Rechtsstreit um Ilias

Die Landeshochschulkonferenz Baden-Württemberg hat die Rahmenvereinbarung der VG Wort abgelehnt – vorerst können weiterhin Texte im Intranetz hochgeladen werden. Wieso der Streit jedoch noch nicht gelegt ist und inwiefern das uns Studierende betrifft, sollte jetzt im Blick sein.

Was ist die VG Wort und was sind ihre Forderungen?

Die Verwertungsgesellschaft Wort ist zuständig für die Einnahmen der Tantieme – der Vergütung, die Autoren für die Veröffentlichung oder Aufführung ihrer Werke erhalten – zwischen dem Nutzer und dem Urheber. Sobald aus einem Artikel oder Buch zitiert wird, registriert die VG Wort dies und stellt das in Rechnung, handelt somit nach dem geltenden Urheberrecht.

Seit 2013 kämpft die VG Wort für eine Neuverhandlung der Regelungen über die Zweitverwertung von Texten. Bis dato konnten Textmaterialien durch eine Pauschalabrechnung der Universität abgedeckt werden, letztes Jahr wurde eine Einzelverrechnung erreicht. Der erneuerte §52a UrhG verlangte nun eine Einzelmeldung an die VG Wort, sprich: Jedes Buch muss anhand einer Maske manuell angegeben werden – die Pauschalabrechnung entfällt, der bürokratische Aufwand steigt. Aus einer im Dezember des letzten Jahres gemeinsam erschienenen Pressemitteilung der Kultusministerkonferenz und der VG Wort ging hervor, dass die Pauschalabrechnungen 2016 noch Anwendung finden würden, eine Weiterentwicklung der Eingabemasken jedoch womöglich ab Anfang 2017 eingesetzt werden könnte.

Was heißt das genau für Uni und Studierende?

Als in der Pressemitteilung der Bayerischen und Baden-Württembergischen Landesrektorenkonferenz vom 02. November 2016 über die Ablehnung der Rahmenvereinbarung berichtet wurde, sprach auch der Tübinger Professor für Zeitgeschichte Prof. Dr. Doering-Manteuffel eine Beschränkung der Digitalisierung an – man dürfe „[die] Hochschullehre nicht durch bürokratische Regelungen massiv behindern.“

Die größte Sorge des bürokratisch fragwürdigen Aufwands wurde durch eine Studie der Uni Osnabrück verbildlicht. Für ein Semester wurde die Methode der Einzelerfassung mit den vorgesehenen Masken der VG Wort erprobt. Ein Großteil der Dozenten, die von ihren Arbeitspensen erzählten, bemängelten den zeitraubenden Faktor und äußerten einen allgemeinen Zweifel am Nutzen des Verfahrens. Zumal seien viele Fragen, wie die Deckung der Kosten der Einzelanmeldungen, ungeklärt.

Der Kopiermarathon kann beginnen. Foto: Felix Müller.
Der Kopiermarathon kann beginnen. Foto: Felix Müller.

Für Studierende heißt diese Neuerung aber auch ganz klar: Wenn Professoren aufgrund zeitlicher Begrenzungen keine Skripte und Materialien bereit stellen, müssen sie selbst den Weg zu den Literaturquellen antreten. Man bedenke dann noch die reduzierte Anzahl der Werke und die Saison der Buchjagd sei eröffnet.

Ein wenig Spielraum nach oben

Robert Staats, Geschäftsführer der VG Wort, zeigte sich jedoch kürzlich kooperativ und beteuerte seine Gesprächsbereitschaft bezüglich einer „möglichst praktikable[n] Umsetzung des Rahmenvertrages“. Womöglich auch in Hinblick auf die Landeshochschulkonferenzen Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Schleswig Holstein, die sich im letzten Monat gegen eine Zustimmung aussprachen. Man kann schließlich nur hoffen, dass eine Neuverhandlung des §52a im Sinne der Universitäten geschieht, die auf die Bildungsbedürfnisse der Studierenden eingehen.

Wenn die Bereitstellung von Literaturquellen durch eine solche Maßnahme begrenzt wird, wirft das natürlich Fragen der qualitativen Folgen auf. Wie können Veranstaltungen thematische Einblicke gewähren, wenn die Texte nicht mit den Studierenden geteilt werden? Wie kann die Universität sicher stellen, dass alle Teilnehmer der Veranstaltungen Zugang zu den Werken haben? Können die eventuell zusätzlich entstehenden Kosten von der Universität gedeckt werden oder wälzt sich dies auf den Studierenden ab? Es erscheint absurd, dass demnach eine Methode Anwendung finden soll, wenn solchen Fragen vorerst keine Antworten entgegen stehen.

 Titelbild: Paul Mehnert.

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