„Gemeinsam für mehr Chancengleichheit“ – Das ist das Motto von Rock your life!. Die Tübinger Hochschulgruppe setzt sich für Schüler aus sozial, wirtschaftlich oder familiär benachteiligten Verhältnissen ein. Hierfür steht den Schülern zwei Jahre lang ein persönlicher Mentor zur Seite. Ein Treffen mit Nadine und Dilara in Tübingen zeigt, dass das Konzept aufgeht.

„Es ist keine einseitige Beziehung, wir profitieren beide voneinander“, sagt Nadine. Ihr gefällt der Einblick in die Welt der zehn Jahre jüngeren Dilara. „Das Zwischenmenschliche ist uns am wichtigsten.“ Nadine, 26, ist die Mentorin der 16-jährigen Dilara. Kennen gelernt haben sich die beiden über Rock your life! (RYL). Das ehrenamtliche Projekt gibt es bereits in mehreren deutschen Städten; in Tübingen seit 2012.

Seit nun knapp eineinhalb Jahren treffen sich die Tübinger Soziologie- und Jura-Studentin und die Schülerin regelmäßig. In der Gestaltung und der Frequenz ihrer Treffen sind sie völlig frei und eigenverantwortlich. Von langen Gesprächen bis zu Ausflügen ins Boulderzentrum  ist alles dabei. Nur einige Eckpfeiler haben sie als Grundlage ihrer Zusammenarbeit festgelegt: Pünktlichkeit, Ehrlichkeit und gegenseitiges Vertrauen.

Nadine (l) und Dilara (r) sind sowohl beim Lernen als auch privat ein gutes Team
Mentor Nadine (l) und Mentee Dilara (r):  ein gutes Team. Foto: Yvonne Pleß.

Vom Ziele suchen und Abendessen

„Ich bin keine klassische Nachhilfe für schulische Belange“, stellt Nadine klar, „das Mentoring geht weit darüber hinaus.“ Aber natürlich wird bei Bedarf auch dort geholfen, zum Beispiel bei bevorstehenden Präsentationen oder ähnlichem.

Dilara strebt eine Ausbildung im Gesundheitssektor an und wird aus diesem Grund bald auf eine andere Schule wechseln. „Dort kann man sich für einen Schwerpunkt entscheiden. Einer davon ist Gesundheit“, erklärt Dilara. Das große Ziel ist also bereits abgesteckt. Ein Zwischenziel, das beide aktuell anstreben, ist ein Nebenjob. „Leider war bis jetzt nicht das richtige dabei“.

Das Verhältnis zu Dilaras Eltern ist gut. „Ich wurde auch schon zum Abendessen bei Dilaras Familie eingeladen“, berichtet Nadine lächelnd. Und: „Sie schenken mir viel Vertrauen.“

Das RYL-Prinzip: Jeder profotiert durch seinen Einsatz. Foto: RYL-Webseite

Speed-Dating mal anders

Mentoren und Schüler werden zum ersten Mal beim sogenannten „Matching“ zusammengeführt. „Das läuft ab wie beim Speed-Dating“, erzählt Mentorin Nadine lachend. Die Schüler rotieren im Raum und haben jeweils fünf Minuten Zeit, um mit dem jeweiligen Mentor ins Gespräch zu kommen. Am Ende entscheidet sich, ob ein Mentor „gematcht“ wurde oder nicht. Die Chemie muss stimmen. Bis zu zwei Matchingdays finden an den teilnehmenden Schulen statt, je nach dem, welche Rahmenbedingungen zuvor festgelegt wurden.

Beim ersten Matching von Nadine hat es leider nicht geklappt. Doch im zweiten Anlauf lernte sie Dilara kennen.

Hinter den Mentoren und Mentees, wie die teilnehmenden Schüler wie Dilara genannt werden, steckt ein großes Organisationsteam. Bei RYL kann man sich nicht nur als Mentor einbringen, sondern auch im organisatorischen Bereich tätig werden, zum Beispiel in der Pressearbeit, den Finanzen oder im Eventmanagement. Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Schulkoordination und das Netzwerk an Unternehmen, die RYL unterstützen: Sei es als Förderer oder für Praktika.

Zu Beginn jedes Semesters veranstaltet RYL Infoveranstaltungen, die unverbindlich einen Überblick über das Programm geben. Bestimmte Qualifikationen müssen angehende Mentoren nicht nachweisen können. Jeder, der sich engagieren möchte, kann sich bewerben. Alle nötigen Grundlagen als Mentor werden dann in einem verpflichtenden Einführungsseminar vermittelt.

Was am Ende bleibt

Für Nadine und Dilara steht fest, dass sie auch nach Ablauf der Betreuungsphase den Kontakt halten wollen, denn sie seien „ein gutes Team“. Es kam auch vor, dass „gematchte“ Paare nach einigen Wochen den Kontakt abgebrochen haben, so Nadine. „Aber das ist definitiv eine Ausnahme. Etwas anderes ist es natürlich, wenn die Familie des Mentees in eine andere Stadt umzieht. Da wird es für beide schwierig“, meint die 26-Jährige.

Am Ende der zweijährigen Betreuungsphase winken 15 ECTS-Punkte als Schlüsselqualifikationen. „Doch das sollte auf keinen Fall der Antrieb für einen Mentor sein. Das Engagement ist deutlich wichtiger und muss auch rüber kommen“, stellt Nadine am Ende deutlich klar. Die ECTS-Punkte sind nur ein weiteres Geschenk, dass sich zu den vielen gesammelten Erfahrungen hinzugesellt.

Empfohlene Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert