Raus aus der Stadt und ab ins Grüne? Dafür muss man in Tübingen nicht einmal wirklich die Stadt verlassen. Eine Wanderung über Burgholz, Lichtenberger Weg und Schlossberg.
Für gewöhnlich sind es die pittoresken Gassen und das pulsierende Leben, für die die Studierenden ihr kleines Tübingen lieben. Doch Einigen werden die Gassen und der Geist in der Altstadt von Zeit zu Zeit ein wenig zu eng. Für jene, aber auch alle anderen, bietet sich zum 1. Mai eine Wanderung im unmittelbaren Stadtgebiet an. Sie führt über den kleinen Bergkamm, an dessen Fuß sich die Altstadt schmiegt und auf dessen Grat das Schloss Hohentübingen thront. Über Tübingens Dächern liegt der Lichtenberger Weg, der auf dem Schlossberg verläuft.
Ruhig und natürlich
Still ist es hier oben: Keine Autos oder gemeingefährlichen Radfahrer machen es dem Fußgänger schwer. Nur die Vögel singen und die Sonne scheint. Was wie die klischeehafte Krönung des Kitsches in einer Stadt wie Tübingen klingt, ist erfrischend anders. Denn hier können gestresste Studierende die Seele baumeln und den Blick in die Ferne schweifen lassen. Auf dem Weg zurück Richtung Altstadt liegen nämlich zahlreiche Aussichtspunkte, große und kleine Sehenswürdigkeiten.
Von großen Türmen…
Zu den größeren gehört der Namensgeber der letzten Bushaltestelle im oberen Burgholz: der Bismarckturm. Am Übergang von Schloss- und Spitzberg überblickt der 1907 eröffnete und 16 Meter hohe Turm sowohl Ammer- als auch Neckartal. Leider lässt sich seit 2015 die schöne Aussicht nicht mehr genießen. Der etwas verwilderte Turm ist seither geschlossen – seine Zukunft bleibt unklar. Auf seinem Vorplatz finden sich dafür aber diverse Sitzmöglichkeiten und einige Tische. Hier kann man die erste Verschnaufpause nach dem Aufstieg einlegen. Wer den Weg hierhin vom Haagtor nicht mit dem Bus, sondern zu Fuß gewagt hat, der wird bereits auf dem Weg hinauf zum Turm mit schönen Ausblicken entschädigt. Weststadt und Kliniken lassen sich so aus ganz neuen Perspektiven betrachten.
…und kleinen Schätzen
Kleine Sehenswürdigkeiten sind dagegen die Schrebergärten, die die Tübinger hier oben angelegt haben. Rückzugsorte vom Stress des Alltags sind so entstanden. Ein wenig märchenhaft wirken manche Hütten hier und die teilweise offenen Wiesen laden zum Verweilen ein. Gerade am frühen Abend lässt sich dort die tiefstehende Sonne zwischen den Bäumen genießen.
Schlendert man nun den Lichtenberger Weg weiter Richtung Schloss zurück, erreicht man die Lichtenberger Höhe. Die gen Süden gewandte Fläche mit Sitzbänken eröffnet einen beeindruckenden Blick in Richtung Derendingen und der mächtigen Schwäbischen Alb. Auch die Heimat der Walter Tigers, die Paul-Horn-Arena, lässt sich von dort begutachten. Wer den Blick weiter nach Westen schweifen lässt, der kann dort auch die Burg Hohenzollern in der Ferne erblicken.
Zurück in die Zivilisation
Auf dem Weg zurück in Richtung Schloss und Altstadt passiert man noch weitere Rast- und Aussichtspunkte. Kurz vor Ende des Lichtenberger Weges findet sich eine Terrasse mit Pergola, deren Blick dem der Lichtenberger Höhe ähnelt, aber etwas tiefer liegt. An den prächtigen Verbindungshäusern vorbei zeigt sich bereits wieder das Schloss, das Ziel der Wanderung. Von hier kann man noch einen letzten Blick über Tübingen werfen, ehe man wieder in die Altstadt mit ihren Fachwerkhäusern eintaucht. Nach etwas mehr als einer Stunde Fußmarsch über Tübingens Dächern ist die Altstadt sehr wahrscheinlich wieder ein erfreulicher Anblick.
Wer sich den Aufstieg durch das Burgholz, einer beeindruckenden Wohngegend, ersparen möchte, der kann vom Haagtor aus auch den Bus der Linie 9 nehmen. An Werktagen fährt dieser jede halbe Stunde hinauf zum Bismarckturm. Am 1. Mai verkehrt er dagegen nur stündlich. Durch die fünfminütige Busfahrt reduziert sich die Gesamtzeit des Ausflugs deutlich, mindert aber auch den „optischen“ Genuss. Bei zügigem Schritt dauert die Wanderung in etwa eine Stunde. Wer die Sache aber entspannter angeht, kann diese Zeit um ein Vielfaches verlängern. Natürlich lässt sich die Route auch umgekehrt begehen – Was gleichermaßen reizvoll ist. Auf dem Weg finden sich ebenfalls zwei Schilder des Ludwig-Uhland-Liederwegs.
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Fotos: Marko Knab