Die Uni Tübingen entschuldigt sich bei ihren Erstsemestern. Der Grund: Sie haben noch keine Unterlagen bekommen. Thomas Bonenberger leitet die Studierendenabteilung. Wir wollten wissen: Wer ist verantwortlich für das Chaos? Und wie lange müssen die Erstsemester noch auf ihre Unterlagen warten?
Kupferblau: Herr Bonenberger, wer ist von den Rückständen betroffen?
Bonenberger: Im Master sind wir auf dem Laufenden, es betrifft alle grundständigen Studiengänge (Bachelor, Staatsexamen etc.), also auch Umschreibungen.
Kupferblau: Gibt es Ersatzangebote (wie z.B. Schreiben für Kindergeld, Versicherungen oder die Bahn, damit man das Semesterticket kaufen kann?)
Bonenberger: Das habe ich geprüft, halte es aber für keinen gangbaren Weg. Nach der Prüfung der Unterlagen in Studierendensekretariat auf Richtigkeit und Vollständigkeit sind Immatrikulation, Zusendung des studentischen Accounts, Ausfertigung und Zusendung der Chipkarte standardisierte Abläufe, die schneller gehen, als die Erstellung der gesonderten Bescheinigungen. Wir müssten ja auch bei diesem Vorgehen jeden Einzelfall prüfen. Und es wäre lediglich eine Second-Best-Lösung.
Kupferblau: Bis wann haben Sie den Rückstand aufgearbeitet?
Bonenberger: Wir haben jetzt über 4.000 Studienanfänger eingeschrieben und schaffen diese Woche voraussichtlich noch die Gesamtzahl von 5.000. Nächste Woche sollten wir dann den Rest abarbeiten können, schätzungsweise einige hundert.
Kupferblau: Wie konnte es zu solch großen Rückständen kommen?
Bonenberger: Diese Frage habe ich mir auch gestellt und werde das für Verbesserungen in der Zukunft sehr genau analysieren. Auf die Schnelle sehe ich den Grund in ungeplanten Personalengpässen die entstanden sind, verbunden mit der Schwierigkeit, kurzfristig Personal für die erforderlichen Tätigkeiten so schnell zu qualifizieren, dass das volle Arbeitspensum erfahrener Mitarbeiter erreicht werden kann. Kurzfristig mehr Arbeitsplätze einzurichten ging auf Grund der räumlichen Verhältnisse nicht.
Kupferblau: Wer war verantwortlich? Sie sind erst seit 1. Oktober diesen Jahres Leiter der Studierendenabteilung. Hat es mit Versäumnissen Ihres Vorgängers Dirk Stein zu tun?
Bonenberger: Ob man etwas hätte besser machen können, kann ich nicht beurteilen, da ich nicht dabei war. Mutmaßungen über mögliche Versäumnisse schließe ich mich nicht an. Ich bin sicher, dass auch vor dem 1. Oktober 2015 alle ihr Bestes gegeben haben.
Kupferblau: Welche Konsequenzen sind denkbar und wie erfährt die Öffentlichkeit hiervon?
Bonenberger: Die Universität Tübingen hat dieses Jahr das „Campus-Projekt“ gestartet: Wir führen ab 2016 eine neue, modernere Software HISinOne ein, die die Verwaltungsprozesse in der Studierendenabteilung bei Bewerbung und Zulassung und anschließend der Mitgliedschaftsverwaltung (Immatrikulation etc.) stärker automatisiert und eine bessere Kommunikation mit den Bewerbern und den Studierenden ermöglicht. Das halte ich für sehr wichtig. Darüber hinaus werde ich die Abläufe in der Studierendenabteilung genau unter die Lupe nehmen und organisatorische Maßnahmen treffen, damit künftig zu Semesterbeginn alle Studienanfänger rechtzeitig Ihre Unterlagen haben. Die beste Öffentlichkeitsarbeit wäre ein reibungsloses Funktionieren.
Kupferblau: Herr Bonenberger, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Anmerkungen: Die Fragen wurden schriftlich am 6. Oktober bei Thomas Bonenberger eingereicht und am folgenden Tag veröffentlicht.
Foto „Papierkram“ von Marc Görtz:
https://www.flickr.com/photos/marcgoertz/5671619033/in/photolist-9DbwK4-7R5Gg8
Foto Bonenberger: Bild: Albrecht unter http://www.uni-tuebingen.de/de/69053
Foto „Problems“ von mike krzeszak:
https://www.flickr.com/photos/portland_mike/6852704246/in/photolist-brxUed-fMgE84-8Zf5Ac-bFkVcX-qSUuBK-dxmQat-95LnDy-ryMAUz-fMgJ88-fMyf1A-fMyeUb-fMyeH3-fMyeFs-fMgEsa-fMyedS-dSg79g-cNxbA7-fLAVLS-fMgEr6-4GL85T-aZvrvM-gYCs4b-fMgJ8R-fMyeXE-9um4Gi-auaQnv-qLfm4t-pvL7zH-fMgHvP-nvBCBE-5GDpca-fMyicW-fMyi3s-fMgGwv-fMyfG9-fMgE9i-fMgJ8F-fMgEqD-pt454q-7mkcDr-fMgFXH-fMyejL-r43EN5-qjyLnW-dsF4yY-bmSQep-g8cQEM-fMygHs-DRad6-jimEPk/