Querfeldein mit Janna Nandzik

Janna Nandzik ist nicht unbedingt das bekannteste Gesicht der Fernsehbranche. Als TV-Produzentin und Drehbuchautorin zieht sie die Fäden eher im Hintergrund. Aber das ziemlich erfolgreich: Sie war der Kopf hinter Christian Ulmen und Creative Direktor bei Tele 5. Ihre Serie „SNOBS – Sie können auch ohne Dich“ wurde für den Grimme-Preis nominiert.

Es ist wahnsinnig heiß im Ribingurumu. Dieser Moment, wenn der Nebensitzer einem seinen warmen Zigarettenrauch ins Gesicht fächert. Der Zuschauer der 19. Veranstaltung von Querfeldein fühlt sich eher wie in einer texanischen Bar, als in der Tübinger Altstadt. Die batteriebetriebenen Mini-Ventilatoren, die das Querfeldein-Team ins Publikum wirft, sind gut gemeint, erweisen sich für die glücklichen Fänger aber schnell als nutzlos.

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Der Internetbeauftragte mit Papierzetteln

Das Ribi ist nicht ausverkauft, aber dennoch gut gefüllt. Die Stimmung ist gemessen an den Temperaturen gut, nur das Klatschen fällt ein bisschen verhalten aus.
Nandzik hat gute Laune, scheint aber auch nicht so richtig zu wissen, wo sie hier gelandet ist. Moderator Lukas Weyell nimmt ihr schnell die anfängliche Unsicherheit, moderiert souverän und lässt sich auch von gelegentlichen Technikpannen nicht aus dem Konzept bringen. Neu bei einer Querfeldein Veranstaltung: Moderator Max als Internetbeauftragter – man muss ja mit der Zeit gehen. Er erfüllt seine Aufgabe gut, trotz kaputtem W-Lan. Es gibt ja noch Whatsapp. Und natürlich analoge Papierzettel.

„Ich habe es nicht bereut.“

An den Internetbeauftragten kann das Publikum fragen schicken, die dann von ihm direkt an Nandzik gestellt werden. Das Konzept funktioniert gut. Die Fragen sind oft investigativer und frecher ohne den persönlichen Bezug. So lässt ein Zuschauer fragen, wie lange sie von dem Youtube-Spot für eine Krankenkasse ihre Miete bezahlen konnte. Ihre Antwort in Kürze: „Ich habe es nicht bereut.“ Außerdem habe sie ja dabei viele neue Erfahrungen sammeln können.

Doch Moderator Lukas beginnt erst mit den biografischen Teil. Nandzik ist in Oldenburg aufgewachsen. „Oldenburg ist ganz hübsch, aber langweilig“, sagt Nandzik dazu. Zum Studium der Filmwissenschaft, Neuerer deutscher Literatur und Kunstgeschichte zog sie nach Marburg, wo sie ihre Angst vor Fachwerkhäusern bemerkte. Diese Angst konnte sie Lukas nicht so richtig erklären: „Ich mag halt das Mittelalter nicht.“ Deshalb wechselte sie auch an die FU Berlin.

Am Ende wird eh alles gekürzt

Nach ihrem Studium stieg sie als Produktionsassistentin bei Christian Ulmen ein. Das Querfeldein-Team zeigt eine Szene mit Ulmen, in der er mit einer Prostituierten schlafen möchte, aber ihr nicht sagen kann, was er von ihr verlangt. Die Anweisungen übernimmt deshalb sein Assistent. Man traut der freundlichen Nandzik so einen Hau-Drauf-Humor gar nicht zu.

Bei Ulmen.TV ist sie dann zur stellvertretenden Geschäftsführerin aufgestiegen. Das war zunächst eine schizophrene Doppelrolle als ausführende Produzentin und Autorin in ihrem ersten Serienprojekt „Die Snobs“. Da man als Produzentin auf das Geld achten muss und als Autorin gleichzeitig auf die Verwirklichung seiner Ideen hofft.
Aber schon als Autorin habe sie gelernt: „Der Kreativität sollte man freien Lauf lassen. Am Ende wird eh alles gekürzt.“

Jacket bei gefühlten 40 Grad

Lustige Zwischenfrage, die beim Internetbeauftragten eingegangen ist, der seine Aufgabe wirklich gut macht und an den richtigen Stellen Moderator Lukas unterstützt: „Warum trägt der Moderator eigentlich bei dem Wetter ein Jacket?“ Und man hat sich wirklich schon die ganze Zeit gefragt, wie er das aushält. Lukas antwortet humorvoll: Er orientiere sich an Markus Lanz, der sei nie ohne Jacket zu sehen.

Und so geht es munter weiter: Humor wird mit Information vermischt. Besonders interessant ist das Projekt „About: Kate“, ein Crossmedia Projekt in Zusammenarbeit mit Arte. Nandzik schrieb die Drehbücher und führte Regie. Die Serie handelt von der Gedanken- und Gefühlswelt einer Frau Ende zwanzig namens Kate Harff. Sie lässt sich in eine Nervenklinik einweisen. Der Zuschauer surft quasi durch ihren Bewusstseinsstrom, der durch Fernsehbilder, Gedanken- und Erinnerungsschnipsel dargestellt wird. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen analog und digital.

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„Wir mussten ein Seelsorge-Team engagieren“

Über die sozialen Netzwerke konnten die Zuschauer die Serie mit ihrem eingesendeten Content selbst mitgestalten. Das sei sehr anstrengend gewesen, weil man neben der Produktion auch noch mit den Zuschauern interagieren musste. „Man wird irgendwann selber zu Kate Harff, wenn man die ganze Zeit die sozialen Medien neben dem Schnitt betreuen muss.“ Die Interaktion mit den Zuschauern habe so beängstigend gut funktioniert, dass sie sogar ein Seelsorge-Team für Zuschauer engagieren musste, die der fiktiven Kate ihre echten Gefühle mitteilten.

Momentan schreibt Nandzik an einem dystopischen Roman, der sich aber noch verzögert, weil sie so viel zu tun hat.
Gegen 22 Uhr ist die Veranstaltung zu Ende und die Leute sind durchgeschwitzt und zufrieden. Anlass für Kritik boten eigentlich nur Technik und ein Trailer-Einspieler des Querfeldein-Teams, der mehr wie Werbung in eigener Sache wirkte, als sinnvolle Ergänzung des Dialogs.

Und wer weiß: Vielleicht wird Tübingen ja demnächst mal Schauplatz in einer Comedy-Serie.

Fotos: Paul Mehnert

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