…Und raus bist du!

Bei der Kinderbetreuung für studierende Eltern hat sich schon einiges getan, doch vieles steht noch aus

Ein Kind zu versorgen und gleichzeitig zu studieren ist mit erheblichem Mehraufwand verbunden. Ein genauerer Blick auf die Infrastruktur, welche studierenden Eltern in Tübingen zur Verfügung steht, verdeutlicht Handlungsbedarf.
von Laura Ettle

Studieren kostet Zeit. Ebenso Kindererziehung. Wenn die Eltern in die Uni müssen, ist der Nachwuchs bei Fachleuten in Kindertagesstätten gut aufgehoben. Doch für das Doktorandenpaar Marianne* und Adam* hat sich die Suche nach einem Kita-Platz als zu schwierig erwiesen: „Bei der Kita Wilhelmstraße, in deren Nähe wir wohnen, kamen 40 Bewerbungen auf einen freien Platz. Da sind wir lieber gleich zum Tageselternverein.“

Dass Kinder von Studenten die freien Plätze erhalten, ist nicht sicher

Um solche Knappheiten zu bekämpfen, hat sich 1991 eigentlich die Studentische Elterninitiative e.V. gegründet. Sie betreibt vier Kitas in Tübingen. Vorsitzende Katrin Jodeleit konstatiert: „Was den Ausbau der Kitas anbelangt, ist Tübingen sehr fortschrittlich.“ Doch Caroline*, Erzieherin in einer von der Initiative getragenen Kita, berichtet von langen Wartelisten. In ihrer Einrichtung werden im Sommer drei Plätze frei, sodass wieder Anträge abgewiesen werden müssen.
Dass Kinder von Studenten die freien Plätze erhalten, ist zudem nicht sicher. Seit September 2011 werden auch Kinder von Nicht-Studenten aufgenommen. Vorher wurden die Kitas der Initiative vom Studentenwerk bezuschusst. Nun ist die Stadt eingesprungen: „Es gibt auskömmliche Zuschussverträge“ mit der Kommune, freut sich Jodeleit. Auflage von der Stadt war es aber, dass die Kitas der ehemals studentischen Initiative für alle Tübinger zugänglich gemacht werden.
Dafür werden die Erzieherinnen nun nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bezahlt. Vorher verdienten sie weniger.

Eigentlich „immer knapp besetzt“

Erzieherin in einer Kita der Elterninitiative

Auch der Personalschlüssel habe sich während der letzten Jahre positiv entwickelt. Eine Kleinkindgruppe besteht aus zehn Kindern. Für sie verantwortlich ist ein Team von vier Leuten. Diese sehr kleinen Teams seien individuell geprägt und es finde eine „intensive Kommunikation“ zwischen Erziehern und Eltern statt, so Jodeleit. Tübingen überschreite den Mindestpersonalschlüssel, den die Kita-Verordnung des Kultusministeriums vorschreibt, sogar etwas.
Am Telefon ist Elisabeth*, Erzieherin in einer Kita der Elterninitiative, jedoch gestresst: Sie seien im Moment eher „schlecht besetzt“, weshalb sie schnell wieder auflegen müsse. Eigentlich seien sie „immer knapp besetzt“. Von den vier Verantwortlichen in den Kitas sind in der Regel zwei Vollzeit-Kräfte und eine Erzieherin, die nur ein bis zwei Mal in der Woche kommt. Die vierte Stelle wird durch eine Person ausgefüllt, die ein „Freiwilliges Soziales Jahr“ absolviert.

Alternative Tagesmutter

Diese können den Verwaltungsaufwand, den eine Kita mit sich bringt, natürlich nicht allein stemmen. „Die Eltern übernehmen einen Teil der pädagogischen Arbeit, die Reinigung der Räume, Organisation und Buchführung“, heißt es auf der Homepage der Elterninitiative.
Auch wenn nach Jodeleit „ellenlange Wartelisten“ der Vergangenheit angehören, bekommt trotzdem nicht jeder einen Kita-Platz. Dann bleibt die Alternative, sein Kind zu einer Tagesmutter zu bringen.
„Wenn es die nicht gäbe, wäre es noch enger im U3-Bereich“, also der Betreuung von Kleinkindern unter drei Jahren, sagt Erzieherin Caroline. Auch Frau Haselmeyer vom Jugendamt stimmt zu, dass viele Studenten die Dienste einer Tagesmutter in Anspruch nehmen. Adam und Marianne, die beiden Biologie-Doktoranden sind sehr zufrieden: „Das mit der Tagesmutter funktioniert super.“

Rechtsanspruch auf die Betreuung von Kindern ab einem Jahr setzt bald ein

Das Jugendamt übernimmt die Kostenbeiträge ganz, weil sie als Studenten zu wenigverdienen. Die Tagesmutter wird ihre Situation wohl sehr gut nachvollziehen können. Erzieherin Caroline, die ihre eigene finanzielle Lage als gut einschätzt, tut es leid, dass die Tageseltern „ziemlich wenig“ verdienen. Herr Lump vom Jugendamt gibt aber zu bedenken, dass die Tageseltern nach neuen Verhandlungen nun 5,50 Euro die Stunde, anstatt wie früher 3,90 Euro bekommen. Trotzdem kein stolzer Lohn, vor allem wenn man bedenkt, dass das Jugendamt nur die Hälfte der Versicherungskosten der Tageseltern übernimmt.
Nach Haselmeyer soll es nun, da der Rechtsanspruch auf die Betreuung von Kindern ab einem Jahr bald einsetzt, tendenziell mehr Plätze bei Tageseltern geben. Jodeleit von der Elterninitiative betont: „Wir müssen den Rechtsanspruch nicht erfüllen.“ Dafür sei die Kommune zuständig.

* Name von der Redaktion geändert

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