Wegen zu geringer Wahlbeteiligung: StuRa löst sich auf

Am vergangenen Dienstag und Mittwoch waren Wahlen an der Universität Tübingen. Gewählt wurden neben verschiedenen Gremien, dem Senat und den Fakultätsvertretungen auch die wichtigste Vertretung der Studierenden: der StuRa. Nach der wiederholt katastrophalen Wahlbeteiligung von unter 15% muss dieser sich nun auflösen.

„Wir sehen bei so wenig Wahlbeteiligung keinerlei Legitimation für unsere Arbeit“, erklärte der aktuelle Vorsitzende des StuRas gegenüber dem Campusmagazin Kupferblau. Vorläufige Wahlergebnisse können hier eingesehen werden.

Mit verschiedenen Aktionen wurde versucht auf die Wahlen aufmerksam zu machen. Das Brechtbauplenum verteilte etwa gratis Eis, das Campusmagazin Kupferblau organisierte zusammen mit dem AK P&Ö des StuRas die Elefantenrunde und erstmals wurden in diesem Jahr auch Wahlplakate aufgehängt. Auch an den beiden Wahltagen wurde von den antretenden Gruppen noch einmal massiv Wahlwerbung gemacht. Alles vergeblich: Von über 27.000 Studierenden sind deutlich weniger als ein Fünftel zur Urne gegangen, um ihre Stimme abzugeben. „Unser Anliegen ist es die Interessen von allen Studierenden zu vertreten“, antwortete Zorian Flarnetta, der als gewählter Senator im StuRa vertreten ist. Bei dieser Beteiligung könne man allerdings lange nicht von „allen“ sprechen.

Sondersitzung

Es wurde bereits eine Sondersitzung angesetzt, mit dem einzigen Tagesordnungspunkt, die Auflösung des StuRas zu beschließen. „Wir wollen so schnell wie möglich Konsequenzen daraus ziehen, dass es anscheinend niemand interessiert, dass es uns gibt und was wir machen“, so der Vorsitzende Dronathan Jeusch. Der StuRa trifft sich aus diesem Grund außerplanmäßig bereits am nächsten Montag, den 8. Juli um 18 Uhr. Alle bis dahin eingegangenen Anträge werden in der letzten offiziellen Sitzung am 15. Juli besprochen. Die beiden Mitarbeiter*innen wird der StuRa wohl noch bis Ende August beschäftigen: Sie sollen sich dann noch um die endgültige Abwicklung der ausstehenden Tätigkeiten kümmern.

Alle Vertreter*innen der verschiedenen Gruppen (außer Die Liste, sie war leider nicht anwesend) drückten gegenüber dem Campusmagazin Kupferblau ihr tiefstes Bedauern über diesen drastischen Schritt aus.

Der StuRa-Bieber winkt zum Abschied, die Studierenden müssen nun wohl ohne Vertretung auskommen.

Das Ende des StuRas: Die Folgen

Mit am meisten trifft die Auflösung des Sturas die Fachschaften. Über 100.000€ waren im Haushaltsplan 2019 als Mittel für die Fachschaften vorgesehen. „Wir stehen vor einem riesigen Einnahmeloch“, so eine Vertreterin der Fachschaft Politikwissenschaft. Für das nächste Wintersemester sei man finanziell noch gut aufgestellt. Ob es allerdings in den kommenden Jahren ohne die Förderung des StuRas noch Veranstaltungen, wie Ersti-Hütten oder Sommerfeste geben wird, ist unklar. Auch das Fortbestehen der Clubhausfeste ist noch ungewiss.

Der StuRa förderte allerdings nicht nur Fachschaften, sondern über die Vergabe der Qualitätssicherungsmittel auch Lehrveranstalt-ungen oder Lernmaterial. In Zukunft wird es dadurch zu einem massiven Einbruch der Qualität der Lehre in allen Fachbereichen kommen. Auch grundständige Veranstaltungen können teils nicht mehr angeboten werden.

Verschiedene Einzelvorträge, Vortragsreihen oder Veranstaltungen, die der StuRa in den vergangenen Jahren ermöglicht hat, wird es wohl in Zukunft nicht mehr geben. „Die meist mühevoll, freiwillig neben dem Studium geplanten Vorträge und Veranstaltungen hatten einen großen Mehrwert für alle Studierenden. Die Möglichkeit, diese nun nicht mehr vom StuRa fördern zu lassen, macht die Durchführung dieser leider so gut wie unmöglich“, beklagte ein Vertreter der Fachschaft Erziehungswissenschaft.

Ein herber Schlag ist die Auflösung des StuRas auch für das Ract! Festival. Das förderte der StuRa im letzten Jahr nicht nur mit 15.000€, sondern war auch Mitveranstalter. „Mit über 25.000 Besucher*innen ist das Ract! Festival Deutschlands größtes politisches Umsonst & Draußen Festival. Wir hoffen sehr, dass wir so schnell wie möglich einen Sponsor finden werden, der uns im selben Ausmaß wie der StuRa fördern kann“, antwortete eine Verantwortliche aus dem Orgateam. Ob dies allerdings gelingen, und das Ract! Festival auch nächstes Jahr stattfinden kann, ist ebenfalls ungewiss.

Dies waren nur einige Beispiele welche Folgen die Auflösung des StuRas hat. Der Vorteil für die Studierenden ist, dass der Beitrag von 3,50€ für den StuRa im kommenden Wintersemester wegfallen wird. Die Gebühren für das kommende Semester sinken damit auf nur noch 154,80€.

Auch das Campusmagazin Kupferblau wurde vom StuRa gefördert. Dies ist ab dem nächsten Semester nicht mehr möglich. Nach über 20 Jahren wird also ab dem kommenden Dienstag unsere letzte Ausgabe erscheinen. Wir bedanken uns bei allen treuen Leser*innen.

Macht’s gut, das war’s.

Grafik: Yvonne Pless

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