kupferblau-Sommerbuchtipp

Titel: It’s kind of a funny story
Autor: Ned Vizzini
Verlag:           Hyperion
Genre:            Coming of Age
Zielgruppe:  „…smart but not enough – just smart enough to have problems.”
Umfang: 444 Seiten
Stimmung:  depressiv, sarkastisch, gegen Ende ist mit zunehmender Heiterkeit zu rechnen.
Gefällt, weil…
… Depressionen selten so viel Spaß gemacht haben.

Craig Gilner will eigentlich Präsident werden. Stattdessen hängt er die meiste Zeit mit seinem besten Freund Aaron grasrauchend vor der Glotze. Was sich nach unbeschwerter Jugend anhört, ist für Craig nur Verdrängung. Aus der Weltanschauung des 15-Jährigen spricht der American Dream: Durch harte Arbeit zum Erfolg. Gerade hat er nach obsessiver Vorbereitung den Aufnahmetest für eine der besten High Schools Manhattans bestanden, der erste Schritt auf dem Weg nach oben. Dann auf ein gutes College, zum Beispiel Harvard, dann Law School, dann irgendwann weißes Haus oder zumindest sehr viel Geld.

Doch an der neuen Elite-Schule angekommen, findet er sich mit seinen Noten nur im unteren Durchschnitt und kann seinem selbst auferlegten Erfolgsdruck nicht gerecht werden. Andere sind im Buchclub oder im Filmclub oder bei der Schülerzeitung, das sieht alles gut aus im Lebenslauf. Craig macht Tae-Bo, erst schlecht und dann gar nicht mehr. All seine Ziele und Ambitionen bündeln sich zu einem gewaltigen Clusterfuck und lassen ihn kotzend über der Kloschüssel zurück. Er kommt kaum aus dem Bett, kann kaum essen, ist kurz gesagt depressiv. Als er schon beschlossen hat, sich umzubringen, ruft er vorher doch nochmal die Selbstmord-Hotline an und weist sich daraufhin mehr aus Versehen in die geschlossene Psychiatrie ein.

Aus dem scheinbar hoffnungslos tristen Stoff hat der Autor Ned Vizzini ein Buch geschaffen, das als literarisches Antidepressivum durchgeht. Craigs sechs Tage währender Psychiatrie-Aufenthalt konfrontiert ihn mit zahlreichen skurrilen Figuren und natürlich einem Love-Interest und entwickelt sich zu einer eher untypischen Coming-of-Age-Geschichte. Zugegeben, der Plot bleibt simpel, aber „It’s kind of a funny story“ ist ja auch kein Schwedenkrimi, sondern eben eine funny story, die ihrem Namen gerecht wird. Das liegt vor allem an Vizzinis herrlich sarkastischem Schreibstil, der Craig immer wieder spitze Kommentare in den Mund legt. Etwa wenn seine Therapeutin ihn überzeugen will, kleine Rückschritte gehörten dazu „…to justify that time you, say, drank paint thinner and tried to throw yourself off a roof. That was just taking a step back.“

Bei der präzisen Beschreibung des Verlaufs von Craigs Depression griff Vizzini sicherlich auf seine eigenen Erfahrungen mit der Krankheit zurück. Im Alter von 23 Jahren verbrachte er fünf Tage in einer psychiatrischen Klinik. Innerhalb eines Monats schrieb er danach dieses Buch. „A book about depression that’s not the least bit depressing“ urteilte die Teen Vogue damals. Ned Vizzinis Biographie liest sich leider tragischer als seine Fiktion. 2013, mit 32 Jahren beging er Selbstmord. Trotzdem soll das nichts an der Aussagekraft von „It’s kind of a funny story“ ändern. Im Vorwort, der nach seinem Tod veröffentlichten Neuauflage, würdigt die Autorin Rachel Cohn den fortbestehend unschätzbaren Wert des Buchs: „Ned didn’t make it. But with It’s kind of a funny story, he threw an invaluable lifeline to the people who will.”

Foto: Vivian Jochens

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