Der Tübinger Besen bietet alles, was das Studierendenherz an einem kalten Herbstmittag begehrt: Geselligkeit, Wärme und Wein zu unschlagbaren Preisen. Auch dieses Jahr hat die Wirtschaft in der Haaggasse immer von Mittwoch- bis Samstagabend geöffnet – noch bis zum 19. Dezember 2015. 

Jennifer und Mattheus sitzen an einem kleinen Tisch direkt neben dem Eingang der Besenwirtschaft. Vor ihnen steht eine Karaffe mit Rotwein und die große Schlachtplatte – ihre Favoriten auf der Speisekarte.  Beide sind nicht zum ersten Mal hier, denn die urig-gemütliche Atmosphäre und die fairen Preise lassen sie immer wieder gerne einkehren.

Sie teilen sich einen Tisch mit einem anderen Paar, denn „der Besen“, wie er unter Tübingern häufig schon fast liebevoll genannt wird, ist voll bis auf den letzten Platz.  So wie eigentlich immer. Wer einen der rund 40 Plätze oder einen großen Gruppentisch ergattern möchte, muss häufig schon eine halbe Stunde früher vor Ort sein oder mit langen Wartezeiten rechnen. Doch das war nicht immer so.

Das Schild mit dem Besen in der Haaggasse, dass Herzen im Herbst höher schlagen lässt
Das Schild mit dem Besen in der Haaggasse, welches Herzen im Herbst höher schlagen lässt

Großer Wein zu kleinen Preisen

Als 2006 die Besenwirtschaft erstmals öffnete, wurde sie hauptsächlich von Senioren wahrgenommen und war nicht annähernd voll belegt. Doch rasch wendete sich das Blatt und so bevölkern heute hauptsächlich junge Studierende die Bänke und genießen das kleine, aber zuverlässige kulinarische Angebot. Auf der Speisekarte ist neben Wurst- und Käseplatten auch eine Vielzahl an eigenen Rosé-, Weiß- und Rotweinen zu finden.

Einer davon heißt „rote Kapelle“: Zum einen wegen des Anbaugebiets, dass sich rund um die Wurmlinger Kapelle erstreckt. In  diesem Fall wird Bezug auf das rote Dach dieser genommen. Zum anderen bezieht sich der Name auch auf die Widerstandsbewegung „rote Kapelle“, welche sich während der Zeit des zweiten Weltkrieges gegen den Nationalsozialismus aufgelehnt hat. „Welcher Interpretation man sich annimmt, bleibt jedem selbst überlassen“, so der Wirt David Brenner. Sein Liebling ist dennoch eher der Weißwein.

David Brenner und seine Familie führen die immervolle Wirtschaft
David Brenner und seine Familie führen die immervolle Wirtschaft.

Von der Uni zum Wein

Brenner hat ursprünglich Politikwissenschaft studiert und sein Studium auch abgeschlossen, dann aber beschlossen, in das Geschäft mit dem Wein einzusteigen. Sein Vater ist Hobbywinzer und besitzt eigene Weinberge. 2004 hat er das Haus in der Haaggasse gekauft.

Da im Obergeschoss Studierendenwohnungen sind, war nur noch der Keller frei und der Wein zu schade und zu viel, um dort nur gelagert zu werden. So kam die Idee vom Verkauf und der Gastronomie auf. „Es ist ein Winzerprivileg, eine solche Wirtschaft führen zu dürfen“, so David Brenner. „Wir brauchen keine Schankgenehmigung, dürfen deswegen aber auch nur in vier Zeiträumen im Jahr unsere Türen öffnen“.

Familienbetrieb par excellence

Sein Vater Anton Brenner hat sich inzwischen aus dem Trubel im Wirtsraum ein wenig zurückgezogen und steht nun zusammen mit seiner Frau in der Küche. Trotz ihres fortgeschrittenen Alters arbeiten beide noch voll mit, während David und seine Cousine die Bedienung der Gäste übernehmen. Ein Familienbetrieb par excellence eben.

Braten, Sauerkraut und guter Wein als perfektes Ende eines langen Tages
Braten, Sauerkraut und guter Wein als perfektes Ende eines langen Tages

Hymne des Altstadtbesens

Doch was macht so ein Besenbetreiber eigentlich, wenn die Pforten mal schließen? „Ich mache hier um zwölf Uhr dicht und dann ziehe ich häufig noch weiter in die Butterbrezel oder den Jazzkeller“, sagt Brenner lächelnd. Ansonsten wird im Sommer eben Wein geerntet, die Öffnungszeiten der Wirtschaft sind nämlich der Saison und Ernte angepasst.

Inzwischen hat auch Davids Bruder Philip eine eigene Besenwirtschaft in Reutlingen. „Der hat allerdings eine größere Küche und ein abgeändertes Konzept, da er ein ganz anderes Klientel bei sich an den Tischen sitzen hat“.

Die Gäste scheinen wirklich begeistert zu sein, denn seit neuestem gibt es, zum Stolz von Brenner, sogar eine Hymne auf den Tübinger Altstadtbesen. Verfasst und gesungen von zufriedenen Gästen – aus Liebe zum Wein und der Gemütlichkeit.

Weitere Informationen:

Die Besenwirtschaft befindet sich in der Haaggasse 22, in 72070 Tübingen. Sie hat Mittwoch bis Samstag jeweils von 17:00 – 00:00 Uhr und noch bis zum 19. Dezember geöffnet. Danach muss man sich bis zum Frühjahrsbesen im neuen Jahr gedulden.

Hymne: http://bit.ly/1lnOAFC

Weitere Informationen hier:

http://tuebingerwein.twoday.net

Fotos: Joshua Wiedmann

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