Tübinger für Flüchtlinge – Katerina

Die Flüchtlingskrise betrifft uns alle, auch wenn viele es vorziehen abzuwarten und auf Besserung hoffen. In Tübingen gehen aber einige Studierende mit gutem Beispiel voran, um den Menschen in Not zu helfen. Kupferblau hat sich mit vier von ihnen zusammengesetzt und über ihre Erfahrungen gesprochen.

  1. Melis Büyük
  2. Lara Bernhard
  3. Katerina Peros
  4. Clara Böning

Katerina Peros

Katerina Peros studiert im vierten Mastersemester Friedensforschung und Internationale Politik in Tübingen. Sie ist in Deutschland geborene und aufgewachsene Halbgriechin, ihr Vater kommt aus Lesbos. Ihre Familie väterlicherseits lebt in Griechenland, weshalb sie mindestens einmal im Jahr, meistens im Sommer, nach Lesbos fliegt. Im Sommer 2015 sind auf der Insel Lesbos täglich etwa 7.000 Geflüchtete angekommen.

Wie genau lief das ab, im Sommer 2015?

Zum einen habe ich versucht, gemeinsam mit anderen Freiwilligen ein ganz klein wenig die Not zu lindern. Wir haben zum Beispiel Wasser verteilt, weil die Menschen bei der Hitze kilometerweit laufen mussten, um sich in Mytilini, der Inselhauptstadt, zu registrieren. Wir haben versucht, bei der Orientierung zu helfen und Menschen in Krankenhäuser und an ÄrztInnen vermittelt. Außerdem haben wir versucht, den Registrierungsprozess zu beobachten, damit es nicht zu mutwilligen Repressionen von Polizei oder FRONTEX kommen konnte – in dem Sommer waren die Nerven auf allen Seiten extrem angespannt. Außerdem war in der Zeit eine Bundestagsabgeordnete der Fraktion DIE LINKE im Bundestag auch auf der Insel und ich habe beispielsweise beim Übersetzen geholfen. Darüber hinaus waren wir in den Flüchtlingslagern und haben neben den politischen Gesprächen auch hier versucht, die akute Not ein wenig zu lindern.

Wie kamst du dazu, dich dort zu engagieren?

Im Sommer 2015 auf Lesbos konnte man nicht einfach wegsehen! Die überfüllten Boote sind im 30-Minuten-Takt bei Tageslicht angekommen; nicht wie die Jahre zuvor in der Nacht oder in der Morgendämmerung im Geheimen. Auf jedem noch so kleinen Flecken Wiese mit Schatten standen über die Insel verteilt Zelte und die geflüchteten Menschen haben so gut es ging versucht, mit der Situation zurechtzukommen.

Darüber hinaus bin ich aber immer schon politisch aktiv gewesen und die Situation in Griechenland war ja nicht neu. Auch die Jahre zuvor gab es die Lager, in denen die Geflüchteten interniert wurden, sowohl auf den Inseln, als auch auf dem Festland. Die Situation in den Lagern war immer schon menschenunwürdig und es gilt, dagegen und gegen die ungerechte Verteilung der Menschen innerhalb der EU, sowie für legale Einreisewege zu kämpfen.

Ich empfinde es als unsere gesellschaftliche und politische Verantwortung, auf Veränderung hinzuarbeiten. Denn nur, wenn wir die Ursachen, die dazu führen, dass Menschen fliehen müssen beseitigen, kann sich wirklich etwas ändern!

Was war das eindrücklichste Erlebnis, das du dabei hattest?

Ich kann sehr schwierig ein einzelnes Erlebnis herauspicken. Oftmals hat mich die Solidarität der Menschen untereinander beeindruckt. Und die griechische Ärztin in Kara Tepe, einem Flüchtlingslager, die ihren Sommerurlaub darauf verwendet, die Menschen medizinisch zu versorgen. Und die griechischen AktivistInnen und die Inselbevölkerung, die trotz der Entbehrungen, unter denen auch sie ganz massiv leiden, den Menschen geholfen haben. Auf der anderen Seite war und ist die EU-weite Ignoranz auf politischer Ebene im negativen Sinne beeindruckend, sowie auch die Arbeit einiger internationaler Nichtregierungsorganisationen, die anscheinend nur der PR wegen vor Ort sind.

Würdest du dir wünschen, dass sich mehr Menschen ähnlich engagieren wie du?

Jeder muss selber entscheiden, wie sie oder er sich engagiert. Wichtig wäre mir, dass wir uns alle bewusst machen, in welch privilegierter Situation wir uns eigentlich befinden. Außerdem finde ich es zwar gut, wenn Menschen aus ganz Europa sich solidarisch zeigen und in Griechenland helfen, aber es ist doch wichtig, dies auf Augenhöhe zu tun und nicht von außen allen anderen erklären zu wollen, wie es „richtig“ funktioniert. Ich glaube, mehr Mitgefühl, Solidarität und Augenhöhe, würde uns allen gut tun! Vor allem ist mir aber wichtig, dass wir uns bewusst machen, dass es zwar wichtig ist, einzelnen Menschen zu helfen, aber dass wir damit die Probleme nicht lösen und das ist mein Hauptanliegen: Waffen dürfen nicht exportiert werden, Kriege müssten beendet werden, unfaire Handelsbeziehungen und Ausbeutungsverhältnisse müssen abgeschafft werden. Dafür müssen wir uns einsetzen!

Foto: Katerina Peros auf einer Demo im letzten Jahr gegen die Asylrechtsverschärfungen im Asylpaket II.

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