Für alle, die sich für die Tübinger Vergangenheit interessieren oder beim Verwandtenbesuch glänzen wollen, stellen wir eine Reihe der einflussreichsten Tübinger Denker kurz vor. Wo haben sie gewohnt, wo gewirkt? Zum Auftakt: Die „Tübinger drei“ im Evangelischen Stift.
Als Philosoph und Literaturwissenschaftler wäre man wohl gerne Mäusschen im Evangelischen Stift Tübingen des 18. Jahrhunderts gewesen: Hegel, Schelling und Hölderlin zeitweise in einem Zimmer – und das zur Zeit der Französischen Revolution! Auch heute dürfen im Stift noch Studierende der evangelischen Theologie wohnen. Doch der Reihe nach:
Zuerst der wohl Bekannteste und einflussreichste der „Tübinger Drei“: Der Idealist Georg Friedrich Wilhelm Hegel (1770-1831). Es wäre anmaßend Hegels Einfluss, vor allem auf die Geisteswissenschaften, darstellen zu wollen. Seine Philosophie, in deren Zentrum die gesamte Wirklichkeit steht, beeinflusste Philosophen wie Feuerbach, Marx oder auch Sartre. Auch heute gibt es wohl kaum einen Philosophen, der nicht hin und wieder mal in Hegels Fußstapfen wandert.
Eine Beschreibung oder gar eine Einführung in Hegels Philosophie würde diesen Artikel sprengen. Kurz gesagt: Die Essenz des Hegel’schen Gesamtwerks nach dem Verfasser der Känguru Chroniken Marc Uwe-Kling ist: „Denken ist wichtig.“ Damit belassen wir es mal.
Zum anderen Philosophen in der Studentenbude mit dem nicht weniger umständlichen Namen Friedrich Wilhelm Josef Schelling (1775–1854) hat der Autor dieses Artikels leider kein derart prägnantes Zitat gefunden.
Es sei lediglich so viel gesagt: Schelling war wie Hegel Idealist. Seine Naturphilosophie prägte die damalige Naturwissenschaft und seine Philosophie des Unbewussten hatte Einfluss auf die Entwicklung der Psychoanalyse. Außerdem gilt er als Bindeglied zwischen der kantischen und der hegelschen sowie der idealistischen und nachidealistischen Philosophie.
Friedrich Hölderlin (1770-1843) ist einigen wahrscheinlich hauptsächlich als Opfer des bierinduzierten Harndrangs im Alten Botanischen Garten bekannt (Der Typ auf dem Sockel ist Hölderlin). Neben diesem Schicksal ist er einer der wichtigsten deutschen Dichter. Sein Werk lässt sich unter den damaligen Strömungen weder richtig unter der Weimarer Klassik noch unter der Romantik einordnen.
Bevor er nach seinem Aufenthalt im Hölderlinturm seine letzte Ruhe auf dem Stadtfriedhof fand, wurde er im Jahr 1806 wegen Wahnsinns in das Universitätsklinikum gebracht. Dort wurde er aber wenig später als unheilbar abgestempelt entlassen.
Zum Abschluss soll Hölderlin noch zu Wort kommen: „Aber schön ist der Ort, wenn in Feiertagen des Frühlings / Aufgegangen das Tal, wenn mit dem Neckar herab / Weiden grünend und Wald und all die grünenden Bäume / Zahllos, blühend weiß, wallen in wiegender Luft / Aber mit Wölkchen bedeckt an Bergen herunter der Weinstock / Dämmert und wächst und erwarmt unter dem sonnigen Duft“ (http://gutenberg.spiegel.de/buch/friedrich-h-262/146).
Welcher Tübinger erkennt seine Umgebung darin nicht wieder?