Psychische Erkrankungen – in Westafrika ein Thema, das im Konflikt zwischen Tradition und modernen medizinischen Erkenntnissen steht. Wie gravierend das Zusammenspiel aus Unwissenheit und Glaube das Leben der betroffenen Menschen beeinflusst, zeigt der Film „Krankheit der Dämonen“, den das Difäm gemeinsam mit dem Aktionszentrum Arme Welt e.V. im Kino Museum vorstellte. Anschließend berichteten die Protagonisten des Films aus Burkina Faso und ihrem Kampf für psychische Gesundheit.
Unwissenheit schürt Angst
Es sind erschreckende Tatsachen, die der Film von Regisseurin Lilith Kugler über das Schicksal psychisch erkrankter Menschen in Westafrika aufdeckt. Verhaltensänderungen, Symptomatik neurologischer Erkrankungen, werden von Angehörigen als Besessenheit von unreinen Geistern interpretiert. Fehlende Aufklärung und Verschlossenheit gegenüber medizinischen Ursachen führen zu diversen Verzweiflungsakten. So werden die scheinbar Unheilbaren oft jahrelang an Ketten gefesselt, um sie in Zaum zu halten. In ihrer Hoffnungslosigkeit führt ihr Weg die Betroffenen zu traditionellen Heilern, die ihre prophetische Gabe zelebrieren, Zeichen von Gott zu erhalten. Die Erkrankten werden oft mit Kräutern gewaschen und gefüttert. Aber auch grausame Rituale wie Auspeitschen oder erzwungenes Erbrechen lassen die Unwissenden auf Befreiung von Dämonen hoffen.
Hoffnungsträger Yenfaabima
Seit 2015 sorgt die Gründung des Vereins Yenfaabima in Piéla (Burkina Faso) für einen Hoffnungsschimmer in der Entwicklung psychischer Gesundheit. Das Herzstück der Organisation und Protagonist des Films ist Timothée Tindano. Er bietet in speziellen Behandlungszentren regelmäßige psychiatrische Sprechstunde an. Bereits 250 Patienten nehmen das Angebot des ausgebildeten psychiatrischen Facharbeiters an. Mit viel Einfühlvermögen schafft er es, Diagnosen zu stellen und die notwendigen Medikamente zu verschreiben. Seine Arbeit schildert Tindano als äußert kräftezehrend, jedoch sieht er seine Berufung darin, den Menschen zu helfen. Neben Tindano gibt es landesweit inzwischen neun Psychiater und 100 ausgebildete Fachkräfte, die das Leid der Patienten lindern. Bei der Betreuung der Patienten legt der engagierte Psychiater Wert auf Kontinuität. Mittels telefonischer Nachsorge stellt er zwischen den Sprechstunden sicher, dass die Betroffenen ihre Medikamente ordnungsgemäß einnehmen. So hofft er auch Rückfälle bei chronifizierten Krankheiten zu verhindern.
Glaube und Medizin Hand in Hand
Gründer des Vereins Yenfaabima, („Gott rettet“) ist der Gemeindepfarrer Tankapari Guitanga. Der Pfarrer nimmt Hilfsbedürftige in Gebetszentren auf. Diese Zentren bilden das elementare Zwischenstück zwischen Religion und Schulmedizin. Guitanga glaubt sowohl an die Kraft der Medikamente, als auch an die Unterstützung von Gott. So bringt er den Betroffenen mit viel Feingefühl die Effizienz einer zweigleisigen Behandlung nahe. Er schafft Einsicht bei den traditionsgebundenen Einheimischen, indem er argumentiert, dass die Medikamente aus Pflanzen gewonnen werden, die wiederum eine Schöpfung Gottes sind. Neben der medizinischen Vermittlung leistet Guitanga einen bedeutenden Beitrag zu Rehabilitation und Resozialisierung der Ausgegrenzten indem er Verständnis schafft und Lösungsansätze erarbeitet.
In kleinen Schritten ans Ziel
Laut Guitanga scheint das anfängliche Misstrauen gegenüber seiner Arbeit zu schwinden, da die Menschen den Erfolg der Behandlungen erkennen und zu schätzen lernen. Neben dem Ausbau der stationären Kapazitäten macht Tindano in der Diskussionsrunde deutlich, dass auch die Unterstützung des Staats unabdingbar dafür ist, Krankheiten wie Schizophrenie oder Epilepsie als Krankheiten, die medizinisch zu behandeln sind, zu etablieren. Er erhofft sich sowohl finanzielle Hilfe als auch Gesetze, die die Kranken vor Arbeitslosigkeit und sozialer Ausgrenzung schützen. Außerdem bedarf es weiterer Unterstützer wie Rudolf Schmid und Regisseurin Lilith Kugler, die die Entwicklungszusammenarbeit unter anderem mit Spenden weiter vorantreiben. So dass psychisch kranke Menschen in Zukunft ein Leben frei von brutalen Behandlungsmethoden und Ausgrenzung führen können.
Fotos: la-maladie-du-demon.com – Lilith Kugler Gizem Güler