert einen Blick hinter die Oberfläche und erzählt in seinem Buch, wie es ihm immer wieder gelingt, die richtigen Fragen zu stellen. Das Motiv für seine Arbeit ist dabei die Auseinandersetzung mit sich selbst.
„Ein Dokumentarist will sich „verlieben“ dürfen“
Der große Dokumentarist sucht immer den subjektiven Zugang zu dem Menschen. Er porträtiert daher nur Menschen in die er sich, für die Zeit der Dokumentation, „verlieben“ darf. Menschen, mit denen Troller sich selbst identifizieren kann und will.
Leute aufschließen bedeutet für ihn, sich selbst aufzuschließen, zu verlieben. Nur die Vertrautheit bringt den Menschen zum Erzählen. Mit diesem Erfolgsrezept hat er schon die eine oder andere interessante und überraschende Antwort auf seine Fragen erhalten.
„Die Kamera spielt mit“
Troller ist davon überzeugt, dass Dokumentation niemals die objektive Wirklichkeit zeigt. Jede Kameraeinstellung, jede Lichteinstellung ist Manipulation. Ohne die Kamera würden die Menschen nicht so handeln, wie sie es tun. Es ist gewissermaßen immer eine Spielszene, doch ist diese für den Dokumentaristen dadurch nicht weniger wahr.
Die Reporter-Legende endet damit, dass Dokumentaristen alle Menschenfresser seien. Sie würden die Realität verschlingen, sich einverleiben und sie am Ende als Gesamtkunstwerk aus Bild und Ton wieder ausspucken.
Die ganze Lesung des Schriftstellers und Filmemachers wird von seinen zynischen Kommentaren und seiner bekannten Stimme begleitet. Man merkt auch noch heute, trotz und wegen, seinem fortgeschrittenen Alter, wie sehr er sich für seine Arbeit begeistert und welche Leidenschaft er für das Dokumentarische in sich trägt.
Fotos: Zentrum für Medienkompetenz