Eine neue Währung: Regionalgeld für Tübingen?

Eine neue Währung soll Leben in die Wirtschaft bringen!? Am Dienstag veranstalteten Attac und die Regionalgeld-Initiative Tübingen eine Podiumsdiskussion im Schlatterhaus. Die Initiative möchte eine regionale Währung für Tübingen einführen: den NeckarTaler. Was das genau ist und welchen Nutzen eine regionale Währung haben kann, erfahrt ihr hier.

„Wir wollten endlich mal was machen und nicht mehr nur kritisieren“, sagt Marius Hausner, Studierender der Volkswirtschaftslehre. Im Schlatterhaus stellt er mit der Regionalgeld-Initiative Tübingen und unter der Mitwirkung von Attac ein Konzept vor, um die regionale Wirtschaft zu unterstützen: den NeckarTaler. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion treffen Kritiker und Befürworter des Unterfangens aufeinander. Unter den Anwesenden befinden sich Studierende aus Tübingen und Rottenburg, aber auch Unternehmer, die an der Idee interessiert sind. Viele von ihnen fänden es interessant, unabhängiger vom Euro zu sein.

Die regionale Wirtschaft stärken

Der NeckarTaler ist als eine Komplementärwährung gedacht und soll den Euro in der Region Tübingen durch eigene geldwerte Gutscheine ergänzen. Die Wertgutscheine sollen in Wechselstuben im Wert von 1:1 gegen Euro gewechselt werden. Der Besitz der Währung seitens der Konsumenten ist genauso freiwillig, wie die Annahme und Akzeptanz seitens der Händler, d.h. die Nutzer des Neckartalers müssen aufeinander vertrauen. In erster Linie soll die regionale Währung Konsumenten, Einzelhändlern und mittelständischen Unternehmern zur Verfügung stehen. Noch befindet sie sich in Planung.

V.l.n.r.: Christian Gelleri, Marius Hausner, Heiner Lind und Elisabeth Voß in der Diskussion.

Verantwortungsbewussten Konsum fördern

Einer der geladenen Redner, Christian Gelleri, hat schon Erfahrungen mit einem solchen Unterfangen gemacht. Er initiierte die Regionalwährung Chiemgauer, die seit 2003 am Chiemsee existiert. „Viele unterschiedliche Master- und Doktorarbeiten haben sich mit dem Konzept einer regionalen Währung schon auseinandergesetzt“, berichtet der ehemalige Lehrer, der seinen Beruf aufgegeben hat, um, wie er selbst sagt, das Projekt eines „stärkeren und verantwortungsbewussteren Konsums und Verkaufs“ zu fördern. Regionalwährungen würden dies im besonderen Sinne ermöglichen, weil sie den Konsumenten dazu motivieren würden, in einem in der Region ansässigen Unternehmen einzukaufen und nicht „bei großen Filialen, wie H&M“, sagt Hausner.

Der Grund hierfür liege darin, dass der NeckarTaler in der Region bleiben müsse. Ihre Gültigkeit erlange diese Währung durch diejenigen, die sie besitzen. Ohne die Konsumenten und Verkäufer, die dieses Geld nutzen, wäre der Neckartaler nichts weiter als eine Spielzeugwährung. Doch genau das sei seine Stärke, so Hausner, denn so wäre die Währung unmittelbar an jene gekoppelt, die sie verwenden. Anders der Euro, der gänzlich unabhängig von einzelnen Regionen und ihren Interessen funktioniert. Aber die Regionalgeld-Initiative ist nicht gegen den Euro, sie will ihn nicht ersetzen, sondern ergänzen. Es sei wichtig, dass der Euro weiterhin Bestand habe und stabil sei, weil der Neckartaler an den Euro gekoppelt werde, so Hausner.

Dreimal schneller unterwegs als der Euro

Gelleri berichtet von den Effekten, die die Einführung einer Regionalwährung am Chiemsee bewirkt habe: „Der Chiemgauer ist dreimal so schnell unterwegs wie der Euro und fördert so das regionale Wirtschaften am Chiemsee“. Dieser Effekt entstünde daraus, dass die Währung ausgegeben werden muss. Sie anzusparen brächte nichts, da es übers Jahr verteilt mehrere Stichtage gäbe, an denen noch nicht ausgegebenes Regionalgeld an Wert verlieren würde.

Rund 40 Interessierte lauschten der Debatte – darunter viele Tübinger Einzelhändler.

Elisabeth Voß, Autorin aus Berlin mit Schwerpunkt alternative und solidarische Wirtschaftsweisen, kritisiert genau das am Regionalgeld. „Wie sollen arme Leute mit einer Währung umgehen, die an Wert verliert, wenn man sie nicht ausgibt? Gerade weniger gut betuchte Bürger sind auf das Sparen angewiesen, um sich mal etwas Größeres zu leisten“, wirft die studierte Betriebswirtin ein. Gelleri erwidert, dass das Regionalgeld ohnehin nicht dafür gedacht sei höhere Summen für ein Produkt auszugeben. Vielmehr solle eine regionale Währung den Handel auf dem Marktplatz, bei Familienunternehmen oder auf Bauernhöfen ankurbeln. „Solidarisches Alltagswirtschaften“, nennt es der Regionalgeldaktivist.

Weitere Infos zum Thema unter: www.regiogeld.de.

Fotos: Alieren Renkliöz.

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