Das schlechte Gewissen im studentischen Alltag

Für viele hat sie schon begonnen, bei anderen geistert sie bisher nur im Kopf herum und verursacht ein schlechtes Gewissen – Die Prüfungsphase. Ist das schlechte Gewissen vor den Prüfungen Fluch oder vielleicht sogar ein Segen?

Noch etwa eine (!) Woche bis zu den Prüfungen. Ein beliebiger Student, nennen wir ihn im Sinne der Einfachheit und im Jargon der Uni Studierender, hat ein schlechtes Gewissen. Er hat ein schlechtes Gewissen, wenn er sich in Facebook herumtreibt, er hat ein schlechtes Gewissen, wenn er sich anstelle einer Tiefkühlpizza ein anständiges Essen macht, er hat ein schlechtes Gewissen, wenn er länger als die nötigen sieben bis acht Stunden schläft, und wenn er sich zwischendurch mit Freunden trifft sowieso. Das Gewissen des Studierenden verlangt quasi, dass er sich wie Martin Luther in einer kleinen Kammer verbarrikadiert, sein Vorlesungsskript wie die Bibel huldigt und möglichst einem asketischen Ideal frönt. Kurz: Das Gewissen verlangt von einem Menschen mit einer halbwegs intakten sozialen Kompetenz das Unmögliche.

Das Gewissen verlangt das Unmögliche

Natürlich darf man dem Gewissen seine Nützlichkeit nicht absprechen. Auch ohne ein großer Philosoph zu sein, darf man wohl behaupten, dass das Gewissen eine wichtige Eigenschaft ist, die uns als Menschen definiert und eine wichtige Komponente unseres Zusammenlebens darstellt. Allerdings geht es beim schlechten Gewissen des Studierenden erst mal nicht um die Grundlage unseres sozialen Zusammenlebens, sondern lediglich darum, ob heute fünfzig oder hundert Seiten gelernt wurden. Dementsprechend ist die Aussage, die der Studierende oft von Kommilitonen hört, mit denen er über sein schlechtes Gewissen spricht, für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft unbedenklich und im Sinne des Nervenkostüms richtig: Es bringt nichts, wenn wir uns verrückt machen. Dein Gewissen wirst du nicht beruhigen können. Es verlangt das Utopische und ist dann immer noch nicht zufrieden. Im Grunde ist auch schon jeder einmal zu dieser Erkenntnis gelangt, aber meistens war sie zu schwach, um das schlechte Gewissen in die Schranken zu weisen. Also was tun? Alkohol ist natürlich eine Lösung, aber wohl nur temporär. Des Weiteren verstärkt er das schlechte Gewissen am nächsten Tag beträchtlich. Andere Drogen werden wohl dasselbe Ergebnis zeitigen. Der Pragmatiker, der schon längst aufgehört hat, diese Glosse zu lesen, wird einem lapidar raten: Das ist der Preis der Freiheit im Studium. Du hast ja sonst keine Probleme. Lebe damit!

Lebe damit!

Genau in dieser Feststellung der Freiheit liegt wohl auch die Nützlichkeit des schlechten Gewissens fernab elementarer philosophischer Erwägungen: Das Gewissen fungiert als Motivator, als ein Kompass in der zugegebenermaßen mittlerweile auch schon eingeschränkten Freiheit des Studiums.  Hand aufs Herz: Wer würde denn sonst eine Kneipentour ausschlagen, um zu lernen?

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