„Nachtwachen von Bonaventura“

Das Buch eines geheimnisvollen Schriftstellers

Privatdozent Dr. Christian Fortmann ist seit Sommer 2007 an der Tübinger Universität im deutschen Seminar der Philosophischen Fakultät tätig. Er leitet Hauptseminare im Bereich der Grammatik des Deutschen.
von Aygul Rakhimkulova

Guten Tag, Herr Dr. Fortmann! Können Sie uns über Ihr Lieblingsbuch erzählen? Wie heißt das Buch?
Mein Lieblingsbuch heißt „Nachtwachen von Bonaventura“. Das ist ein etwas älteres Buch, es wurde im Jahr 1804 geschrieben. Ich besitze eine Ausgabe aus dem Jahr 1987 – übrigens in der Rechtschreibung der Erstausgabe.
Was können Sie über den Autor sagen? Haben Sie mehrere Bücher von ihm gelesen?
Das ist ein Unikum, weil dieser Autor eine lange Zeit ein Geheimnis für Generationen von Literaturforschern war. Unter diesem Namen ist nur ein Buch erschienen. Inzwischen geht man davon aus, dass der deutsche Schriftsteller Ernst August Friedrich Klingemann derjenige ist, der sich hinter dem Namen Bonaventura versteckt hat.
Worum geht es denn in diesem Buch?
Die ganze Geschichte dreht sich um ein Findelkind namens Kreuzgang. Diesen Namen hat ihm sein Findelvater gegeben, nachdem er ihn auf einer Wegkreuzung gefunden hat, in der Erwartung einen Schatz zu heben. Dieser Kreuzgang ist ein etwas verkrachter Poet, übt dann ein Nachtwächtergewerbe aus. Und er erzählt über sein Nachtwächterleben in diesem Buch. Zum Teil auch skurrile Dinge.
Wenn man genauer liest, kann man auch unsere Gegenwart durchleuchten sehen
Die Geschichten sind mit Humor, Ironie und ein bisschen Sarkasmus geschrieben. Insgesamt sind 16 Nachtwachen beschrieben und in jeder Nacht geschieht etwas, was den Hauptdarsteller zu Überlegungen über das Leben und die Zeit anregt. Sinnlosigkeit des Daseins, Kritik an seine Zeit, alles im Leben sei nur eine Schauspielerei: das sind die Gedanken von Kreuzgang.
Wo haben Sie dieses Buch gefunden?
Ich habe dieses Buch an einem sonnigen Tag in einer Freiburger Buchhandlung auf dem Regal stehen sehen. Und weil ich schon von diesem Buch gehört hatte, im Zusammenhang mit dem Deutsch-Examen, wenn ich mich nicht irre, aber damals nicht gelesen hatte, hab ich dann zugegriffen. Die Ausgabe ist vielleicht ein bisschen abgelegen, es hat in dieser Zeit diesen „Greno“-Verlag gegeben, der hat neben anderen viele schöne Bücher herausgebracht. Damals hat dieses Buch 10 Mark gekostet. Dann hatte ich es gelesen und es ist ein Buch geworden, das ich nicht nur einmal gelesen habe.
Haben Sie auch Ihre Lieblingszitate oder Teile im Buch?
Ja, natürlich! Besonders schön geschrieben finde ich die sechste Nachtwache.
Würden Sie das Buch weiterempfehlen?
Ja, auf jeden Fall! Das Buch ist auch nicht nur für Literaturstudenten interessant!

„So manche Blutsauger und Vampyre denunzierten sich selbst als Hängens und Köpfens würdig und drangen darauf, daß noch in der Eile hier unten ihr Urteil an ihnen vollzogen würde, um die Strafe von höherer Hand von sich abzuwenden. Der stolzeste Mann im Staate stand zum ersten Male demütig und fast kriechend mit der Krone in der Hand und komplimentierte mit einem zerlumpten Kerl um den Vorrang, weil ihm eine hereinbrechende allgemeine Gleichheit möglich schien.“
– aus der sechsten Nachtwache

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