Getting Wyrd im Brechtbau

„It’s a long time since I heard a theater play properly“, ruft Granny Weatherwax aus und das Publikum stimmt ihr zu. Mit der Premiere von Wyrd Sisters wird einigen von Terry Pratchetts beliebtesten Charakteren auf der Bühne das Leben eingehaucht. Die liebevolle Adaption von Stephen Briggs Theaterstück, basierend auf Terry Pratchetts gleichnamigen Scheibenweltroman, war ein voller Erfolg. Trotz des Luftschutzbunkerambientes des Brechtbau-Theaters gelang es den Schauspielern der Provisional Players, die Atmosphäre des Romans authentisch einzufangen.

Mit über vierzig Büchern hat Terry Pratchett eine ganze Galaxie aus fantastischen Geschichten erschaffen. Aber auch wer nicht weiß, was ein Troll-Striptease, intelligentes Birnbaumholz oder der o Gott des Katzenjammers ist, kommt auf seine Kosten. Wyrd Sisters gehört zu den bodenständigeren von Pratchetts Romanen und ist eher als Parodie auf Shakespeares MacBeth zu betrachten. Man braucht also keinen Abschluss in der politischen Geschichte der Scheibenwelt, um der Handlung folgen zu können.

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Bei der Probe werden letzte Anweisungen besprochen, damit das Stück ein Erlebnis für den Zuschauer werden kann.

Drei Hexen, Macbeth und Käsehobel

Das Stück spielt inmitten des winzigen Königreichs Lancre in den Spitzhornbergen, das von König Verence regiert wird. Die Einwohner weisen gerne darauf hin, dass es dort viel flaches Land gebe, das aber meist vertikal verlaufe. Daneben regne es die meiste Zeit, es sei denn, es schneie gerade. Der perfekte Ort für drei Hexen, um ihrem Tagesgeschäft nachzugehen. Dabei handelt es sich um  die bärbeißige  Esmeralda „Granny“ Weatherwax (Diane Schreitmüller), die zotige Gythe „Nanny“ Ogg (Sarah Taylor) und Magrat Garlick (Vera Makarenko), das Küken des Ordens.

Alles scheint seinen rechten Gang zu gehen, bis König Verence (Luis de la Garza), ganz nach MacBeth, von seinem Cousin Leonal Felmet und dessen Frau (Philip Hahn und Lily Merker) ermordet wird, da sie selbst über das Königreich herrschen wollen. Nur dem wenige Monate alten Prinzen Tomjon (Martin Schiebel) gelingt es durch die Hilfe der drei Hexen zu entkommen und er wird als Sohn fahrender Schauspieler außer Landes geschafft.

Damit wäre die Sache für Granny Weatherwax erledigt, hätte der neue Regent nicht durch die Hilfe eines hoffnungslos naiven Hofnarrs (Silvio Martin) damit begonnen, das Land und seine Bewohner auszubeuten. Als schließlich die Natur selbst ihr Missfallen durch Erdbeben und spontan auftretende Tierversammlungen kundtut, wissen die Hexen, dass sie eingreifen müssen. Im Kampf zwischen ihnen und der Regierung wird der Fluss der Zeit verändert, gemeine Witze erzählt und Hände mit Käsehobeln bearbeitet.

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Der Fokus lag eindeutig auf Terry Pratchetts Figuren, die in teils aufwendiger Kostümierung überzeugend dargestellt wurden.

Auf den Spuren Pratchetts

„Erinnert ihr euch noch an damals. Wir hatten keine aufwendigen Maschinen, aber eine Menge Leidenschaft“, erinnert sich Zwerg und Bühnendramatiker Hwel an die frühen Tage seiner wandernden Theatergruppe. Das schienen sich auch die Provisional Players zu Herzen genommen zu haben. Mit einem minimalistischen Bühnenbild, das selten aus mehr als aus einem gewaltigen Kupferkessel besteht, machten die Schauspieler durch Hingabe zur Rolle den Mangel an Requisiten wett. Auf der beschränkten Brechtbau-Bühne gelang es Direktorin Lena Förster, die Stadt Lancre, das Jenseits und einen großmäuligen Chor aus drei verdrehten Zauberern unterzubringen.

„Wir sind ursprünglich auf das Stück gekommen, weil wir im Mai Shakespeares MacBeth aufgeführt. Jemand hat dann gemeint, dass Pratchett doch auch sowas ähnliches geschrieben hätte.“

Bereits seit 1987 führen die Provisional Players in immer wechselnder Besetzung englische Theaterstücke auf. Ihr neuestes hat durch Terry Pratchetts Tod vor wenigen Monaten aber ein besonderes Gewicht. Mit 66 Jahren starb dieser an den Folgen seiner Alzheimererkrankung. Bei vielen der Zuschauer handelte es sich deshalb um eingefleischte Scheibenweltfans.

„Ich lese die Bücher und die Charaktere sind genau so, wie ich sie mir vorgestellt habe“, meinte Sebastian Grashorn begeistert.

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Auch die Darsteller und Darstellerinnen selbst hatten Spaß an der Umsetzung des Pratchett-Romans.

„I AM DEATH, NOT TAXES. I TURN UP ONLY ONCE.“

Um Pratchetts Gesamtwerk gebührend wertzuschätzen, wurden deshalb auch einige Charaktere hinzugedichtet, die im Buch ansonsten nicht vorgekommen wären. So bekam unter anderem Pratchetts Lieblingscharakter, der Tod, die Möglichkeit für einen kurzen Stepptanz auf der Bühne.

Doch auch wenn sich die Produktion der Provisional Players häufig an die Ratschläge ihrer eigenen Charaktere gehalten haben, gibt es einen, den sie nicht befolgt haben: „If it is to be done, it better be done quickly.“ Wer sich also das Stück ansehen will kann sich auf einen Abend voller Lachen freuen, muss aber auch Sitzfleisch für drei Stunden und ein gutes Ohr für die englische Sprache mitbringen. Noch bis zum 11. Dezember kann man im Brechtbau-Theater den echten englischen Pratchett-Humor genießen.

Fotos: http://www.andrejstern.com/
Anmerkung: Die Fotos stammen von einer der Proben.

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