Ein Raum voller Wissenschaftsgeschichte: Das Museum der Universität Tübingen eröffnet zum 120. Todesjahr von Friedrich Miescher und Felix Hoppe-Seyer die Ausstellung „Schlosslabor Tübingen – Wiege der Biochemie“. Dort wird die Pionier-Arbeit der beiden Forscher gezeigt, aber auch Aktuelles vorgestellt.
Hölderlin? Hesse? Auch die Tübinger Naturwissenschaften können sich mit bedeutenden Personen rühmen. Friedrich Miescher und Felix Hoppe-Seyer forschten Mitte der 1850er-Jahre im Schlosslabor Tübingen. Letzterer erforschte den Blutfarbstoff Hämoglobin.* Sein Schüler Miescher sollte ihm in nichts nachstehen: Er entdeckte in Tübingen 1869 die Nukleinsäure mit ihrem bekanntesten Vertreter, der DNA. Diese Forschungsarbeiten waren bahnbrechend und können nun in der Dauerausstellung besichtigt werden.
Unscheinbares Lachssperma
Die gläsernen Vitrinen im Museum haben es daher in sich. Dabei kommen die revolutionären Forschungsarbeiten dahinter zunächst ganz unscheinbar daher. So ist das Hauptausstellungsstück ein Reagenzglas mit aus Lachssperma extrahierter DNA.
Das Lachssperma eignet sich zur Extraktion besonders, da es fast ausschließlich aus Nukleinsäure besteht. Ein paar Schritte weiter gibt es den Ort zu bestaunen, an dem Miescher die Nukleinsäure isolierte: in der zum Chemielabor umfunktionierten Schlossküche.
Besucher als Forscher
Neben den vergangenen Leistungen gibt es auch einen Input zur aktuellen Forschung der Tübinger Lebenswissenschaften. In einem „weißen Raum“ werden gegenwärtige Arbeiten gezeigt. Eine besondere Attraktion: Das Mikroskopieren mit dem Handy. Das MUT ist das erste Museum Deutschlands, in dem Besucher mit ihren Smartphones Hämoglobinexponate genauer unters „Mikroskop“ nehmen können.
So erfüllt die Dauerausstellung Zweierlei: Sie würdigt Historisches, aber informiert auch über die gegenwärtige Forschung und will so die Begeisterung an den Lebenswissenschaften wecken. Damals trugen die Tübinger Lebenswissenschaftler maßgeblich zur Etablierung der Biochemie als eigenständige Disziplin in den Naturwissenschaften bei. Woran im „Ländle“ heute geforscht wird, kann bruchstückhaft in der Ausstellung erkundet werden.
Brücke zwischen Forschungen
Das Schlosslabor kann daher als eine Brücke zwischen „Grundlagenforschung“ und der „anwendungsorientierten“ Forschung gesehen werden. Damit vereint die Dauerausstellung die „Dreieinigkeit der Genexpression“: informative DNA, katalytische RNA und ausführende Proteine. Es ist ein auch Ort, an dem die Schätze aus den Tresoren der Biochemiker gezeigt werden können. Man darf gespannt sein, was neben dem Lachssperma künftig ausgestellt werden wird.
Die Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag, 10-17 Uhr, und am Donnerstag zwischen 10 und 19 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos.
Weitere Infos hier: http://www.unimuseum.uni-tuebingen.de/museum-schloss/schlosslabor.html
*Im Original hieß es „Letzterer gilt als Begründer der Biochemie.“ Dies ist zu relativieren. Sie waren Pioniere in Deutschland, doch in anderen Laboren in Europa wurde bereits früher biochemisch geforscht.