Mogelpackung Solidarpakt

 „Wir sind hier! Wir sind laut! Weil man uns die Bildung klaut!“
Mit lauter Musik und einem langen Demonstrationszug haben Tübinger Studierende, Dozenten, Professoren und andere Angestellte der Universität ihren Unmut zu den versteckten Kürzungen der Bildungsgelder bekundet. Symbolisiert wurde das finanzielle Ausbluten der Universitäten durch eine Fontaine rot gefärbten Wassers in den Brunnen vor der neuen Aula.

Großer Andrang von Demonstranten

Etwa 4.500 Studierende und Mitarbeiter haben sich auf dem Platz vor der neuen Aula versammelt,um den Höhepunkt der gestrigen landesweiten „Aktionstag gegen finanzielles Ausbluten der Universitäten“ einzuleiten. Die Sonne brennt heiß und ebenso hitzig demonstrieren die Lehrenden und Studenten für eine bessere finanzielle Unterstützung der Universitäten.

„Bildung ist das wichtigste Gut, dass Deutschland hat“

und „Eine Low-Budget Bezahlung wäre schon eine Steigerung“ schallt es von dem mobilen Rednerpult des „Fun Mog.“ Diese beiden Punkte lassen sich jedoch nicht in Einklang bringen. Der erste Redner vor der neuen Aula, Universitätsrektor Prof. Dr. Bern Engler, hat noch einmal,gemäß den vorherigen Pressemitteilungen,betont, wie wichtig ein Solidarpakt III mit einem höhere Landeszuschuss für die Universität ist.

Solidarpakt II gescheitert

Der nun auslaufende Solidarpakt II hat die finanzielle Unterstützung der Universitäten nicht gewährleistet und jährlich ein Defizit von etwa 15 Millionen Euro verursacht.

„Nur die zeitlich befristeten Programme von Bund und Land für mehr Studienplätze sowie die stark gestiegenen Drittmitteleinnahmen haben in den vergangen Jahren die Zahlungsunfähigkeit verhindert“

sagte Engler. Zusätzlich werden Gelder aus Forschung und Lehre umgeschichtet, was sich negativ auf die Ausbildung von Studierenden auswirkt und daher keine dauerhafte Lösung sein darf. Sollte die Landesförderung weiterhin stagnieren, ist die Universität Tübingen gezwungen 300 Stellen abzubauen. Momentan muss sogar mit Kürzungen gerechnet werden. Dies würde wiederum in einer Einschränkung der Serviceleistung für Studenten widerspiegeln und eine insgesamt schlechtere Ausbildung bedeuten.
Durch das Verlagern von Mitteln aus Sonderprogrammen in die Grundfinanzierung soll diese deutlich erhöht werden. De facto würde diese als Erhöhung deklarierte Umschichtung von
finanziellen Mitteln jedoch durch eine steigende Studentenzahl nicht im Geringsten ausreichen.
Ein fehlender Inflationsausgleich hat seit 1998 zu um ca. 23% geringeren, realen Mitteln geführt und eine wachsende Differenz zwischen BIP und Zuschuss pro Student führt ebenfalls zu einem
stetig steigenden jährliche Defizit. Anstelle eines finanziellen Ausgleichs wurde den Universitäten zahlreiche zusätzliche Aufgaben auferlegt. Die Umsetzung des Bolognaprozesses, die Reform der Lehrerbildung , die Einführung der Verfassten Studierendenschaft und die Aufwendungen für die Qualitätssicherung und Akkreditierung sind nur einige Beispiele dafür.
Sogar die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver di) hat sich zu diesem Thema geäußert und fordert bessere Arbeitsverhältnisse für Universitätsangestellte, die eine aufgabengerechte
Entlohnung vorsehen. Zudem sollen Regelaufgaben nicht mehr auf studentische Hilfskräfte abgewälzt werden, um finanzielle Mittel zu sparen.

Wünsche für den Solidarpakt III

Auf keinen Fall darf an den falschen Enden gespart werden. Insbesondere müssen im Interesse der Studierenden und im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit die
Betreuungsverhältnisse verbessert werden. Das bedeutet, dass im neuen Solidarpakt III gesetzlich festgelegte Gruppengrößen eingehalten werden müssen und kein Stellenabbau unter dem
betreuenden Personal stattfinden darf.
Um eine nachhaltige Finanzierung der Universitäten zu gewährleisten sind jedoch noch andere Punkte von Bedeutung. Rund 990 Mio. Euro stammen aus Drittmitteleinnahmen. Insbesondere außeruniversitäre
Forschungseinrichtungen und die intensive Kooperation der Universitäten und Unternehmen bilden eine wichtige Basis für die Sichtbarkeit des Wissenschaftsstandorts und erfordern eine massive Weiterentwicklung der Forschungsinfrastruktur.!
Auch im Sinne immer wieder anstehender Sach- und Investitionsausgaben ist für die Inflation ein
Ausgleich dringend erforderlich.
Die Aktion war lautstark und durch die große Masse an Teilnehmern auch nicht zu übersehen. Als „fast schon unheimlich“ wird es bezeichnet, dass Studierende und die Universitätsleitung an einem Strang ziehen. Es demonstriert jedoch eindeutig, dass alle Betroffenen erkannt haben, wie ernst die Lage ist und dringend einer konstruktiven Lösung bedarf.
Nun liegt es an der Landesregierung dies auch zu erkennen und einen Grundstein für die Nachhaltigkeit einer konkurrenzfähigen Universitätsausbildung zu legen.

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