Die erste lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten in der Universitätsbibliothek
Morgen, morgen, nur nicht heute….“ – diesen Spruch kennt jeder Student. Die Zeit fehlt immer, um eine Hausarbeit, ein Referat oder eine Übersetzung rechtzeitig fertig zu kriegen. Andere Veranstaltungen, Jobs, Sport und Partys – außerdem ist die Bibliothek unter der Woche doch „nur“ bis 24 Uhr und am Wochenende bis 22 Uhr geöffnet! Viele kommen um diese Uhrzeiten erst zum Lernen… Und was, wenn deine Universität dir entgegenkommt und einmal extra lang die Bibliothek offen lässt?
von Aygul Rakhimkulova
In der Nacht vom 1. auf den 2. März 2012 hat zum ersten Mal das Projekt des Schreibzentrums „Die lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“ in der Universitätsbibliothek stattgefunden. Das bedeutete für die Studenten, dass sie die Möglichkeit hatten, bis sechs Uhr morgens in der Bibliothek zu arbeiten. Ob es um die Bücherausleihe oder Beratungen ging, jeder Studierende konnte Hilfe bekommen.
Viele hatten ihre Decken und Kissen mitgebracht. Um 18 Uhr war die Bibliothek ganz voll, denn nicht jede Woche gibt es solche Aktionen! Außer Beratungen von Tutoren aus vielen Fächern gab es auch etwas für die Seele: Massagen, Yoga und andere Entspannungsübungen. Die Cafeteria war natürlich auch länger geöffnet; man braucht doch eine Stärkung zwischendurch, wenn man viel lernt.
Es gab zwei Pinnwände, auf denen jeder seine Erwartungen aufschreiben konnte:
„Was will ich erreichen?“:
– Linguistik HA beginnen
– Expose für die Bachelorarbeit beginnen
– ED-Fallarbeit anfangen + Kaffeekränzchen
Ohne Humor ging es natürlich nicht:
– Ich will eine Frau finden
– Ich will einen Mann finden
– Reich werden
Ob sich die Studenten auch diese Wünsche erfüllt haben, bleibt offen. Viele haben die Nacht wirklich genutzt und sind mit ihren Arbeiten weiter gekommen:
Franzi, Biologiestudentin im sechsten Semester, meint: „Es hat sich sehr gelohnt, hierher zu kommen. Ich hab genau so viel geschafft, wie ich wollte. Ich hab schon Yoga gemacht und fühle mich entspannter. Aber für mich bringt es nicht viel, wenn die Uni immer so lange offen ist. Es ist dann zu spät für mich.“
Julia, Studentin der Erziehungswissenschaft im 12. Semester, zieht ebenfalls eine positive Bilanz: „Ich hab heute für meine Prüfungen gelernt. Ich habe mehr geschafft als sonst. Die Idee ist echt toll! Ich bin aber skeptisch, ob es dann jeder ausnutzen wird, wenn die Bibliothek 24 Stunden offen sein wird. Besser ist es, einmal pro Woche oder Monat. Sonst ist es langweilig.“
Thomas, der Jura im fünften Semester studiert, sagt: „Ich hab heute 2,5 Seiten geschrieben. Im ganzen Semester hatte ich nicht mal eine Seite geschafft! Nur schade, dass es hier doch viel Ablenkung gibt. Und ich glaube nicht, dass die Bibliothek irgendwann 24 Stunden offen haben wird.“
Gegen zwei Uhr morgens gingen immer mehr Studenten nach Hause. Einige hielten es bis drei Uhr durch und fuhren bestimmt mit erleichtertem Herzen heim. Die Hausarbeiten waren wahrscheinlich wenn nicht fertig, dann zumindest weitergeschrieben. Studenten, die sich mit Computern nicht auskannten, hatten endlich mal ein Anti-Virusprogramm dank den Jungs von „Microsoft Campus“ heruntergeladen. Man konnte bis drei Uhr ihre Hilfe in Anspruch nehmen, wenn es um Computer oder irgendwelche Programme ging.
Am Ende der langen Nacht durfte jeder, der so lange durchgemacht hatte, an der Pinnwand einen Zettel hinterlassen, auf dem stand, wie weit man gekommen war:
– Bis(s) zur Schokotorte!
– 2 Seiten Bericht + Brezeltüte leer
– Einer Freundin geholfen
– Mission finished at 1:45!!
Für die Studenten war es also eine willkommene Abwechslung, dass die Uni an dieser bundesweit stattfindenden Veranstaltung teilgenommen hat. Bald ist wieder Semesterende und natürlich haben viele schon jetzt mindestens eine aufgeschobene Hausarbeit. Entweder werden wir darauf warten, dass uns die Uni wieder so eine lange Nacht zur Verfügung stellt, oder wir können es selber in Angriff nehmen: eine aufgeschobene Arbeit zu Ende schreiben.