Sommertheater: Über die Neckarinsel direkt nach Verona

Das Landestheater Tübingen lud dieses Jahr zum Sommertheater auf der Neckarinsel ein. Im Programm: Shakespeares tragisches Liebesdrama Romeo und Julia aus dem Jahr 1597. Die Inszenierung nach der deutschen Übersetzung von Thomas Brasch, unter der Regie von Christoph Roos, entführt die Zuschauer in ein Verona voller Musik, Tragik und Action.

Idyllischer könnte der Aufführungsort nicht sein. Nach einem kurzen Spaziergang über die Neckarinsel, der den Zuschauern die Möglichkeit gibt den Trubel der Stadt hinter sich zu lassen, ist das große rote Herz über dem Eingang des Freilichttheaters zu erkennen. Vom Sitzplatz aus kann durch das dichte Blätterdach der Platanen rings um die Bühne ein Blick auf die Altstadt erhascht werden. Man befindet sich noch immer inmitten der Stadt und doch scheinbar in einer anderen Welt.

Das rote Herz weist den Zuschauern den Weg nach Verona.

Das Bühnenbild ist modern, es hebt sich durch robuste Metallrahmen und den geschickten Einsatz von Glas vom Grün der Bäume ab. Trommeln und diverse andere Instrumente aus Holz prägen die minimalistische Kulisse. Was will man auch mehr? Eine schönere Bühne als die Platanenallee gibt es wohl kaum.

Actionreich und dynamisch

Schon die ersten Minuten des Schauspiels machen deutlich, dass es sich hier um ein dynamisches, actionreiches Schauspiel handelt. Die beiden verfeindeten Familien fahren unter lautem Getrommel auf die Bühne ein. Die Capulets in blauer Montur rufen laut: „Habt ihr uns den Finger gezeigt?“, die Montagues in rot: „Vielleicht war da was mit dem Finger“. Es kommt sofort zur ersten handgreiflichen Auseinandersetzung und die Zuschauer werden Zeugen eines mitreißenden Zweikampfes zwischen Tybalt (Nicolai Gonther) und Benvolia (Lisa Lantin), der jäh von Lady Prinz (Susanne Weckerle) unterbrochen wird.

Die Capulets laden zum Ball

Schnell wird die Situation der beiden Familien erläutert und nachdem die Capulets sich zurückgezogen haben, taucht auch endlich Romeo (Rinaldo Steller) auf. Dieser wird von Benvolia aufgrund seiner unglücklichen Liebesbeziehung zu Rosalind aufgezogen.

Durch Zufall begegnen die beiden Montagues einem Diener der Capulets, der Schwierigkeiten hat beim Lesen der Gästeliste auf dem Maskenball seines Herren. Hilfsbereit unterstützen die beiden den verzweifelten Diener und verlesen die Namen der Gäste. Nachdem Rosalinds Name auch auf der Gästeliste steht (auch Boris Palmero gehört zu den Ehrengästen), beschließen die beiden kurzerhand, auch zu dem Ball zu gehen. Dieser wird anlässlich Julias Verlobung gegeben.

Die Zuschauer folgen gebannt dem Geschehen auf der Bühne.

Liebe auf den ersten Blick

Auf dem Ball kommt es zur ersten Begegnung zwischen Romeo und Julia (Mattea Cavic). Die beiden verlieben sich sofort ineinander und es kommt zum traumhaft inszenierten ersten Kuss. Eine Trommel im Hintergrund schlägt im Rhythmus eines Herzens, während sie sich tief in die Augen schauen. Ihre Lippen berühren sich, die Trommel verstummt, das Publikum hält den Atem an, die Welt steht still.

„Es ist dein Name nur: Der ist mein Feind.“ – „Nenn Liebster mich, und ich bin neu getauft.“

Das tragische Ende

Von da an geht alles Schlag auf Schlag. Es kommt zur überstürzten, heimlichen Heirat und zur finalen Auseinandersetzung zwischen Tybalt und Mercutio (Jürgen Herold), bei der Mercutio stirbt und anschließend von Romeo gerächt wird. Daraufhin wird Romeo von Lady Prinz aus Verona verbannt. Julia selbst will nur ihre kommende Hochzeit mit dem Grafen Paris (Patrick Slanzi) verhindern. Letztendlich kommt es zum tragische Missverständnis zwischen Julia und Romeo.

Mercutio stirbt in Benvolias Armen.

Fazit – absolut sehenswert

Die Inszenierung des Landestheaters Tübingen überzeugt durch actiongeladene Szenen, musikalische Untermalung und eine tolle Kulisse. Die sexuellen Anspielungen, die anschaulich dargestellt werden, sind überspitzt, wirken aber nicht übertrieben. Das ganze Stück schafft die perfekte Balance zwischen Witz, Dynamik und Tragik.

Auch dass Benvolio, nachdem Jens Lamprecht aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen ist, kurzerhand zu Benvolia wurde, stört keineswegs. Im Gegenteil, das Ensemble des LTT zeigt damit, wie flexibel und professionell sie sind und dass das Geschlecht nebensächlich ist und Raum für Interpretationen lässt.

Die drei letzten Aufführungen am Donnerstag (01.08.), Freitag (02.08.) und Samstag (03.08.) sind leider bis auf den letzten Platz ausverkauft.

 

Fotos: Heike Beirle

Titelbild: Martin Sigmund

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