Es war einmal vor langer Zeit… So beginnt jedes Märchen – könnte man denken. Die Studenten Carolin Steinert, Jaqueline Materok und Jan Eckert des Masterstudiengangs Literatur- und Kulturtheorien haben am letzten Mittwoch das Gegenteil bewiesen. Sie haben anlässlich des Welttages des Buches eine Märchenvorlesung für Kinder organisiert.
In der Stadtbücherei konnte man den unterschiedlichsten Märchen aus Afrika, Indien, Deutschland und der Karibik lauschen. Getreu dem Motto des Welttages des Buches: „Ich schenk dir eine Geschichte“, wurde an fünf Stationen vorgelesen, erzählt, gesungen und getanzt. Die Märchenerzähler waren Studenten, aber auch professionelle Schauspieler und Musiker.
Erzählen, Singen, Tanzen
Hans-Jörg Ostermeyer sang und tanzte zu Beginn mit seinen Zuhörern, um sie auf sein afrikanisches Märchen einzustimmen. Mit seiner schauspielerischen Darstellung der Tiere der Savanne zog der professionelle Märchenerzähler die Aufmerksamkeit der Kinder auf sich. Er band die jungen Besucher aktiv mit ein und stellte ihnen kleine Rätsel. Auch die Studentin Vanessa-Cher Zimmerer hatte bereits Erfahrung im schauspielerischen Bereich. „Das half mir, nicht nervös zu sein, sondern Spaß am Erzählen zu haben. Hier ist die Atmosphäre sehr familiär, nicht wie in einem dunklen Theatersaal“. Vanessa-Cher hatte ihre Märchenecke mit Bildern und Kissen gemütlich eingerichtet und erzählte zu indischer Musik ihr Märchen vom Priester und den dankbaren Tieren. Die Auswahl der Märchen war den Erzählern selbst überlassen. Vanessa entschied sich für ein indisches Märchen: „Ich wollte kein Märchen erzählen, das die Kinder schon kennen. Ich wollte etwas Untypisches, Neues“.
Vielfalt und Lebendigkeit des Märchens
Diese Idee hatten auch die Organisatoren Jaqueline, Jan und Carolin im Sinn. „Wir wollten die Vielfalt und Lebendigkeit des Märchens aufzeigen“. Aus diesem Grund haben sie sich auch für Vorleser mit unterschiedlichen Hintergründen und verschieden Vortragsstilen entschieden. „Es ist wirklich alles dabei: professionelle Schauspieler, aber auch Leute ohne Erfahrung. Es wird vorgelesen und frei vorgetragen, die Märchen werden gesungen oder mit Musik begleitet“.
Der Improvisationsspieler Stefan Töpelmann hatte seine Gitarre mitgebracht. Er erzählte niemals dasselbe Märchen. Jedes Mal improvisierte er aufs Neue und reagierte auf die Zurufe seines Publikums. Auch ungeplante Zwischenfälle fanden spontan ihren Platz in seinem Märchen. Als ein Besucher der Bibliothek sich von der Musik gestört fühlte, baute Töpelmann dessen Beschwerde augenzwinkernd in seine Geschichte ein.
Am Ende jedes Märchens bekamen die Kinder einen Sticker für ihre „Märchenkarte“, die wiederrum am Schluss gegen ein „Märchendiplom“ eingetauscht werden konnte, das die Kinder mit nach Hause nahmen.
Märchenseminar als Anstoß
Entstanden ist die Idee für diese Veranstaltung in einem Uniseminar zum Thema Märchen. Im Rahmen ihres Projektstudiums kümmerten sich Jan, Jaqueline und Carolin um die Umsetzung. Sie sind glücklich, dass sie die Stadtbücherei für eine Kooperation gewinnen konnten. „Die Bücherei hat uns freie Hand gelassen und wir konnten die Veranstaltung nach unseren Vorstellungen gestalten.“ Die Vorleser hatten entscheidenden Anteil am Gelingen des Projekts. „Wir sind sehr froh, dass sich so viele tolle Leute bereiterklärt haben, uns unentgeltlich zu unterstützen“, freuen sich die Organisatoren. Die Planung lief überraschend reibungslos, trotzdem hatten sie natürlich Bedenken: „Wir dachten, dass wenige Kinder kommen würden, weil momentan Osterferien sind.“ Doch diese Befürchtungen waren umsonst, es sind viele Kinder extra für die Märchenrallye in die Stadtbücherei gekommen. Jan, Carolin und Jaqueline sind mit dem Ablauf des Nachmittags zufrieden. „ Am Ende sieht man, dass sich die Mühe gelohnt hat und das ist großartig“.