Eine Zwölfjährige tanzt in einem Bordell an einer Stange, sie wird von Männern begafft und später „gebucht“. Solche drastischen Szenen zeigt „Lilet never happened“, ein Spielfilm von Jacco Groen, den das Filmfest Frauenwelten am Dienstagabend im Kino Museum vorführte. Er basiert auf dem realen und bewegenden Leben einer philippinischen Kinderprostituierten.
Lilet gibt sich bissig und naseweis: Sie möchte eine berühmte Schauspielerin werden und ist fest davon überzeugt, dass ihr Vater Tom Cruise ist. Die Zwölfjährige schlägt sich durch die Straßen von Manila, der Hauptstadt der Philippinen. Regelmäßig läuft sie von Zuhause weg, flieht vor ihrem Stiefvater, der sie vergewaltigt.
Es ist eine dunkle Geschichte, die Jacco Groen erzählt. Doch es gibt auch Hoffnungsschimmer in Lilets Leben: Claire, eine niederländische Sozialarbeiterin, nimmt sich ihr an. Sie möchte das Mädchen in ein Schulprojekt aufnehmen und anfangs scheint Lilet sicher.
Verkauft mit zwölf Jahren
Doch ihre Mutter spürt die Ausreißerin auf und zwingt sie, zurückzukommen in das trostlose Slum-Viertel. Verzweifelt, aus Angst und Ekel vor dem Ort, den ihre Mutter „Zuhause“ nennt, flieht die Zwölfjährige zu ihrer Schwester. Die arbeitet als Prostituierte in einem Bordell und es dauert daher nicht lange, bis die gierige Besitzerin Lilet an einen ersten Kunden verkauft.
Ein Abwärtsstrudel scheint sich durch ihr Leben und die Geschichte zu ziehen. Als Zuschauer ist man oft fassungslos und betroffen, weil niemand Lilet beschützt oder beschützen kann. Doch da sind auch Szenen von Nähe und vielleicht sogar von Glück: Lilet, wie sie ihren Bruder umarmt und ihm verspricht, ihn aus dem Elend zu befreien, wenn sie erst berühmt ist. Lilet, wie sie liebevoll mit ihrem Freund Nonoy von der Straße spricht.
Eine wahre Geschichte
Gespielt wird die Protagonistin von der damals zwölfjährigen Sandy Talag. Sie gibt der Figur eine unglaubliche Vitalität, Kraft, Zuversicht und Würde. Auch die Bilder Groens sind eindrucksvoll: Die Kamera begleitet die Kinder durch die Armutsviertel von Manila – enge Gassen und dunkle Ecken, in denen sie auf Pappkartons schlafen.
Statt eine Lösung anzubieten, bleibt der Film bei der Geschichte der realen Lilet. Das ist starker Tobak. Der Regisseur Groen erzählte im Anschluss an die Vorführung von seinen Gesprächen mit der Kinderprostituierten: „Ich habe die echte Lilet vor 19 Jahren getroffen. Sie war nach einem Suizidversuch in einer Klinik und davor zwei Jahre lang Prostituierte gewesen.“ Ihre Geschichte habe Groen nie losgelassen, doch wegen Produktionsproblemen konnte er sie erst viele Jahre später umsetzen.
Digitaler Ausverkauf
Der Niederländer wies auf die moderne Kinderprostitution hin. Sie habe sich ins Internet verlagert und mit Grauem erzählte Groen von einem „webcam-house“ auf den Philippinen, in dem zwanzig Kinder vor der Kamera gewesen seien und Sex-Dates hatten.
Obwohl er keine Dokumentation ist, zeigt „Lilet never happened“ schonungslos diese dunkle Seite der Philippinen, einem streng katholischen Land, in dem das Thema Kinderprostitution viele Jahre unter den Teppich gekehrt wurde. Groens Film rüttelt auf und als Zuschauer möchte man am Ende nur eins: Diese Kinder beschützen.
„Lilet never happened“ läuft heute nochmals im Kino Museum um 20.30 Uhr und beendet gleichzeitig das diesjährige Filmfest Frauenwelten, das vom 18. November an stattfand. Der Regisseur Groen ist heute Abend erneut anwesend.
Hier geht es zum Programm:
http://www.frauenrechte.de/film/2015/de/spielplan.htm
Titelbild: Filmfest Frauenwelten