Nach den Sternen greifen – ein Blick in die Sterne verrät viel über uns selbst.

Im Januar diesen Jahres (23.01.) wurde die Langzeitaustellung „Nach den Sternen greifen“ im Schlossmuseum Hohentübingen eröffnet. Mit eindrücklichen Originalen wie  dem Buch „Mysterium Cosmographicum“ (Kepler: 1596), alten Teleskopen, aber auch fiktiven,  einfallsreichen Zeitungsmeldungen rund um den Fall Kopernikus, ist die kleine Ausstellung ideal, um einen anschaulichen und vielfältigen Einblick in Wissenschaft und Kultur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit zu erlangen.

Seit Jahrtausenden beobachten Menschen den Himmel und erkennen immer wiederkehrende Muster oder außergewöhnliche Ereignisse. Doch wie diese erklären?  Naturkundliche, naturwissenschaftliche und religiöse Konzepte standen gleichberechtigt nebeneinander, Astronomie und Astrologie waren eine Wissenschaft.
Der Lauf der Gestirne war auf das Engste mit dem Schicksaal der Menschen verknüpft. Dies war auch noch lange Zeit nach der kopernikanischen Wende bis weit ins 18. Jahrhundert zu spüren. Selbst heute richten sich manche Menschen nach den Mondphasen, wann z. B. die Haare schneiden.

Der Mikro-Makrokosmos

Seit dem frühen Mittelalter gehörte die Astronomie und Astrologie zum traditionellen Wissenskanon und wurde an den Universitäten innerhalb der Sieben freien Künste gelehrt. Enzyklopädien aus dieser Zeit zeigen, dass die Welt und das gesamte Wissen über sie ein Spiegel der göttlichen Weisheit darstellte. Das Wissen über den Makrokosmos wurde aber auch praktisch eingesetzt, wenn es darum ging, das liturgische Jahr zu bestimmen: Das Osterdatum, gebunden an den ersten Frühlingsvollmond, musste jedes Mal neu berechnet werden. Der Mensch wiederum als Makrokosmos in klein – ein Mikrokosmos eben – hing auch von der Konstellation der Sterne ab. So führte man Krankheit und Gesundheit darauf zurück und richtete sich beim Aderlass – richtiger Zeitpunkt und richtiger Ort – nach den Sternen.

Politisch von höchstem Interesse

Wenn die Sterne bereits solche Macht auf das Leben des Allerkleinsten ausüben, um wie viel mehr bei den Großen dieser Welt? Jeder Kaiser, König oder Heerführer – von Maximilian I. bis zum Generalissmus Wallenstein – nutzte die Sternendeutung, um daraus einen Blick in die Zukunft zu gewinnen, getreu dem Motto: Wie die Sterne steh´n,  so die Feinde geh´n .

Ende der Synthese zwischen Glaube und Naturwissenschaft?

Mit dem Übergang vom ptolemäischen zum heliozentrischen Wissenschaftsparadigma änderte sich einiges, vieles blieb aber weiterhin bestehen: Die Hypothese des Kopernikus, dass nämlich die Sonne Zentrum und Fixpunkt des Universums sei, wurde durch Johannes Kepler im 16. Jahrhundert ausgebaut und bewiesen.  Kepler studierte Theologie an der Universität Tübingen und lernte hier die Grundlagen für seine bahnbrechenden Entdeckungen kennen. Für Kepler gab es kein Entweder-Oder, keinen Widerspruch zwischen göttlicher Offenbarung und Erkenntnissen der Naturwissenschaften. Der heftige Streit um die Deutungshoheit in den Wissenschaften ging an der Sache vorbei.
Gerade aus seinen Entdeckungen über den Kosmos, erkannte er Schönheit und Ordnung, die Gott geschaffen habe und noch immer lenke. Mit großer Bravour und Eifer verband er seine Einblicke in das Buch der Natur mit denen der Heiligen Schrift. In dieser Tradition folgten ihm später weitere Koryphäen seines Faches, wie der Jesuit Pierre de Bérulle und Isaak Newton.

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