Jüdischer Konvertit Hugo Marcus und muslimische Reaktionen auf den Nazismus

„Rethinking the history of muslim and jewish relations: Jewish convert Hugo Marcus and muslim responses to nazism in Germany“ unter diesem Vortragsmotto begrüßte Professor Marc David Bear die Studenten und Interessenten im Vorlesungsaal 9 der neuen Aula. Die Veranstaltung und der Gastvortrag sind vom Zentrum für islamische Theologie veranstaltet worden.

„How much do I read of the mufti of jerusalem, […] but he is only one aspect“
„Wer unter ihnen kennt Mohammed Amin al-Husseini?“, fragt der Professor in den Saal. Ein oder zwei Hände erheben sich. Der Professor schmunzelt und fragt: „ oder sollte ich sagen den Großmufti von Jerusalem?“ – wieder erheben sich ein paar Hände mehr als das Letzte mal.Der Großmufti und seine Kollaboration mit den Nazis ist nur eine Linie innerhalb der Geschichte. Ein anderer Aspekt soll am Beispiel von Hugo Marcus aufgezeigt werden.
Hugo Marcus, 1880 als Sohn jüdischer Eltern geboren, erlebt die Entwurzelung im 1. Weltkrieg und auf Grund Geldmangels findet er zur Moslemischen Gemeinde zu Berlin.Der erste Weltkrieg war nicht nur ein Wendepunkt für die beteiligten Nationen, sondern es machten sich auch die ersten beiden Missionare Maulana Sadr ud-Din und Maulvi Abdul Majid auf den Weg nach Deutschland. 1922 schlossen sich die in Berlin lebenden Moslems aus vielen Nationen, vermehrt aus dem Südpazifik und Anhänger der Ahmadiyya Anjuman Isha’at-i-Islam (AAIIL).
Das Spektrum der Moslems war genauso vielfältig wie ihre säkularen, nationalistischen, sozial-revolutionären, shariaristischen und fanatischen Ansichten.
Die Moschee stand allen religösen Richtungen des Islams offen
Von dieser Gemeinde (AAIIL) ging auch die Erbauung und Grundsteinlegung der Berliner Moschee (Heute: Wilmersdorfer Moschee) aus, die in der Bauzeit von 1924-1928 fertiggestellt werden sollte.Die Moschee stand allen religiösen Richtungen des Islams offen. Außerdem sprach sich die Gemeinde gegen Nationalismus, Rassismus und Krieg aus.In diesem Klima und nachdem seine Familie besitzlos und gutlos geworden war (die Besitztümer wurden durch den Vertrag von Versailles Polen zugeschlagen), findet Hugo Marcus zum Islam und zur Berliner Gemeinde. Er konvertiert zum Islam und gibt sich den Namen Hamid.

  1. März 1930 wurde Hugo Marcus Präsident der „Deutsch-Muslimischen-Gesellschaft“, die Nachfolgering der „Islamischen Gemeinde Berlin e.V.“

So dachte der Hugo Marcus, dass er seinen jüdischen Hintergrund hinter sich lassen könne, allerdings ändert sich dies abrupt mit der Machtergreifung der Nazis.Dies zeigt sich durch Mohammed Ali Jouhar  aus Indien und seine Lobpreisungen auf Adolf Hitler.Seiner Meinung nach teilt das „Neue Deutschland“ (3.Reich) und der Islam dieselben Grundsteine, Überzeugungen und Säulen.Mit dem Beginn der Durchsetzung der Nürnberger Rassegesetze,  verließ Hugo Marcus sein Präsidialamt innerhalb der Moschee. Während zu dieser Zeit bereits Juden verfolgt wurden, stellte sich die Gemeinde stets hinter Hugo Marcus.
Durch diese Aktion und gerade weil sie Hugo Marcus bei sich beherbergten wurden die AAIIL in der Goebbels-Presse als „jüdisch-bolschewistische Organisation“ diffamiert.Am 9.11.1938 wird er in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert, wie die verbliebenen 6000 Juden der Stadt Berlin,  auf Grund seiner jüdischen Herkunft. Durch Fürsprache von Scheich Mohammed Abdullah, der ein muslisches Kulturzentrum in der Schweiz aufbauen wollte, wird er bereits am 19.11.1938 freigelassen unter der Bedingung, dass er Deutschland verlassen muss.
Hugo Israel und seine Flucht ins schweizerische Exil
Im Jahre 1939 in dem erstmal über die „Endlösung der Judenfrage“ diskutiert wird, wird Hugo Marcus mit einer Schikanemaßnahme als Krimineller behandelt, seine Fingerabdrücke aufgenommen und umbenannt in Hugo Israel.Eine Woche vor dem Überfall auf Polen durfte Hugo Marcus Deutschland verlassen und flüchtete sich in die Schweiz, obwohl eine Schifffahrt nach Indien die sichere Alternative war. Rund 30 Jahre bis zu seinem Tod wird er im schweizerischen Exil verbringen.So wie es die erste feste islamische Gemeinde mit einer Kontinuität nach dem 1. Weltkrieg in Deutschland (Berlin) gab, genauso setzte sich Hugo Marcus für eine erste deutsche Koranübersetzung ein. Sein Name wird jedoch bei den Danksagungen nicht aufgeführt, was auf politische Hintergründe (Jüdische Herkunft) schließen lässt. Die erste Koranübersetzung ins Deutsche erscheint 1939.
In der anschließenden Diskussion und Fragerunde, ging  Professor Marc David Bear darauf ein, dass es die Strömung des Großmufti von Jerusalem gab, die mit Hitler kollaborierte und sein Handeln gut hieß, aber es gab auch eine andere Seite, welche Juden wie Hugo Marcus bei seiner Flucht unterstützten und ihm treu zur Seite standen.

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