Klischees gibt es nicht ohne Grund, sagt man. Deshalb schauen wir uns die Studiengänge mal genauer an. Zu allererst natürlich die alles übertreffende Königsklasse: Die Rechtswissenschaft.
Der gemeine Jura-Student ist meist in den Gefilden der Neuen Aula anzutreffen. Das prestigeträchtigste Gebäude der Universität Tübingen ist selbstverständlich der wohlbehüteten Nobilität vorbehalten und nicht etwa dem restlichen Bodensatz der studentischen Gesellschaft.
Elle Woods wäre stolz
Falls sich der Pöbel trotzdem in die Welt der freiliegenden Frauenknöchel begibt, wird ihm wohl schnell bewusst werden, dass sein Platz an anderer Stelle ist. Die Exklusivität des Jura-Studiums wird von allen Beteiligten rechtmäßig stark nach außen repräsentiert und nach innen sowieso. Gut achten (man beachte das Wortspiel) daher alle auf ihr Erscheinungsbild. Die Frauen schmücken sich nicht nur mit ihren Titeln, sondern auch mit Michael Kors Tasche, Perlenohrringe und selbstredend teurem Blazer. Die Herrenkaste hingegen, erscheint grundsätzlich in Hemd oder Polo und schicker Hose. Lacoste es was es wolle. Individualität ist ein überholtes Unterschichten-Konzept. Danach sollte man lieber in den Uni-Ghettos, beispielsweise dem Brechtbau, suchen.
Gute Führung
Der gehobene Platz in der Gesellschaft wurde den künftigen Advokaten in der überwiegenden Fallzahl schon in die Wiege gelegt. Adel verpflichtet eben. Neben der Schickeria gibt es allerdings noch zwei deutlich kleinere Studentengruppen: Erstere ist die der Weltverbesserer. Nun könnte angenommen werden, dass es sich hierbei um Barfußgeher handle, die sich von der Masse abheben würden. Jedoch sind sie gut getarnt und gehen in der Herde unter. Sie entlarven sich schließlich durch Beschwerden, dass es in den Fallbesprechungen mal wieder nur um einen Mann geht und nicht um eine Frau. Ihre idealistischen Zukunftsvorstellungen werden oft durch die harte Realität eingeholt. Gerechtigkeit und Gesetz sind nun mal so wenig identisch wie Leviosa und Leviosaaaa. Die zweite Gruppe, die Normalos, ist so klein, dass sie an dieser Stelle zu vernachlässigen ist.
Interessant ist bei dem vorliegenden Fall von Studierenden auch, dass sie nicht stetig mehr Wissen ansammeln, sondern von Beginn an bestens ausgebildet sind. Daher können selbst die Erstsemester schon die Urteile von Richtern bewerten, selbst wenn sie später der 70-prozentigen Durchfallquote zum Opfer fallen. Es gibt eben keine Prozessualität für Juristen. Ihr hervorgehobener Status ist ein absoluter Zustand. Schließlich haben sie sich mit Serien wie Suits oder How to get away with Murder schon bestens auf ihr Studium vorbereitet.
Oberstes Gesetz
Die Teilhabe im Club der genialen Füchse hält ein Leben lang an. Man darf nicht vergessen, dass Kontakt zu den unteren Schichten nur bedingt vorgesehen ist, ähnlich zu Pitch Perfects Barden Bellas und Treblemakers. Der Zusammenhalt ist also stark, außer wenn gerade eine Prüfung ansteht und die Seiten aus Lehrbüchern in der Bibliothek für die Nachfolger unbrauchbar gemacht werden. Aber wer tut das nicht hin und wieder? Des einen Seit ist des anderen Leid. Außerdem kommt hier ein wichtiges Gesetz zum Tragen: Das Naturrecht – Der Stärkere überlebt nun mal.
Im juralen Raum ansonsten wichtig ist, dass man Geld zu haben hat. Aber das ist hinlänglich bekannt. Ansonsten spielen die lila Scheine natürlich keine Rolex, alle studieren in erster Linie aus Überzeugung. Oder, weil ihnen nichts Besseres eingefallen ist, aber naja, die Jobaussichten sind gut.
In dubio pro reo
Schlussendlich brauchen wir trotzdem alle unseren Justus und natürlich auch Aurelia, weil irgendjemand in Tübingen ja gut angezogen sein muss. Weil die Universität auch irgendwo das ganze Geld investieren muss, das sie hat. Weil wir alle Gandhi, Mandela und Barabara Salesch bewundern. Und weil wir anderen Tal-Studierende so auch schon daran gewöhnt werden, wie uns die Gesellschaft später in unserem Taxi-Fahrer-Beruf behandeln wird. Also Danke!
Foto: Lukas Kammer